Julia Gold Band 47
habe zwar nur eine Wohnung ohne Garten, aber immerhin eine Terrasse.“
„Das ist nicht dasselbe“, behauptete Peggy, und die anderen nickten.
Sie hatten recht. Alles hatte sich verändert. Wie würde Emily damit fertig werden? Würde sie ihre Freundinnen, ihre Rosen und den Gartenverein sehr vermissen? Würde sie darunter leiden, keinen Platz mehr für sich allein zu haben? Wahrscheinlich wird sie Heimweh nach ihrem Haus bekommen und hin und wieder dorthin fahren, dachte Ben. Er hatte darauf bestanden, dass sie es behielt, und die Miete bezahlt. Wie sie das ihren Nachbarn erklärte, wusste er nicht, aber ihm war es wichtig, dass sie in einem Jahr wieder in ihre vertraute Umgebung zurückkehren konnte.
Schließlich zerstreuten sich die Gäste. In der kleinen Suite, die sie neben dem Festsaal gemietet hatten, zog Ben sich einfache graue Hosen und einen Pullover an und wartete auf Emily, die im anderen Zimmer die Kleidung wechselte. Die Frauen seiner Familie waren ihr dabei behilflich. Endlich öffnete sich die Tür. Seine Mutter und Schwestern nahmen von Emily und ihm Abschied. Sie umarmten und küssten das Brautpaar. Wie er befürchtet hatte, flossen dabei auch Tränen. Aber dass seine Mutter in letzter Minute Emily bat, auf ihn aufzupassen, ging ihm doch etwas zu weit.
Die Hochzeitsreise begann mit einer Panne. Nach stundenlangem Warten erfuhren Ben und Emily, dass ihr Flug wegen eines Motorschadens ausfiel. In Bens Wohnung konnten sie nicht übernachten. Dort wohnte jetzt bis zu ihrer Rückkehr seine Familie. Emilys Haus lag am anderen Ende der Stadt. „Lass uns zurück ins Hotel fahren“, schlug Ben deshalb vor. „Wir schlafen ein paar Stunden und nehmen morgen früh den ersten Flieger.“
Im Hotel bot man dem Brautpaar die Hochzeitssuite an. Doch die hatte einen Haken. Es gab dort nur ein einziges Bett. Es war zwar groß genug für ein echtes Brautpaar, doch nicht für Ben und Emily. Sie brauchten getrennte Schlafgelegenheiten.
„Du nimmst das Bett. Ich schiebe mir zwei Sessel zusammen“, sagt er. Ihr war das ganz und gar nicht recht, aber sie stimmte zu, weil sie wusste, dass er sie niemals auf Sesseln schlafen lassen würde.
Dann verschwand sie wortlos im Badezimmer, um sich für die Nacht fertig zu machen. Als sie in der Reisetasche nach ihrem altmodischen Nachthemd kramte, das sie bereitgelegt hatte, entdeckte sie stattdessen ein halbdurchsichtiges Nichts mit Spaghettiträgern. Emily durchfuhr es siedend heiß. Peggy hatte die Hemden vertauscht, und obwohl Emily die gute Absicht dahinter erkannte, drohte sie ihrer Freundin im Stillen mit dem Abbruch der Beziehung. Erst als sie den Morgenrock entdeckte, der das meiste wieder verdeckte, was das Nachthemd preisgab, beruhigte sie sich wieder. Was blieb ihr anderes übrig? Sie konnte sich doch nicht im Bad verstecken, bis Ben das Licht ausgeschaltet hatte. Oder wie von Furien getrieben durchs Zimmer springen, um möglichst schnell unter die Laken zu kriechen. Trotzdem wusste sie nicht, wie sie Bens Blicken standhalten sollte. Sie war nicht der Typ für solche Gewänder. Hoffentlich fragte er sie nicht, warum sie keinen Baumwollpyjama trug.
Um Zeit zu gewinnen, ließ sie sich ein Bad einlaufen. Viel zu lange aalte sie sich im warmen Wasser und versuchte, nicht an Bens Kuss nach der Trauung zu denken. Stattdessen rief sie sich immer wieder ins Gedächtnis, wie selbstsicher sie zum Altar geschritten war. Mit dem Vorsatz, ebenso würdevoll den Weg zwischen Bad und Bett hinter sich zu bringen, trocknete sie sich ab und schlüpfte in ihr neues Nachtgewand. Die Seide fühlte sich angenehm an auf der Haut. Sie riskierte einen Blick in den Spiegel. Das soll ich sein, staunte sie, dieses schamlose Wesen mit den glänzenden Augen und den erhitzten Wangen? Ben wird mich für völlig durchgedreht halten!
Sei’s drum! Sie atmete tief durch, öffnete die Tür und ging über den dicken Teppich auf das Bett zu, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, diese Nacht mit ihrem Chef zu verbringen. Doch in ihrem Inneren herrschte helle Aufruhr. Wenn es nicht an der Tür geklopft hätte, wäre sie vielleicht doch mit einem Satz unter die Decke geflohen.
Ben öffnete die Tür. Der Zimmerservice schob einen Wagen herein, bedankte sich für das Trinkgeld und wünschte eine gute Nacht.
„Hast du das bestellt?“, wollte Emily wissen und betrachtete Champagner, Früchte, Käse und Pasteten.
„Eine Aufmerksamkeit des Hauses. Hast du Hunger?“, fragte er und holte
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