JULIA GOLD Band 32
sengenden Sonnenstrahlen geschützt zu sein.
Sie schlief ein und erwachte wieder, noch durstiger als vorher. Die Welt war eine geschmolzene Messingschüssel, in der es kein Entkommen vor der Sonne gab. Sie schloss die Augen wieder und versuchte, nicht an die plätschernden Brunnen im Hof zu denken. Ob man ihre Abwesenheit schon bemerkt hatte?
Sie versuchte weiterzukriechen, doch sobald sie sich bewegte, wurde ihr übel. Der Boden unter ihr schien zu schwanken. Ob sie hier draußen zugrunde gehen würde? Panik drohte sie zu ergreifen, doch es gelang ihr, sich zusammenzureißen. Schließlich war sie selbst schuld an ihrer Lage, und außerdem – was hatte sie noch vom Leben zu erwarten?
Die Nachmittagssonne warf lange Schatten. Hoch über der leblosen Gestalt kreiste ein Vogel, ein winziger Fleck vor dem gläsern blauen Himmel. Ein- oder zweimal umkreiste er die Frau, dann flog er weiter.
Felicia wurde Stimmen gewahr, doch es gelang ihr nicht, den Inhalt der Worte zu verstehen. Sie spürte, wie jemand sie auf den Rücken rollte und ihre Haut betastete. Sie gab einen Laut des Widerwillens von sich. Sie wollte allein gelassen werden in dem schmerzlosen Zustand des Nichts, in dem sie sich befand.
„Sie hat viel Salz verloren“, hörte sie jetzt eine Stimme. „Glücklicherweise war sie so vernünftig, ihr Gesicht zu bedecken. Wir bringen sie zum Landrover …“
Der Landrover! Felicia wurde steif. Der Landrover war verbunden mit Schmerz, und davon hatte sie genug gehabt. Doch wie sollte sie sich wehren? Jemand hob sie hoch und trug sie fort … jemand, über dessen Identität sie sich nicht im Klaren war. Aber es war beruhigend, wie sicher er sie in seinen Armen hielt …
„Ich fahre, Rashid“, hörte Felicia jemanden sagen.
Rashid! Dieses eine Wort genügte, ihre Zufriedenheit jäh zu zerstören. Ein leiser Laut des Protests kam über ihre Lippen.
„Es ist alles in Ordnung, Felicia“, beruhigte Achmed sie. „Du bist in Sicherheit.“
In Sicherheit! Das beruhigte sie ein wenig. Sie spürte nicht mehr die sengenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut, doch sie zitterte am ganzen Leib. Rashid bot ihr Sicherheit, und sie nahm sie an wie ein Kind. Ihr Kopf lag an seiner Schulter wie eine geknickte Blume.
Jetzt erinnerte sie sich wieder. Sie war in die Wüste hinausgelaufen, weil Rashid ihr Leid zugefügt hatte. Den Grund jedoch wusste sie nicht mehr. Sie wusste nur, dass sie in seinen Armen die Sicherheit fand, nach der sie sich so sehr gesehnt hatte.
Felicia ließ sich nur noch von ihrem Gefühl leiten. Ihre Finger tasteten nach der Öffnung in Rashids Dishdasha, und als sie sie gefunden hatte, stieß Felicia einen leisen Seufzer aus. Sie legte ihr Gesicht an seine warme Brust und atmete den männlich-herben Duft ein, den seine Haut ausstrahlte.
Rashid presste seine Lippen zusammen, als er auf ihren leblosen Körper hinunterblickte. „Dummes Kind! Sie hätte hier draußen sterben können.“
„Sie vertraut sich dir an, Rashid“, sagte Achmed leise. „Das ist ein kostbares Geschenk.“
„Sie ist noch bewusstlos. Ich bezweifle, dass sie etwas wahrnimmt“, kam die nüchterne Antwort. „Was hat sie nur veranlasst, in die Wüste zu gehen? Wenn Nadia uns nicht benachrichtigt hätte …“
„Sie wird es uns sagen, wenn sie sich wieder erholt hat“, beschwichtigte Achmed ihn. „Jetzt ist nicht der richtige Augenblick für Vorwürfe und Belehrungen. Wir müssen Allah danken, dass sie in Sicherheit ist. Gott sei Dank sind Zahra und Umm Faisal noch bei Sauds Familie. So ist ihnen die Aufregung erspart geblieben. Sieh doch, sie kommt zu sich!“
Felicia spürte, wie ihr Wasser übers Gesicht gegossen wurde. Gierig trank sie von der Flasche, die man ihr an die Lippen hielt, doch sie hatte kaum ein paar Schlucke genommen, als man sie ihr wieder wegzog.
„Langsam“, warnte eine ernste Stimme.
Die Anstrengung war wohl doch zu groß gewesen. Felicia verlor erneut das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, hatten sie bereits die Oase erreicht.
Nadia kam ihnen entgegen. Auf ihrem Gesicht erschien ein erleichtertes Lächeln, als sie Felicia erblickte. „Ist sie in Ordnung?“
„Ja“, antwortete Achmed. „Ich bringe sie in ihr Zimmer, Rashid.“
„Das mache ich.“ Rashid trug Felicia ins Haus und legte sie auf ihr Bett.
„Soll ich einen Arzt kommen lassen?“, fragte Nadia.
„Ich glaube, das ist nicht nötig. Sie hat nur zu viel Flüssigkeit verloren, und die Sonne hat sie verbrannt. Damit
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