JULIA GOLD Band 32
deiner Schwester sagtest, dass er mich niemals heiraten wird … weil du ihm von meinem ‚herausfordernden Benehmen‘ geschrieben hast. Wolltest du unbedingt beweisen, dass ich nicht die passende Frau für ihn bin? Ich wäre schon längst abgereist, wenn Faisal mich nicht gedrängt hätte, meine letzten Ersparnisse für den Aufenthalt in Kuwait auszugeben!“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Habe ich nicht genug durchgemacht, um mir das Flugticket nach Hause zu verdienen? Musst du mich auch noch demütigen?“
Rashid stand auf und zog sich an. „Ich vergewaltige keine Jungfrauen“, sagte er schroff und drehte sich abrupt zu ihr um. „Hat dich noch niemand davor gewarnt, einen Mann zu weit zu treiben? Du kannst froh sein, dass ich dich noch einmal so davonkommen lasse.“ Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer.
Erst als Felicia sicher war, dass er nicht zurückkommen würde, begann sie, hemmungslos zu weinen, bis sie keine Tränen mehr hatte. Er war nur mit einem Ziel in ihr Zimmer gekommen: sie zu demütigen und zu erniedrigen. Und das, obwohl er wusste, dass zwischen Faisal und ihr alles aus war …
Als Felicia am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Wie hatte sie auch nur für einen Moment glauben können, dass Rashid sie begehrte? Wie hatte sie so dumm sein können? Ihre Liebe hatte sie blind gemacht.
Es klopfte, und Nadia kam herein. „Wie geht es dir? Ich war vorhin schon einmal da, aber da schliefst du noch. Rashid hat angeordnet, dich auf keinen Fall zu stören.“
„Wie rücksichtsvoll von ihm“, sagte Felicia bitter. „Aber mir geht’s gut. Ich werde aufstehen.“
„Felicia“, fuhr Nadia fort, „was ist mit dir? Du hast verweinte Augen. Sag mir, was los ist … oder soll ich Rashid holen? Fühlst du dich nicht wohl bei uns?“
Bei der Erwähnung von Rashids Namen wurde Felicia zuerst blass, dann feuerrot. „Nadia, ich muss fort von hier. Wenn du mich wirklich magst, musst du mir helfen.“
„Wobei? Nach England zurückzukehren oder Rashid zu entkommen?“
„Beides“, gestand Felicia. „Rashid verachtet mich, Nadia. Bitte, hilf mir. Ich halte es nicht länger aus …“ Sie schluchzte, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Natürlich werde ich dir helfen. Ich werde mit Achmed sprechen. Es tut mir leid, dass meine Familie dir solchen Kummer bereitet hat.“
Sie würde zu Umm Faisal und Zahra gehen und sich von ihnen verabschieden, überlegte Felicia, nachdem Nadia gegangen war … und zu dem kleinen Zayad und der hilfsbereiten Selina natürlich. So viele Menschen waren ihr während ihres kurzen Aufenthalts in Kuwait ans Herz gewachsen, und jetzt musste sie sie alle verlassen.
Verächtlich musterte Felicia ihr Spiegelbild. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht rot von der Sonne. Sie würde ein Bad nehmen, das half ihr vielleicht, sich zu entspannen.
Zu Felicias Zimmer gehörte zwar eine Dusche, doch es gab nur ein gemeinsames Badezimmer im Harem. Sie nahm sich Handtuch und Seife und ging hinüber. Ihre Schritte hallten auf den Marmorfliesen wider. Sie drehte den Hahn auf, goss etwas Rosenschaumbad ins Wasser und beobachtete, wie das Öl das klare Wasser in milchigen Schaum verwandelte.
Es tat gut, in das warme Wasser einzutauchen, das sich wie Seide um ihre Haut schmiegte. Felicia entspannte sich allmählich und atmete den herrlichen Rosenduft ein.
Sie hörte nicht, wie sich die Tür öffnete, erst die Schritte auf dem Marmorboden ließen sie aufblicken. Sie erstarrte. Rashid! Instinktiv ließ sie sich so tief wie möglich in das Wasser sinken.
„Warum willst du uns verlassen?“
„Was für einen Grund könnte ich haben, noch länger in einem Haus zu bleiben, in dem ich verschmäht, verachtet und gequält werde?“
„Gequält?“ Sein Blick fiel auf ihre zitternden Hände.
„Bitte geh, Rashid“, flehte Felicia. „Wenn Zahra oder deine Schwester …“
„… uns überraschen? Keine Angst, sie sind nicht da. Und Nadia habe ich angewiesen, uns nicht zu stören. Ich will mit dir reden, aber das ist mir unmöglich, solange du dich im Wasser herumwindest wie ein verängstigter Fisch.“
Felicias Handtuch lag außer Reichweite auf einem Schemel, und sie hatte nicht die Absicht, aus dem Becken zu steigen, solange Rashid im Raum war. „Wenn du mich allein lassen würdest …? Ich komme dann in dein Arbeitszimmer“, schlug sie vor.
„Dich allein lassen?“ Bildete sie es sich nur ein, oder klang seine Stimme plötzlich heiser?
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