Julia Gold Band 0045
hatte gehofft, dort einige Interviews zu führen.“ Sie verzog das Gesicht. „Es war jedoch reine Zeitverschwendung. Man war sehr höflich, aber niemand wollte mir Auskünfte geben.“
Der Scheich schaute sie verständnisvoll an. „Die Beduinen sind sehr verschlossen, was man sich damit erklären kann, dass ihr Leben ausgesprochen hart ist. Sie sind immer nur unter sich und sehr misstrauisch allem Fremden gegenüber.“
Er nahm sich noch ein Stück Kuchen, und nachdem er es gegessen hatte, betrachtete er Amber lächelnd. „Demnach stimmt es, was man mir berichtet hat. Sie haben Probleme, die Informationen zu erhalten, die Sie brauchen, oder?“
Irrte sie sich, oder klang seine Stimme tatsächlich etwas mitfühlend? Amber beugte sich vor.
„Die meisten Interviews, die fest vereinbart waren, wurden aus mir unerklärlichen Gründen abgesagt, nicht nur im Beduinencamp, sondern auch in der Stadt. Es ist frustrierend. So eine Zeitverschwendung kann ich mir eigentlich nicht leisten, denn Ende nächster Woche muss ich wieder in London sein.“
„Ich verstehe.“ Er sah ihr in die Augen. „Vielleicht kann ich Ihnen helfen, die Schwierigkeiten zu überwinden. Ein Wort an der richtigen Stelle – und schon klappt es.“
„Wären Sie wirklich bereit, mir zu helfen? Danke! Das wäre wunderbar!“
Genau das hatte sie gehofft. Amber strahlte vor Freude, und die Panik, die sie vorhin verspürt hatte, war vergessen.
„Natürlich helfe ich Ihnen gern. Ich halte es für wichtig, dass Ihre Mutter die gewünschten Informationen erhält, denn da ihr Roman in meinem Land spielen soll, müssen die Fakten stimmen. Geben Sie bitte Rashid eine Liste der Leute, mit denen Sie reden möchten. Ich werde mich dann persönlich darum kümmern.“
„Ich bin Ihnen sehr dankbar.“ Amber freute sich aufrichtig.
„Wie gesagt, ich helfe Ihnen sehr gern.“ Er zögerte kurz, und in seinen Augen blitzte es amüsiert auf. „Sie sollen Ras al-Houht nicht mit dem Eindruck verlassen, es würden nur unhöfliche, unfreundliche und wenig hilfsbereite Menschen hier leben. Deshalb möchte ich Ihnen noch etwas anderes anbieten. Hier im Palast gib es ein großes Archiv mit zahlreichen Dokumenten und Unterlagen, die für Sie bestimmt nützlich sind. Alle Angaben über die Geschichte und die Sozialstruktur sind sowohl in arabischer als auch englischer Sprache abgefasst. Die Sammlung ist einmalig, Sie finden sie sonst nirgends.“ Er lächelte. „Sie können dieses Archiv nach Belieben benutzen.“
Amber konnte ihr Glück kaum fassen. „Das wäre fantastisch! Ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll.“ Sie lachte erfreut auf. „Wann kann ich anfangen?“
„Wann Sie wollen. Rashid wird Ihnen jetzt erst einmal das Archiv zeigen.“
Er stand auf, klatschte zwei Mal in die Hände, und sogleich war Rashid zur Stelle.
„Begleite bitte Miss Buchanan ins Archiv. Sie wird dir sagen, welche Unterlagen sie braucht. Sorge dafür, dass ihr alles zur Verfügung steht“, forderte er den Mann auf.
Während Rashid sich noch verbeugte, stand Amber auf, um ihm zu folgen. Sie war überrascht, wie schnell plötzlich alles klappte und wie einfach ihre Probleme gelöst wurden.
„Da ist noch etwas“, sagte jedoch der Scheich, als sie gerade den Raum verlassen wollte.
Sie drehte sich um und verspürte Unbehagen. Obwohl er lächelte, wirkte sein Blick hart und unbarmherzig. Amber hielt den Atem an und wartete darauf, dass er weiterredete. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, etwas Bedrohliches lag in der Luft.
Er schaute sie mit den dunklen Augen unverwandt an, während er erklärte: „Ich erwarte von Ihnen, dass Sie ab sofort im Palast wohnen.“
3. KAPITEL
„Wie bitte? Es tut mir leid, aber das ist unmöglich!“ Amber stand da wie erstarrt. Vor Angst schlug ihr das Herz bis zum Hals, denn die Worte des Scheichs hatten nicht wie eine Einladung, sondern wie eine ultimative Aufforderung geklungen.
Was hatte er vor? Warum sollte sie im Palast wohnen? Und warum wirkte seine Miene plötzlich so finster?
„Das ist wirklich nicht nötig. Ich fühle mich im Hotel wohl“, fügte sie diplomatischer hinzu.
„Unsinn!“
Sie wurde von Panik ergriffen. Scheich Zoltan kam ihr wie ein riesiger Raubvogel vor, der sich jeden Moment auf seine Beute stürzen würde. Sie versteifte sich und bereitete sich darauf vor, ihn abzuwehren.
Doch dann stellte sie erleichtert fest, dass er sich nicht von der Stelle rührte. Er schien sich sogar etwas zu
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