Julia Gold Band 0045
leid.“ Dann fügte sie ein bisschen boshaft hinzu: „Ich lege mich gleich an den Swimmingpool und genieße den Sonnenschein bei einem Glas Orangensaft. Dabei stelle ich mir vor, wie du in London im Sprühregen herumläufst!“
„Du bist gemein! Bis später, Amber.“
„Ja, bis später. Ich melde mich, Don.“
Lächelnd legte sie den Hörer auf und ließ sich in die Kissen sinken. Ein Glas Orangensaft am Pool wäre eine feine Sache, dachte sie. Seit ihrer Ankunft in dem kleinen und sagenhaft reichen Scheichtum Ras al-Houht vor ungefähr achtundvierzig Stunden war sie unentwegt beschäftigt gewesen und hatte sich noch nicht für den Hotelswimmingpool interessieren können.
Im Auftrag ihrer Mutter, einer Romanschriftstellerin, sollte sie Land und Leute erforschen. Die Geschichte, die ihre Mutter gerade schrieb, handelte von einer Engländerin, die von Beduinen gekidnappt wurde und sich am Ende in den Anführer verliebte. Eine höchst unglaubwürdige Geschichte, wie Amber meinte. Sie hatte ihrer Mutter erklärt, dass moderne junge Frauen sich nicht mehr in Machohelden verliebten. Ihre Mutter hatte jedoch nur nachsichtig und vielsagend gelächelt.
Amber war froh, dass ihre Mutter sich nicht hatte beirren lassen, denn sie hatte sich dann doch sehr auf die Reise gefreut. Sie war noch nie in einem arabischen Land gewesen, außerdem war es eine willkommene Abwechslung nach der Auflösung ihrer Verlobung mit Adrian vor sechs Monaten.
Zweieinhalb Jahre hatten alle geglaubt, sie und Adrian seien das perfekte Paar. Deshalb waren Ambers Eltern und Freunde schockiert gewesen, als sie von der Trennung erfahren hatten, und Amber war überzeugt, dass viele immer noch glaubten, sie hätte einen großen Fehler gemacht.
Die vergangenen sechs Monate waren sehr anstrengend und auch bedrückend gewesen. Und so hatte Amber gern die Gelegenheit ergriffen, jetzt im Februar, im englischen Winter, allem den Rücken zu kehren und in ganz anderer Umgebung das zu tun, was sie am liebsten tat: mit fremden Menschen zu reden, sie nach ihren Lebensgewohnheiten auszufragen und ein ihr unbekanntes Land zu erkunden.
Doch momentan kam sie nicht weiter. Sie fand es ziemlich frustrierend und musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, wie sie Don erklärt hatte, denn wenn sie nicht rechtzeitig wieder in London sein könnte, würde er seine Reise nach Kalifornien verschieben müssen.
Sie runzelte die Stirn und schaute zum offenen Fenster hinaus auf die Palmen, den tiefblauen Himmel und die in der Sonne glitzernden Minarette in der Ferne. Es ist traumhaft schön hier, überlegte sie. Aber zugleich wusste sie auch, dass sie nicht davon ausgehen konnte, alles würde so reibungslos ablaufen, wie sie es von zu Hause gewöhnt war.
Man hatte nur die Schultern gezuckt und den Kopf geschüttelt, als sie versucht hatte, die Leute doch noch zu Interviews zu überreden. Am besten, sie würde jemanden finden, der sich auskannte und bereit war, ihr zu helfen.
In diesem Moment klopfte es an der Tür.
„Moment! Ich komme!“
Amber lächelte und sprang auf. Vielleicht hatte jemand Mitleid mit ihr und wollte ihr aus dem Dilemma heraushelfen – aber wahrscheinlich war es nur das Zimmermädchen, das die Handtücher wechseln wollte.
Sie öffnete und sah einen der jungen Männer von der Rezeption vor sich.
„Für Sie“, sagte er und reichte ihr einen Briefumschlag. „Man hat ihn vor wenigen Minuten abgegeben.“
„Danke.“
Neugierig betrachtete sie das Couvert aus cremefarbenem Pergamentpapier. In Buchstaben, die beinah wie gemalt aussahen, hatte man ihren Namen darauf geschrieben. Der Absender war in goldfarbener arabischer Schrift aufgedruckt und wirkte sehr offiziell. Ambers Neugier wuchs.
Rasch gab sie dem jungen Mann ein Trinkgeld und schloss die Tür. Dann riss sie ungeduldig den Umschlag auf und zog ein einzelnes Blatt heraus. Verblüfft und ungläubig las sie:
Scheich Zoltan bin Hamad al-Khalifa, Emir des Fürstentums Ras al-Houht, bittet um Ihren Besuch im fürstlichen Palast morgen Vormittag um zehn Uhr.
Sie konnte ihr Glück kaum fassen und lachte auf. War das vielleicht die Lösung ihres Problems?
Genau drei Minuten vor zehn am nächsten Morgen fuhr Amber im Taxi durch das vergoldete Tor des Palastes, eines großen Gebäudes aus glänzendem weißem Marmor mit vielen Türmchen und Kuppeln inmitten wunderschöner, dekorativer Gärten und Anlagen. Das weitläufige Gelände war von hohen Steinmauern umgeben, hinter denen sich die Wüste
Weitere Kostenlose Bücher