Julia Gold Band 0045
etwas klären. Meine Lebensphilosophie lautet, dass Besitz und Reichtum nicht zu verachten sind, aber ich verehre sie nicht, sondern betrachte sie als nützlich.“
Er zögerte kurz und fügte dann kühl und etwas hinterhältig lächelnd hinzu: „Außerdem kann ich mir damit Freude und Vergnügen verschaffen, wann immer ich will.“ Es klang wie eine Warnung.
Der Scheich schien Amber mit den Blicken zu durchdringen, und sie erbebte insgeheim. Als er die Hand hob, glaubte sie, er wolle sie berühren, und wäre am liebsten zurückgewichen. In letzter Sekunde beherrschte sie sich. Natürlich berührte er sie nicht, sondern schob sich nur die weiße kaffiyeh aus dem Gesicht, sodass sein gelocktes schwarzes Haar zu sehen war.
Dann drehte er sich um.
„Kommen Sie mit“, forderte er sie auf und ging mit langen Schritten voraus über den Innenhof, vorbei an dem Brunnen, der halb im Schatten lag, durch einen hohen, gewölbten Torbogen schwach beleuchtete, ziemlich enge Flure entlang, bis sie in einer Halle mit vielen Treppen ankamen, die in verschiedene Richtungen führten. Er dirigierte Amber in einen schattigen Raum, in dem es nach Sandelholz roch und in dem niedrige Diwane an den mit dunkelroter Seide behangenen Wänden standen.
„Setzen Sie sich“, sagte er mit einer vagen Handbewegung und wartete, bis Amber seiner Aufforderung gefolgt war. Dann nahm er ihr gegenüber Platz. Er bewegt sich so geschmeidig wie eine Raubkatze, schoss es ihr durch den Kopf.
Vor den bunten bestickten Kissen, mit denen die Diwane geschmückt waren, bot der Scheich in dem weißen Gewand und mit seinem schwarzen Haar und den dunklen Augen einen exotischen Anblick. Amber betrachtete ihn, und plötzlich fielen ihr viele Fragen ein. Warum hatte er sie in diesen entlegenen Raum gebracht? Was hatte er vor? Warum hatte er sie überhaupt eingeladen?
Zum ersten Mal, seit sie seine Einladung erhalten hatte, war sie leicht besorgt.
„Sie möchten sicher einen Tee, oder?“ Er schaute sie aufmerksam an.
„Oh, machen Sie sich keine Mühe.“ Sie wusste, wie unhöflich es klang, aber sie war beunruhigt, irgendetwas stimmte hier nicht. Deshalb wollte sie sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufhalten, sondern zum Thema kommen und erfahren, weshalb er sie hatte sehen wollen. Während sie noch überlegte, wie sie ihre Fragen am besten formulieren sollte, ohne den Scheich zu verletzen, spürte sie, dass jemand den Raum betrat.
Sie drehte sich um und erblickte zwei Männer in blauen Gewändern und mit Turbanen auf den Köpfen. Offenbar waren es Palastangestellte, denn jeder der beiden trug ein großes Tablett herein. Sie stellten das Teeservice aus feinstem Porzellan und zahlreiche Silberschalen mit Kleingebäck und Kuchen, Datteln, Nüssen, Mandeln, Pralinen und Honiggebäck auf die niedrigen Messingtische vor Amber und den Scheich.
Sie war entsetzt über den Aufwand und hatte das Gefühl, eine Mauer würde sich um sie schließen. Sie würde sich bestimmt nicht so schnell wieder verabschieden können, wie sie gehofft hatte, wenn man von ihr erwartete, dass sie die Köstlichkeiten probierte.
Der Scheich schaute sie unverwandt an, und ihr wurde bewusst, dass sie wahrscheinlich gar keine andere Wahl hatte, als mitzuspielen.
Sie erwiderte seinen Blick, und ihr schauderte.
„Das sieht verlockend aus“, sagte sie und hatte Mühe, unbekümmert zu klingen. „Aber es wäre doch gar nicht nötig gewesen. Ich habe eben erst gefrühstückt.“
Sie lächelte ihn wie um Entschuldigung bittend an. „Außerdem sind Sie bestimmt viel zu beschäftigt und haben wichtigere Dinge zu tun, als hier mit mir Tee zu trinken. Ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn wir gleich zur Sache kämen und Sie mir sagen würden, weshalb Sie mich sprechen wollten. Dann könnte ich mich auch rasch wieder verabschieden.“
Amber bekam Herzklopfen, während sie sprach, und sie ballte vor lauter Nervosität die Hände zu Fäusten. In dem Blick des Scheichs lag viel mehr als reine Neugier und auch viel mehr als harmloses sexuelles Interesse, wie ihr immer deutlicher bewusst wurde. Er plante etwas und hatte sie bestimmt nicht nur wegen ihrer Forschungsarbeit eingeladen.
Bestürzt dachte sie an die vielen Flure, die er sie entlanggeführt hatte. Niemals würde sie den Weg aus dem Palast finden, wenn sie wirklich flüchten wollte. Und außerdem standen überall Wachen herum.
„Sie sind sehr rücksichtsvoll, ich weiß es zu schätzen. Natürlich haben Sie recht, ich verschwende
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