Julia Gold Band 0045
wie er eine Unterlage auf den Tisch stellte und Tassen aus dem mit Schnitzereien verzierten Geschirrschrank holte. So selbstverständlich, wie sie derartige Dinge bei Kaifar hingenommen hatte, so ungewöhnlich erschienen sie ihr, seit sie wusste, dass er Prinz Karim war.
Er nahm ihr gegenüber Platz, hob die Kaffeekanne und sah sie fragend an. Sie nickte stumm. Karim schenkte zwei Tassen ein und schob ihr eine hin. Caroline gab Milch und Zucker hinein, bevor sie davon trank. Es war gleichgültig, ob der Kaffee sie wach hielt, sie würde nach der Aufregung ohnehin nicht schlafen können.
„Caroline, du wolltest tatsächlich fliehen?“
Trotzig reckte sie ihr Kinn vor und begegnete seinem Blick.
„Einer umsichtigen Frau mag das gelingen. Es ist zwar eher unwahrscheinlich, aber ich will nicht behaupten, dass es unmöglich ist. Besonders, da mein Gefolge angehalten ist, dir weder zu helfen noch dich an etwas zu hindern. Sie werden dir keine Türen aufschließen, dich aber auch nicht von einer Mauer herunterholen, wenn du hinaufkletterst. Stattdessen werden sie mich rufen, und ich werde deine Versuche zu vereiteln wissen. Caroline, unter diesen Umständen bitte ich dich um dein Wort, dass du keinen Fluchtversuch unternehmen wirst, bis wir die Verhandlungen mit deinem Verlobten abgeschlossen haben.“
Sie lachte empört auf. „Bist du verrückt? Ich könnte entkommen und soll versprechen, es nicht zu versuchen?“
Angesichts ihres Spottes blieb er gelassen. „Caroline, du hast mich nicht verstanden. Entführung ist ein Verbrechen in Westbarakat. Als einziger Bürger dieses Landes stehe ich über dem Gesetz. Ein König kann zum Wohl des Volkes das Gesetz brechen, aber er sollte keinen seiner Untertanen darum bitten, außer im Notfall. Deshalb habe ich dich auf diese Weise entführt, damit keine Komplizen notwendig waren. Nur ein paar wenige Vertraute wissen, dass du gegen deinen Willen hier bist. Mein Gefolge hier im Palast weiß es nicht. Niemand von ihnen spricht Englisch. Sie sind mir jedoch treu ergeben, und es ist unwahrscheinlich, dass sie dir bei einer etwaigen Flucht helfen würden, selbst wenn du dich ihnen verständlich machen könntest.“
Caroline sah ihn an. Seine Erscheinung war zu beeindruckend, die muskulöse Brust, die bloßen starken Arme und die leicht gebräunte Haut, die in dem schwachen Licht fast golden schimmerte. Ein Blick von ihm – und die Bewegung seiner Lippen wirkte hypnotisierend.
„Warum erzählst du mir das alles?“, forschte sie.
„Wenn einer der Wächter dir im Palast oder draußen innerhalb der Mauern so begegnen würde wie ich heute Nacht, dann würde er dich höflicherweise in mein Schlafzimmer bringen. Er würde nämlich vermuten, dass dies dein Ziel sei. Und wir wissen beide, was dann geschieht.“
Sie richtete sich kerzengerade auf. „Wie kannst du es wagen!“, schimpfte sie. „Was für eine Drohung soll das sein?“
Bedauernd schüttelte er den Kopf. „Es ist keine Drohung, Caroline. Du weißt genau, dass dein Verstand sich gegen deine Gefühle wehrt. Du bist mir böse, weil ich dein Vertrauen missbraucht habe, aber du ärgerst dich noch mehr darüber, weil dein Körper es nicht so empfindet. Körperlich gilt das Versprechen, das wir uns gegeben haben.“
Er beugte sich vor und berührte ihre Wange. Sie schloss die Augen. „Dein Körper begehrt mehr, und er vertraut mir, dass ich ihm das geben kann. Ich erkläre dir das deshalb, weil du Jungfrau warst. Einer erfahrenen Frau hätte ich nichts sagen müssen. Aber du … dein Körper mag dich zu etwas verleiten, das du hinterher bitter bereust, wenn du nicht gewarnt wirst oder nicht auf die Warnung hörst.“
„Glaub mir, mein Körper würde nicht mal nach dir verlangen, wenn du der letzte Mann auf Erden wärst!“, stieß sie erzürnt hervor.
Er musterte sie eindringlich, und sein Blick ließ sie erschauern. „Caroline, ich bin ein erfahrener Mann. Die körperliche Verbindung zwischen uns besitzt eine große Kraft. Unterschätz das nicht. Du musst dich vor dir selbst in Acht nehmen.“
„So, und du brauchst das nicht!“
Er lächelte nachsichtig. „Habe ich mich nicht klar ausgedrückt? Ich nehme mich ständig in Acht in deiner Gegenwart, Caroline. Ich sitze nicht einen Augenblick bei dir, ohne dich zu begehren. Ich liege nachts nicht in meinem Bett, ohne davon zu träumen, wie du reagierst, wenn ich zu dir komme und dich berühre. Selbst jetzt spüre ich, dass du mir nicht widerstehen könntest, wenn
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