Julia Gold Band 0045
durchzusetzen.
Danach musste sie noch zwei Stunden warten, bis man sie endlich holte. Sie konnte gut nachempfinden, was in Glen und Samira vorging, die nicht wussten, welches Schicksal ihnen beschieden war, und wahrscheinlich das Schlimmste befürchteten.
Als man sie in den Konferenzsaal brachte, sah sie sich einer Szene gegenüber, die das genaue Abbild dessen zu sein schien, was sie vor einem Monat in Qatamah erlebt hatte. Zu beiden Seiten des Raums saßen Männer, deren Gemurmel sogleich verstummte, als zwei bewaffnete Wächter Leah hereinführten. Am entgegengesetzten Ende des Saals erblickte sie den Scheich von Zubani und König Rashid von Qatamah Seite an Seite in kunstvoll verzierten Sesseln mit hohen Lehnen sitzen, die ihren besonderen Status hervorhoben. Links von König Rashid saß Prinz Youssef. Und rechts neben dem Scheich stand ein leerer Sessel.
Im Saal herrschte angespanntes Schweigen, während Leah nun zwischen den Spalier stehenden Männern hindurchschritt. Die abweisenden Mienen des Scheichs und des Königs verrieten, dass die bisherigen Verhandlungen noch zu keinem Ergebnis geführt hatten. Es herrschte eine ausgesprochen frostige Atmosphäre, die auf Unstimmigkeiten zwischen den Verhandlungspartnern schließen ließ. Kein gutes Omen für Glens und Samiras Schicksal, dachte Leah bedrückt.
Mit hoch erhobenem Kopf ging sie weiter, denn sie war nicht bereit, dem Scheich oder dem König in irgendeiner Weise Macht über sich zuzugestehen. Und dann verzichtete sie auch darauf, sich vor ihnen zu verneigen. Sie begegnete Sharifs Blick, und sekundenlang schien die Atmosphäre zwischen ihnen vor Spannung zu knistern. Schließlich nickte er kurz, und man geleitete Leah zu dem Sessel rechts neben ihm.
Sie setzte sich und faltete die Hände im Schoß. Sie gab sich gelassen, doch das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Irgendwann bemerkte sie, wie ausdruckslos Youssef sie anschaute. Seine Miene war verschlossen, zeigte keinerlei Gefühlsregung.
Die Sache wird nicht gut enden, fuhr es Leah durch den Kopf. Und sogleich verspürte sie Panik. Wenn König Rashid Sharif nicht die Zugeständnisse gemacht hatte, die er erwartete, würde Sharif Glen und Samira gnadenlos verurteilen. Leah drehte sich zum König um, der mit starrem Blick die Tür im Auge behielt. Offenbar war er entschlossen, sich von dem Anblick seiner Tochter nicht beeindrucken zu lassen, denn er hatte die Prinzessin für tot erklärt, und das würde sie für ihren Vater auch bleiben. Schließlich wurde die Tür geöffnet. Leah atmete tief ein und aus.
Aber nicht Glen und Samira kamen herein, sondern Tayi. Sie sah wunderschön aus in dem glänzenden Seidengewand in Scharlachrot und Gold. Um den Kopf hatte sie einen Turban aus demselben Material geschlungen, und in der Hand hielt sie, für jedermann sichtbar, das kleine Messer.
Sogleich gerieten die Männer, die zu beiden Seiten des Saals saßen, in Bewegung. Sie flüsterten besorgt miteinander. Tayi warf ihnen einen gebieterischen Blick zu und hinderte sie auf unnachahmlich hoheitsvolle Weise daran, sich ihr entgegenzustellen. Mit einer Handbewegung stellte Sharif die Ruhe im Raum wieder her. Tayi nickte Leah kurz zu und schaute dann Prinz Youssef an. Dabei lag in ihren dunklen, braunen ausdrucksvollen Augen tiefe Liebe.
„Wer ist diese Frau?“, fragte König Rashid.
„Meine Cousine, Tayi al Kader“, erwiderte der Scheich und betonte nachdrücklich ihren besonderen Rang.
Auf einmal sprang Youssef auf, als spürte er die magische Kraft der Gefühle, die Tayi für ihn empfand.
Vielleicht war das das Signal, auf das Tayi gewartet hatte, denn nun ging sie so graziös und würdevoll durch den Saal, dass auch der König von ihrem Auftreten gefesselt war. In respektvoller Entfernung vor dem Scheich und dem König blieb sie stehen und richtete den Blick fest auf ihren Cousin.
„Ich bin gekommen, um mein Herz sprechen zu lassen“, erklärte sie würdevoll.
„Musst du deshalb ein Messer in der Hand halten, Tayi?“, erkundigte der Scheich sich genauso hoheitsvoll.
„Damit will ich nur unterstreichen, wie ernst es mir ist.“
Sharif warf Leah, die der Unterhaltung interessiert zuhörte, einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann wandte er sich wieder an Tayi und sagte streng: „Das gehört sich nicht vor unseren Gästen.“
Tayi ließ sich jedoch nicht einschüchtern und verfolgte ihr Ziel unbeeindruckt weiter. „Du wirst mir jetzt zuhören“, verlangte sie.
Der Scheich entschloss sich, ihr in
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