Julia Gold Band 51
Ereignisse einfach zu weit und zu hässlich entwickelt, als dass sie beide noch länger an unrealistischen, romantischen Idealen festhalten konnten.
„Ich kann lernen, ohne deine Liebe zu leben“, sagte sie heiser. „Ich kann sogar leben, ohne dass man mich respektiert!“ Hatte sie das nicht während der zwei Jahre ihrer Affäre mit Raschid bewiesen? „Aber ich habe entdeckt, dass ich nicht mit Hass leben kann.“
Raschid seufzte. „Mein Vater hasst dich nicht. Er hat dich lediglich als Pfand betrachtet in der Schlacht, die er gegen mich führte.“
„Und das rechtfertigt es, ja?“, fragte Evie gekränkt.
„Nein“, räumte er ein.
„Außerdem war ich gar nicht das wirkliche Pfand, sondern mein Baby.“
„Unser Baby“, verbesserte Raschid sie energisch.
Doch Evie schüttelte den Kopf. „Egal, wie du es auch bemäntelst, Raschid, dein Vater wollte, dass dieses Baby stirbt. Und das kann ich nicht verzeihen. Ich weigere mich, das zu verzeihen! Deshalb ist dieses Baby, was deinen Vater betrifft, tot. Ich werde dich nicht als seinen Vater benennen, und es wird auch nicht deinen Namen tragen. Ich werde sein Leben nicht noch einmal riskieren.“
„Und ich habe dabei kein Wort mitzureden?“
„Wenn dir das Wohl dieses Kindes etwas bedeutet“, sagte Evie müde, „dann wirst du das Richtige für es tun und vergessen, dass du es gezeugt hast.“
Raschid schwieg lange. Königlich stand er da, den Kopf hoch erhoben, das schöne, markante Profil verschlossen und unnahbar, obwohl Evie wusste, dass sie ihn mit ihren harten Worten mitten ins Herz getroffen hatte.
„Dann sei es so“, sagte er unvermittelt und wandte sich zur Tür.
Das unerwartete Eingeständnis seiner Niederlage traf Evie wie ein Schock, der sie ihrer mühsam bewahrten Fassung beraubte. „Raschid – nein!“, schrie sie verzweifelt auf.
Er fuhr herum, aschfahl im Gesicht, und kam zu ihr zurück. Seine goldbraunen Augen funkelten leidenschaftlich. „Das wollte ich auch meinen! Ich bin ein Teil von dir – wag es ja nicht, mich noch einmal so wegzuwerfen!“
Doch sie hatte ihm bereits die Arme um den Nacken gelegt und hielt ihn fest, als er sich zu ihr aufs Bett setzte. „Und jetzt reden wir vernünftig miteinander“, sagte er, wobei er ihr Gesicht so drehte, dass sie ihn ansehen musste. „Denn wenn du glaubst, ich hätte so viel riskiert, nur um mich dann deiner plötzlichen Feigheit geschlagen zu geben, dann kennst du mich noch nicht gut genug!“
Evie schmiegte sich an ihn und schluchzte: „Aber was dein Vater getan hat, war unverzeihlich!“
„Dann verzeihe ihm nicht!“, entgegnete Raschid fest. „Aber du wirst mich heiraten, Evie! Voller Stolz und in aller Öffentlichkeit. Wir werden unser Kind zusammen großziehen, und es wird meinen Namen tragen!“
10. KAPITEL
„Du siehst wunderschön aus, Evie“, sagte ihr Bruder rau. „Raschid kann sich wirklich glücklich schätzen.“
Wirklich? Während Evie sich im Spiegel betrachtete, fragte sie sich, ob Raschid sich tatsächlich glücklich schätzen konnte, sie heute zu heiraten.
Oh, als Scheich Raschid Al Kadah seine bevorstehende Heirat mit Evangeline Delahaye vor drei Wochen der Weltpresse angekündigt hatte, hatte er nicht oft genug betonen können, was für ein großes Glück es für ihn sei, eine solche Frau gefunden zu haben. Aber war er auch wirklich glücklich in Anbetracht der Tatsache, wie viel er durch seine Heirat mit ihr riskierte?
Und war sie, Evie, glücklich? Nur weil ihr vor drei Wochen bewusst geworden war, dass sie Raschid einfach nicht gehen lassen konnte, bedeutete das noch lange nicht, dass sich damit ihre sämtlichen Sorgen und Bedenken erledigt hatten.
Nun stand sie hier, in ihrem alten Schlafzimmer in Westhaven, allein mit ihrem Bruder, weil der Rest der Familie bereits auf dem Weg zum Standesamt war, wo sie, Evie, in weniger als einer Stunde Raschid heiraten würde. Und ihre Bedenken meldeten sich zurück. Allein schon der Sicherheitskordon, den er um Westhaven hatte ziehen lassen, nachdem sie sich nach ihrem Krankenhausaufenthalt entschlossen hatte, sich in Westhaven zu erholen, beunruhigte sie.
Seltsam, in den zwei Jahren ihrer Affäre mit Raschid hatte sie zwar immer gewusst, dass er ein reicher und einflussreicher Mann war, doch er hatte seinen Reichtum nie in so dramatischer Weise zur Schau gestellt. Sogar Julian wurde nicht ohne Ausweis auf sein eigenes Anwesen gelassen!
Die Presse war begeistert, Evies Mutter tat ihr Bestes, es
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