Julia Gold Band 47
du.“
Er stand auf und zog sie hoch. „Ich meine es ernst. Wenn du nicht freiwillig ins Bett gehst, dann trage ich dich dorthin. Welcher Mann würde seine Frau während der Hochzeitsreise auf dem Boden schlafen lassen?“
„Ein moderner Mann. Einer, der für die Gleichberechtigung ist.“
Er schnaubte verächtlich. „Wenn das die Definition von einem modernen Mann ist, bin ich froh, keiner zu sein. Außerdem glaube ich, dass du so einen Mann nicht willst.“
Sie standen sich gegenüber, fast wie vorhin. Doch diesmal war sie gegen ihn gewappnet, diesmal würde sie nicht wieder in seinen Armen dahinschmelzen wie Butter in der Sonne.
„Was für einen Mann möchtest du, Emily? Nach welchem Mann suchst du?“ Seine Stimme war müde und voll unterdrückter Leidenschaft.
Sie machte sich steif. Er konnte sie nicht noch einmal verführen. Das Telefon war ihre Rettung gewesen. Wenn es nicht geklingelt hätte, dann wäre sie jetzt mit Ben richtig verheiratet. Aber eben nicht für immer.
„Ich suche nicht nach einem Mann. Du warst es, der nach einer Frau suchte“, sagte sie. „Nach was für einer Frau hast du gesucht, Ben?“ Das war die richtige Taktik. In die Offensive gehen. Ihm die Fragen stellen.
„Ich wünsche mir eine Frau, die außen weich und innen stark ist. Eine, die nehmen und geben kann. Hilfe, auch Kritik, aber in erster Linie …“, er senkte die Stimme, „… Liebe.“
Schweigend schauten sie sich in die Augen. Emily hätte ihn gerne daran erinnert, dass er nicht an die Liebe glaubte. Sie tat es nicht. Sie wollte ihm gerne glauben. Am liebsten, dass sie die Frau war, nach der er suchte.
„Für wie lange?“, murmelte sie. „Für wie lange, Ben?“
Er antwortete nicht. Sie aber kannte die Antwort. Für eine Nacht oder eine Woche, höchstens für ein Jahr. Er hing an seiner Freiheit, nur die war ihm wichtig.
Er hob sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer. Sie protestierte nicht, denn er verfolgte damit keine weiteren Absichten. Sie spürte es an der Art, wie er sie trug, so zärtlich wie einen Kartoffelsack. Dann legte er sie aufs Bett und ging. Sie war zu müde, um nachzudenken. Aber seine Worte arbeiteten in ihrem Unterbewusstsein weiter. Außen weich, innen stark. Sie musste stark sein, stark, damit er ihr nicht zu nahe trat. Sehr stark.
Als sie am nächsten Morgen aus dem Schlafzimmer ins sonnendurchflutete Wohnzimmer taumelte, war er bereits angezogen.
„Lass uns gehen!“
„Was ist mit dem Feuer?“
„Es ist zumindest unter Kontrolle.“
Sie rieb sich die Augen. „Du hättest mich wecken sollen. Seit wann bist du wach?“
„Seit einer Stunde. Und nun zieh dich an. Das Boot geht um zehn.“
Gestern Nacht hatte er sie ausgezogen, und nun forderte er, dass sie sich anzog. Er benahm sich sehr geschäftsmäßig. Wie der Ben, den sie in San Francisco aus dem Büro kannte. Sie war erleichtert, ja glücklich. Nur ein ganz kleines bisschen enttäuscht. Nicht der Rede wert.
Beim Ankleiden fühlte sie sich wie eine Schauspielerin, die sich vor einem Auftritt in ihr Kostüm wirft. Auch sie wurde für ihre Darstellungskunst bezahlt. Vielleicht hatte sie ja doch etwas von dem Talent der Claybournes in sich. Schließlich hatte sie eine Kirche voller Leute an der Nase herumführen können und ihnen die Braut vorgespielt.
Sie ging auf die Terrasse, wo Ben auf sie wartete. Er sagte ihr, dass er mit ihr nach Vancouver fahren wolle, um die Butchart Gardens zu besuchen.
Sie riss vor Freude die Augen auf und ließ überrascht den Mund offen stehen.
Er lachte. „Du hast also davon gehört?“
„Natürlich. Die Gärten im Steinbruch sind berühmt. Ich wollte immer schon einmal dorthin. Oh Ben, bist du sicher, dass du dich dort nicht langweilst? Es gibt wirklich sehr viele Blumen zu sehen.“
„Ich mag Blumen“, sagte er. „Und ich mag dich, wenn du Blumen anschaust.“
8. KAPITEL
Ben bereitete es Freude, mit Emily die berühmten Gärten zu besuchen. Beim Anblick der prachtvollen Rosen, die in voller Blüte standen, leuchteten ihre Augen. Es war ihm unbegreiflich, dass er Emily einmal für unscheinbar gehalten und ihrem Äußeren keine Beachtung geschenkt hatte. Nach wie vor bewunderte er ihre Intelligenz, ihren guten Geschmack und ihren feinen Instinkt. Doch nun war noch etwas hinzugekommen. Er versuchte, die Sprache ihres Körpers zu verstehen, und ahnte, was für ein Mensch sie war und welcher Reichtum sich in ihr verbarg. Er hatte dieses Etwas letzte Nacht in ihren Augen entdeckt
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