Julia Gold Band 0045
und zuletzt auch Sharif al Kader ihr gegenüber nicht besonders gespart hatten. Sie wollte nicht zuschauen, wie Youssef litt, während der Scheich ihm höflich verpackte Bosheiten an den Kopf warf.
„Wie Sie wünschen, Exzellenz“, erwiderte Youssef resigniert.
„Ich höre, Königliche Hoheit.“
„Mein Vater hat mehrere Töchter. Prinzessin Fatima ist jetzt auch im heiratsfähigen Alter“, begann Youssef.
Fatima ist doch erst sechzehn und dem Scheich in keiner Weise gewachsen, überlegte Leah entsetzt. Der Gedanke, dass Sharif Fatima zur Frau nehmen und sie lieben würde, gefiel ihr gar nicht. Sie war empört über diesen Vorschlag.
Auf einmal schauderte ihr, denn Sharif drückte ihr liebevoll die Hand. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie angespannt sie dasaß. Und sogleich atmete sie tief ein und aus und versuchte, sich durch Youssefs Angebot nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Er zählte Fatimas Vorzüge auf, beschrieb sie in den höchsten Tönen und vermittelte das Bild einer jungen Frau, die die perfekte Ehefrau für den Scheich von Zubani sein würde.
„Es liegt in beiderseitigem Interesse, diese heikle Angelegenheit in harmonischer Übereinstimmung aus der Welt zu schaffen.“ Mit dieser politisch angemessenen Bemerkung beendete Youssef seine Lobrede.
Warum beunruhigt es mich überhaupt, ob Sharif die Prinzessin heiratet oder nicht? überlegte Leah, wütend auf sich selbst. Fatima würde ihr Schicksal gelassen akzeptieren, denn sie war eine ausgesprochen sanfte junge Frau. Soll er doch dieser Ehe zustimmen, dann wird er mich freilassen müssen, sagte Leah sich schließlich.
„Das reicht nicht“, erwiderte der Scheich ungerührt.
Youssef versteifte sich. „Wir bieten Ihnen noch die Grenzstadt Reza an, die bereits seit hundert Jahren zwischen unseren beiden Ländern umstritten ist und die Sie derzeit kontrollieren. Wir verzichten endgültig auf alle Ansprüche bezüglich dieser Stadt.“
„Noch mehr“, sagte Sharif ungerührt.
„Wir zahlen Ihnen hundert Millionen Dollar als Wiedergutmachung.“
„Das reicht immer noch nicht.“
„Leider bin ich nicht ermächtigt, Ihnen ein höheres Angebot zu unterbreiten.“
Sekundenlang herrschte eisiges Schweigen.
„Exzellenz …“ Youssef atmete tief ein, „wenn Sie Sicherheiten benötigen …“
In diesem Augenblick wurde die Tür hinter ihm geöffnet. Und die Frau, die hereinkam und diese wichtige Unterredung zu stören wagte, zog sogleich die Blicke aller auf sich. Sie trug ein wunderschönes violetttürkisfarbenes Seidengewand, und um den Kopf hatte sie einen Turban aus demselben farbenprächtigen Material geschlungen. Sie schritt mit hoheitsvoller Würde durch den Saal, und der graziöse, beinahe schwebende Gang unterstrich die faszinierende Schönheit. Es war Tayi.
8. KAPITEL
Obwohl Tayi sichtlich verwirrt war, Leah neben dem Scheich sitzen zu sehen, hatte sie sich rasch wieder unter Kontrolle. Mit den großen samtbraunen Augen blickte sie Sharif al Kader durchdringend an, während sie auf ihn zuging.
Leah verstand nicht ganz, wieso ein Kindermädchen es wagen konnte, eine wichtige Sitzung zu unterbrechen. Doch der Scheich zeigte keinerlei Reaktion, Tayis unvermutetes Auftreten schien ihn nicht im Geringsten zu stören.
Youssef handelte als Erster. Er stand auf und blickte die junge Frau wie gebannt an. Tayi blieb kurz stehen. Und während sie ihm in das edle Gesicht blickte, wirkte ihre Miene plötzlich ein wenig besorgt. In diesem Augenblick zeigte sich, wie ähnlich Youssef seinem Vater war, denn er versteifte sich und sah unglaublich stolz und unnahbar aus.
Rasch richtete Tayi den Blick wieder auf den Scheich und ging so unbeirrt weiter, als wäre nichts geschehen.
„Was ist los, Tayi?“, fragte Sharif, als sie vor ihm stand. „Wir befinden uns mitten in einer wichtigen Besprechung.“
„Jasmin ist krank und möchte ihren Vater sehen.“
„Ich komme sofort.“
Seine Reaktion überraschte Leah. Ein bisschen ironisch überlegte sie, ob er wirklich so sehr um seine Tochter besorgt war oder ob es eine willkommene Gelegenheit war, die Unterredung mit Youssef zu beenden.
Tayi rechnete offenbar damit, dass er alsbald zu seiner Tochter ging. Sie drehte sich um und schaute durch Youssef hindurch, als wäre er gar nicht anwesend. Dann verließ sie den Raum genauso hoheitsvoll, wie sie gekommen war.
Sharif erhob sich, und Leah musste wohl oder übel ebenfalls aufstehen, denn er hielt sie am Arm fest.
„Wer ist diese
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