Julia Gold Band 47
lange angesehen hatte, schlüpfte er schließlich auf der anderen Seite des Bettes unter die Decke und streckte mit einem Seufzer der Erleichterung die Beine aus. Emily rührte sich nicht. Er schloss die Augen, um ihre nackten Schultern und ihr lockiges Haar nicht sehen zu müssen. Aber ihr Duft hielt seine Sinne wach und seinen Körper angespannt. Er ermahnte sich. Sie war zwar seine rechtmäßige Braut, aber eben nicht wirklich seine Braut. Trotzdem konnte er bis zum Morgengrauen nicht einschlafen.
Als Emily erwachte, kuschelte sie sich in die Kissen und lächelte. Sie hatte einen verrückten Traum gehabt. Darin hatte sie Ben geheiratet und anschließend in einem riesigen Bett eine leidenschaftliche Nacht mit ihm verbracht. Sie öffnete die Augen und war orientierungslos. Wo war sie überhaupt? Die Sonne schien in einen fremden Raum mit eleganten Möbeln, und auf dem Tisch stand eine angebrochene Champagnerflasche. An ihren Händen fühlte sie zwei Ringe, den Verlobungs- und den Ehering.
Sie drehte sich zur Seite und presste die Lippen zusammen, um nicht zu schreien. Neben ihr schlief Ben. Ben, ihr Ehemann! In wirren Bildern kam die Erinnerung zurück, begleitet von gemischten Gefühlen. Eine Zeit lang vertiefte sie sich in Bens Gesicht. Sie kannte ihn verärgert, besorgt, aufgeregt und glücklich. Aber noch nie hatte sie ihn schlafend gesehen, das Gesicht entspannt, das dunkle Haar unordentlich, die feinen Sorgenfalten auf seiner Stirn wie ausgebügelt.
Ohne nachzudenken, streckte sie den Arm aus und strich ihm durch das Haar. Ohne Vorwarnung griff Ben nach ihrem Handgelenk und hielt es fest.
Diesmal entfuhr ihr wirklich ein leiser Schrei. Doch Ben legte ihr eine Hand auf den Mund, umfasste mit der anderen ihre Taille, drehte sich zur Seite und zog sie fest an seine Brust.
„Hör auf damit, du machst mir Angst“, rief sie gedämpft. Er nahm die Hand von ihrem Mund, hielt sie aber weiter an sich gepresst. Sie hatte keine Ahnung, was er unter der Decke trug, und fürchtete sich davor, es bald herauszufinden. „Ich dachte, du schläfst.“
„Du hast mich geweckt.“ Seine Augen waren schmal und gefährlich dunkel.
„Warum schläfst du nicht in den Sesseln?“ Sie versuchte, ihrer Stimme einen ungezwungenen Ton zu geben, obwohl er sie immer noch an seine Brust gedrückt hielt. Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, aber sein Griff war fest wie ein Schraubstock. Sie stemmte die Hand gegen seinen Brustkorb. Aber es gelang ihr nicht, ihn von sich zu schieben. Um ihre Hand zu befreien, bewegte sie die Finger, ertastete eine männliche Brust, spürte, wie durch ihre Berührung die Spitzen hart wurden, hörte, wie Ben scharf den Atem einsog. Hatte sie die Macht, solche Reaktionen hervorzurufen? Neugierig strich sie über seine breite Brust und erkundete die Spannkraft der Muskeln.
„Wenn du so weitermachst, kann ich die Verantwortung für das, was dann geschieht, nicht übernehmen“, murmelte er.
Seine Worte brachten sie wieder zur Besinnung. Er meinte es ernst. Sie entschlüpfte seiner Umarmung, warf die Bettdecke zur Seite und sprang aus dem Bett. Ohne sich umzusehen, floh sie ins Badezimmer. Durch die geschlossene Tür hörte sie Ben rufen: „Unser Flieger geht um zehn Uhr.“
Sie schaffte es, pünktlich zu sein. In ihrem neuen, wie angegossen sitzenden Hosenanzug fühlte sie sich wohler, als sie gedacht hatte, und auch ihre Brille vermisste sie nicht. Sie kam mit den Kontaktlinsen sehr gut zurecht. Ihr frisch angetrauter Ehemann war der Grund, warum sie ein komplettes Nervenbündel war, als sie endlich den Flughafen erreichten. Emily standen die kommenden Tage und Nächte bevor. Sie zählte die Stunden bis zur Rückkehr nach San Francisco. Sie sehnte sich nach Arbeit und Normalität. Aber sie würde erst nach der Scheidung wieder richtig durchatmen können.
Diesmal verlief der Start ohne Zwischenfälle. Am Flughafen in Seattle angekommen, mieteten sie dann einen Wagen. Während der Fahrt zur Fähre, die sie zu den San Juan Inseln übersetzen sollte, sah Emily angestrengt aus dem Fenster. Nur hin und wieder gestattete sie sich einen Blick zur Seite. Denn jedes Mal wenn sie feststellte, dass Ben auch in einem Pullover und Kakihosen fantastisch aussah, musste sie daran denken, dass sie ihn am Morgen um Haaresbreite ganz ohne Kleidung gesehen hätte. Dann sah sie rasch wieder aus dem Fenster, um ihre heißen Wangen zu verbergen.
Ein bisschen bedauerte sie es doch, dass sie niemals erfahren würde, ob er
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