Julia Gold Band 47
und fragte sich, wie es wieder hervorzulocken wäre.
Während sie umherschlenderten, erfuhren Ben und Emily, wie die Gärten entstanden waren. Ursprünglich hatte ein Industrieller auf dem Gelände Kalkstein abgebaut. Nachdem der Steinbruch erschöpft war, hat seine Frau, Jenny Butchart, Tonnen von Muttererde aufschütten lassen und einen Rosengarten, einen japanischen Garten und einen italienischen Garten angelegt.
Den Nachmittagstee tranken Emily und Ben auf der Veranda des altmodischen Restaurants, das in dem ehemaligen Wohnhaus der Butcharts untergebracht war. Sie las ihm aus der Broschüre vor, wie stolz Mr Butchart auf das Werk seiner Frau gewesen war, denn er hatte ihre Leidenschaft für Blumen geteilt. Außerdem liebte er exotische Vögel. Und so hatten auf dem Anwesen einmal Pfaue, zahme Tauben und Papageien gelebt.
Emily ließ die Broschüre sinken und blickte verträumt in die Ferne.
„Neidisch?“, fragte Ben.
„Ein bisschen“, gab sie zu.
„Ich kann zwar mit Mr Butchart nicht mithalten, aber ich habe eine Terrasse. Eine ziemlich große, leere Terrasse.“
„Aber …“
„Ich weiß. Du hast mir einmal vorgeschlagen, dort einen Garten anzulegen. Damals wollte ich die Verantwortung für die Pflege nicht übernehmen. Doch nun wirst du dort leben …“
„Nur für eine befristete Zeit“, erinnerte sie ihn.
„Pflanz doch die Blumen in Töpfe. Dann kannst du sie mitnehmen, wenn du ausziehst.“
Mit dem Vorschlag hatte er ihr eine Freude machen wollen. Nun war er sich unsicher, ob ihm das gelungen war. Denn sie hob wortlos ihre Tasse, setzte sie wieder ab, und ihre Unterlippe zitterte.
„Habe ich etwas Falsches gesagt? Ich dachte, ein Garten auf der Terrasse macht dich glücklich.“
„Doch, ja, natürlich. Ich lege gerne einen Garten an. Vielleicht gefällt er dir sogar, und du möchtest nicht, dass ich ihn dir wegnehme.“
„Für mich allein wäre ein Garten Verschwendung. Ich bin oft auf Reisen. Wenn ich in San Francisco bin, gehe ich auch nur zum Schlafen in die Wohnung.“
„Solange du nichts Besseres vorhast“, bemerkte sie spitz.
„Das war einmal. Denk bitte nicht, dass ich mich herumtreibe, während wir verheiratet sind. Ich werde ein treuer Ehemann sein, Emily.“ Er nahm ihre Hand. „Das sollst du wissen.“
Sie nickte, aber ihr Gesicht blieb regungslos. Entweder war ihr seine Treue gleichgültig, oder sie glaubte ihm nicht. Beides war ihm nicht recht. Weil er nichts mehr zu sagen wusste, begann er, Pläne für den Garten auf seiner Dachterrasse zu schmieden. Während sie ihren Rundgang fortsetzten, diskutierten sie darüber, welche Blumen dort oben am besten gedeihen würden.
Nach ihrer Rückkehr buchte Ben im Haupthaus für den nächsten Tag eine Tour, um Wale zu beobachten. Emily wartete an der Rezeption auf ihn und nutzte die Gelegenheit zu fragen, weshalb sie ein Haus mit nur einem Schlafzimmer bekommen hatten. Man erklärte ihr, dass ihr Mann kurz vor der Ankunft telefonisch umgebucht habe. Obwohl sie so etwas vermutet hatte, traf sie die Bestätigung wie ein Schlag.
Auf dem Weg zum Haus hörte sie Ben kaum zu und verschwand sofort im Schlafzimmer. Sie war wild entschlossen, ihn zu beschämen und diese Nacht auf dem Fußboden zu schlafen. Doch sie musste vorher ein paar Sachen zusammensuchen. Mit der Kulturtasche, dem Nachthemd und der Decke im Arm stieß sie im Flur fast mit Ben zusammen.
„Lass uns mit dem Unsinn aufhören“, sagte er und hielt sie an den Schultern fest.
„Ben, wir haben abgemacht …“
„Ich war nie damit einverstanden.“
„Wie hätten das Problem nicht, wenn …“
„… du vernünftig wärst, Emily. Das Bett ist groß genug für uns beide.“
„Aha, und deshalb hast du hinter meinem Rücken umgebucht“, sagte sie vorwurfsvoll. Ihre Augen blitzten vor Zorn.
Ben stritt nichts ab, zeigte aber auch keine Reue. „Wir haben schließlich geheiratet.“
„Aber nicht richtig!“
„Dann lass uns eine richtige Hochzeit daraus machen“, sagte er. Seine Augen verdunkelten sich. Es war klar, was er damit meinte.
Fassungslos ließ sie Arme sinken. Decke, Nachthemd, Kulturtasche, alles fiel zu Boden. „Das meinst du doch nicht ernst?“, sagte sie und wusste genau, wie ernst er es meinte.
Kleine Schauer liefen ihr den Rücken hinunter, als Ben seine Hand unter ihr Kinn legte und sie zwang, ihn anzusehen. „Sag mir, dass du nicht mit mir schlafen möchtest, Emily“, murmelte er. „Sag mir, dass du mich nicht neben dir haben
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