Julia Gold Band 51
wollen nur kurz auf den See, und es wird nicht viel los sein, bevor die Sonne aufgeht. Jalal kommt jedenfalls zurecht. Er wird dich nicht brauchen, aber es wäre schon gut, wenn du da bist.“
Clio zögerte. In dem Moment kam Rosalie herübergelaufen, die mit Isabel gerade einige Handarbeiten gemacht machte.
„Clio, mir macht es nichts aus, im Bootsverleih auszuhelfen!“, erklärte sie und bemühte sich um einen gleichmütigen Ton. Doch ihr erwartungsvolles Gesicht verriet sie.
Clio wollte eigentlich nicht zwei Stunden mit Jalal verbringen. Am Bootsverleih würde nicht viel los sein, und sie wären praktisch allein. Doch dann wägte sie ab, was diese zwei Stunden bei Rosalie bewirken könnten, sollte sie die Zeit mit Jalal verbringen.
Entschlossen löste sie die Bänder ihrer Schürze und legte sie zu Rosalies offensichtlicher Enttäuschung ab. „Danke, Rosalie, aber Jalal hat nicht genügend Erfahrung, und du auch nicht. Du kannst hier für mich einspringen. Wenn es Probleme gibt, schickst du Arwen zu Mom in den Laden, ja?“
Rosalie machte ein langes Gesicht. Aber sie nickte wortlos. Wenn du wüsstest, dass ich dir damit nur einen Gefallen tue, sagte Clio ihrer Cousine im Stillen. Schließlich hatte sie selbst erlebt, was es hieß, unglücklich verliebt zu sein.
Nervös folgte sie Ben zum Anlegesteg. Zwei Männer standen dort an einem der Boote, aber es war Jalal, nicht ihr Vater, der sich an Bord befand und die Angelausrüstung einlud. Clio blinzelte verwundert und blieb stehen. Irgendwie kam ihr das Ganze vor wie eine Szene aus einem Film. Zwei dunkelhaarige, dunkelhäutige Männer in blauen Geschäftsanzügen standen zwischen den Sachen der Anglerausrüstung auf dem Anlegesteg und wirkten so deplatziert, als wären sie geradewegs vom Mars gekommen.
„Ben, wer ist das?“, flüsterte sie.
Aber Ben war schon vorgestürmt. „Großartig! Jalal fährt mit ihnen raus. Jalal!“, rief er. „Fährst du raus?“
Jalal verstaute geschickt die Ausrüstung. Er schaute auf und nickte. „Ja, ich fahre mit ihnen raus.“
Er scheint sich in dieser Umgebung wie zu Hause zu fühlen, dachte Clio verwundert. Vielleicht liegt ihm das Bootsfahren.
„Toll! Dann kann ich mitkommen. Clio springt solange für mich ein!“, rief Ben, sprang an Bord und fasste gleich eifrig mit an.
Einer der beiden Männer wandte sich an den anderen und sagte etwas, das Clio nicht verstand.
„Der Junge kann nicht mitkommen“, übersetzte der Mann an Jalal gewandt. „Niemand kommt mit. Nicht genug Platz.“
Jalal schaute gleichmütig von einem zum anderen. „In Ordnung“, erwiderte er.
Niemand kann merken, was du wirklich denkst, dachte Clio und bewunderte Jalals Gelassenheit.
Der Kunde hat immer recht, aber es war das erste Mal, dass ein Kunde die Hilfe einer kostenlosen Arbeitskraft ablehnte. Ben nickte betrübt, half die letzten Sachen mit zu verstauen und kletterte wieder aus dem Boot.
Die beiden Männer bestiegen ziemlich ungelenk das Boot und zogen auf Jalals Anweisungen eine Rettungsweste über ihre Anzugsjacke. Jetzt sahen sie noch lächerlicher aus.
Sie tragen sogar glänzende Lederschuhe, bemerkte Clio amüsiert und schaute zu, während Ben Jalal die Taue zuwarf und das Boot mit dem Fuß anstieß.
Jalal legte den Gang ein und steuerte vom Anlegesteg weg.
Plötzlich musterten die Männer Clio beinahe auffallend unhöflich, und einer der beiden sagte etwas zu dem anderen, bei dem sie eine Gänsehaut bekam, obwohl sie die Worte nicht verstanden hatte.
Ein Muskel bewegte sich in Jalals Kiefer. Jalal wendete das Boot etwas zu scharf und zu schnell. Die beiden Männer verloren ihr Gleichgewicht und hielten sich aneinander fest. Dann schoss das Boot auf den See hinaus. Clio starrte ihm nach und konnte sich eines Verdachts nicht erwehren.
Die Männer und Jalal hatten zwar so getan, als sei die einzige Sprache, in der sie sich verständigen könnten, Englisch, aber sie war fast sicher, dass die zwei Männer Arabisch gesprochen hatten.
Bestimmt hatte Jalal jedes Wort verstanden. Und obwohl sie sich anders verhielten, wussten diese Männer das auch.
Wer waren die beiden? Was hatten sie mit Jalal zu schaffen?
„Jalal, das kann ich nicht!“
Clio erstarrte und lauschte auf mehr, unsicher, ob sie sich nicht verhört hatte. Ihr Herz begann zu jagen.
Sie hatte einen langen, anstrengenden Tag hinter sich. Eine der Aushilfen war nicht zur Spätschicht gekommen, und sie hatte nach einem vollen Arbeitstag in der Eisdiele für
Weitere Kostenlose Bücher