Julia Gold Band 47
nach Kissen und Bettdecke und ging damit ins Wohnzimmer. Dort hatte Ben die Lichter gelöscht und den Kamin angefeuert.
„Oh“, sagte sie und kreuzte die Arme vor der Brust. „Ich dachte, du willst ins Bett gehen. Es war ein langer Tag.“ Sie gähnte.
„Ja, stimmt. Sag mal, genießt du eigentlich unsere Hochzeitsreise?“, wollte er wissen.
Sie betrachtete sein Gesicht im Widerschein des Feuers und fragte sich, worauf er hinauswollte. „Ja, natürlich.“
Dann schwiegen beide. Er saß in einem der kleinen Sessel vor dem Kamin und machte keine Anstalten, das Zimmer zu verlassen. Sie lehnte an der Wand und wurde zunehmend nervös. Er erwartete doch wohl nicht, dass sie sich ihm zu Füßen legte. Sie brach das Schweigen. „Und du? Genießt du sie?“
„Na ja. Es ist nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe, aber was soll’s.“
„Du hattest Vorstellungen von einer Hochzeitsreise? – Aber du wolltest doch nie heiraten!“
„Ins Schwarze getroffen!“, sagte er bitter. „Nun bin ich aber verheiratet, und ich finde die Hochzeitsreise ziemlich enttäuschend.“ Er beugte sich vor und stocherte mit dem Schüreisen im Feuer.
Emily schluckte trocken. Musste sie darauf antworten? Nein, gewiss nicht. Doch sie konnte ihre Zunge nicht im Zaum halten. Ihre Neugier war zu groß. „Was findest du enttäuschend?“
Er ließ den Schürhaken auf die Erde fallen, stand auf und war mit zwei großen Schritten bei ihr. Sie spürte die Wärme seines Körpers, sie roch die salzige Luft, die noch auf seiner Haut lag. Sie hörte das trockene Holz im Feuer knacken und wartete.
Er schaute sie mit glühenden Augen an. „Willst du wirklich wissen, was ich vermisse?“ Er legte ihr beide Hände auf die Schultern und drückte sie gegen die Wand. „Gut, dann werde ich es dir zeigen.“
Sie wusste, was passieren würde, und unternahm trotzdem nichts dagegen. Im nächsten Moment zog er sie an seine Brust, so fest, dass sie kaum atmen konnte. Seine muskulösen Oberschenkel hielt er gegen ihre Beine gepresst. Sie war gefangen, und die Hitze tief in ihr breitete sich aus wie ein Flächenbrand. Vielleicht hätte sie das Feuer löschen können. Ihn fortschieben, sich befreien. Aber sie tat nichts dergleichen. Warum auch? Sie war frisch verheiratet und auf Hochzeitsreise. Sie würde nie wieder eine machen, nie wieder heiraten. Ben war ihr Mann, wenn auch nur für ein Jahr.
Mit einem Seufzer gab sie sich geschlagen, legte die Arme um seinen Hals und gab der Versuchung nach. Wie oft in den vergangenen Jahren hatte es sie danach verlangt, ihm durchs Haar zu streichen? Nun tat sie es. Wie oft hatte sie sich zusammenreißen müssen, damit die Gefühle sie nicht überwältigten. Nun brachen sie wie eine Welle über ihr zusammen und drohten sie fortzuschwemmen.
War es richtig, sich so gehen zu lassen? Ja, es war richtig. Sie wollte nur noch fühlen, schmecken, schauen. Nur dieses eine Mal. Sie war so lange vernünftig gewesen. Schrecklich lange. Hatte ihre Gefühle verleugnet, ihren Stolz beiseitegeschoben, eine Maske getragen. Nun brannte ihre Haut. Ihr Nachthemd verschob sich, rutschte höher, und doch war es ihr letzter Schutz. Das bisschen Seide und ihre Willenskraft, die immer schneller dahinschmolz.
Das schiere sexuelle Verlangen ergriff sie und ließ ihre Knie weich werden. Wenn er sie nicht in seinen Armen gehalten hätte, wäre sie zu Boden geglitten. Du darfst nicht nachgeben, sagte eine innere Stimme. Du wirst es später bereuen. Er will dich nur für eine Nacht. Höchstens für ein Jahr. Aber Emily hörte nicht hin. Sie lauschte den Worten, die Ben ihr ins Ohr flüsterte. Er sagte ihr, dass sie schön sei. Sie glaubte ihm nicht, aber sie wollte ihm glauben.
„Emily, was machst du mit mir? Wo warst du die ganzen Jahre?“ Seine Zunge spielte mit ihrem Ohrläppchen. „Wo hatte ich meine Augen, dass ich dich nicht erkannte?“
Seine Lippen näherten sich ihrem Mund. Sie waren hart und hungrig. Sein Kuss offenbarte all die zurückgehaltene Leidenschaft. Als sie ihn wiederküsste, verströmte ihr Kuss die verborgene, drei Jahre lang unterdrückte Sehnsucht. Er schaute sie an, die Augen fast schwarz vor Verlangen. „Ich wusste nicht … Ich hätte nicht einmal im Traum daran gedacht … all die Jahre“, murmelte Ben mit rauer, gequälter Stimme.
Er begehrte Emily. Er begehrte sie mehr, als er für möglich gehalten hatte. Mit der Zunge streichelte er die Konturen ihrer Lippen. Sie ließ es geschehen. Dann küsste er sie.
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