Julia Gold Band 0045
immerhin möglich, dass er sie nun zum letzten Mal sehen würde. „Wenn mein Bruder und Prinzessin Samira nach dem geltenden Gesetz verurteilt werden sollen, dann ist Youssef mitgekommen.“
„Für morgen früh ist eine Sitzung anberaumt. Glauben Sie, Prinz Youssef wird daran teilnehmen?“
Leah war dankbar für diese Information. „Ja, und wir auch.“
„Das ist verboten. Nur Männer sind dabei zugelassen.“
Leah schaute Tayi eindringlich an. „Wir müssen dabei sein. Es ist Ihre einzige Chance, Ihr Ziel zu erreichen. Der Scheich muss unbedingt erfahren, wie ernst es Ihnen mit dem Wunsch ist, Youssef zu heiraten.“
Vielleicht war es auch die einzige Möglichkeit, die sich Leah bot, das Urteil zu beeinflussen, das man über Glen und Samira fällen würde.
„Das wird dem Scheich nicht gefallen“, gab Tayi zu bedenken.
„Helfen wir doch den Wüstenwinden, die die Veränderungen durchs Land wehen, ein bisschen nach, Tayi. Sie haben gesagt, dass Sie daran teilhaben wollen. Wenn Sie Prinz Youssef von Qatamah heiraten wollen, ist die Zeit für Veränderungen jetzt gekommen.“
In Tayis Augen leuchtete es auf. „Ja, ich werde den Wechsel mittragen, ganz bestimmt“, versprach sie und hob den Kopf noch ein bisschen höher. „Ich danke Ihnen für den Rat. Morgen werde ich einen Sturm entfesseln.“
Und dann sieh zu, wie du damit fertig wirst, Sharif al Kader, dachte Leah überaus zufrieden, während Tayi, ganz Herrscherin und große Dame, die Suite verließ.
14. KAPITEL
Während der Nacht fand Leah keine Ruhe, denn ihre Gedanken wirbelten durcheinander, was sie in ihrem Entschluss bestärkte, an der Sitzung am nächsten Morgen teilzunehmen. Sharif al Kader würde einsehen müssen, dass er sie weder ignorieren noch übergehen konnte.
Und dann empfand sie ein eigenartiges Vergnügen daran, sich an dem Tag, an dem so wichtige Entscheidungen getroffen werden sollten, ganz in Weiß zu kleiden. Sie befestigte das kleine Messer an der Innenseite ihres linken Arms und war sorgfältig darauf bedacht, dass es unter den langen Ärmeln des Gewands nicht zu erkennen war. Man servierte ihr das Frühstück wie immer im Salon. Leah versuchte, etwas zu essen, um ihren Magen zu beruhigen.
Sie biss gerade in ein Croissant, als plötzlich Sharif auftauchte. Er blieb an der Tür stehen und warf Leah einen Unheil verkündenden Blick zu. „Ich hoffe, deine Laune hat sich wieder gebessert.“
„Nein, überhaupt nicht“, erwiderte sie verächtlich.
Er sah müde und mitgenommen aus, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen. Nun musterte er Leah finster und mit wachsendem Missfallen. „Was genau willst du von mir?“ Und als sie antworten wollte, fügte er schroff hinzu: „Außer dass ich Prinzessin Samira und deinen Bruder auf freien Fuß setze.“
Leah schaute ihn genauso missmutig an. „Ich will frei sein und heute an der Sitzung teilnehmen und …“
„Das ist Frauen nicht gestattet“, unterbrach er sie.
„Das ist mir völlig egal. Du bist der Scheich und erlässt die Gesetze. Du kannst sie also auch ohne Weiteres ändern.“ Einer Eingebung folgend, fuhr sie seidenweich und spöttisch fort: „Das würde meiner Meinung nach ausgesprochen gut zu dir passen.“
Er runzelte die Stirn. „Wenn ich dich zu der Sitzung mitnehme, wäre das eine Beleidigung für König Rashid und Prinz Youssef.“
Leah ignorierte diese Ausrede und schaute ihn nur entschlossen an.
Langsam veränderte sich Sharifs Miene. Er schien zu einem Entschluss gekommen zu sein. Und wieder einmal spürte Leah seine unglaublich charismatische Ausstrahlung.
„Gut, ich werde deinem Wunsch entsprechen. Du kannst an der Sitzung teilnehmen. Ich werde dich rechtzeitig holen lassen.“
Dann verschwand er und ließ Leah ihren Triumph allein auskosten. Sie konnte kaum glauben, dass er sich tatsächlich ihrem Willen gebeugt hatte. Was mochte das bedeuten?
Zumindest hatte sie ihr Ziel erreicht und würde bei der Sitzung anwesend sein. Jetzt konnte sie ruhig abwarten, was Sharif vorhatte. Wenn sie mit seinem Urteil nicht einverstanden war, wollte sie einschreiten und den Umständen entsprechend reagieren.
Dann rief Leah eine der Dienerinnen und schickte sie mit einer Nachricht zu Tayi. Leah wollte ihre Verbündete über die Neuigkeit informieren und Tayi in dem Entschluss bestärken, die Teilnahme an der Sitzung zu erzwingen. Leah empfand keine Skrupel dabei, Tayi zu ermutigen, gegen die Anordnungen des Scheichs aufzubegehren und ihre Wünsche
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