JULIA HOCHZEITSBAND Band 19
was ihr Unbewusstes ihr ständig zuflüsterte.
„Max …“
„Ich hatte kein Recht“, wiederholte er, diesmal ein wenig drängender, sodass sie sich insgeheim fragte, wen er eigentlich überzeugen wollte.
Es war nur fair, wenn sie sich zu ihrer eigenen Verantwortung bekannte. „Ich auch nicht“, bekräftigte sie. „Ich bin alles andere als unschuldig.“
Max drehte sich zu ihr. „Du kannst nichts dafür.“
Noch nie hatte Dayle ihn so erlebt, so offen, so aufrichtig und wahrhaftig. Er spielte nicht länger Theater mit ihr, überlegte nicht mehr lange vorher, welche Wirkung er mit seinen Worten und Gesten bei anderen erzielen würde.
Max hatte die Maske fallen lassen und zeigte sich verletzbar. Früher schon hatte Dayle den Mann für gefährlich gehalten; aber jetzt brachte er sie schier um den Verstand. So ging es ihr jedenfalls durch den Kopf, bevor er wieder das Wort ergriff. „Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich nur kurz die Beherrschung verloren habe. Aber das stimmt nicht. Die Wahrheit ist, dass ich dich schon seit langer Zeit küssen will.“
Ihr Herz wollte sich beinahe überschlagen. Schuldgefühle? Ein schlechtes Gewissen? Dayle nestelte an dem Verlobungsring an ihrem Finger. Bitte, bitte, lass es Schuldgefühle sein, flehte sie lautlos.
„Venedig ist wirklich eine sehr romantische Stadt“, begann sie.
Max schaute sie direkt an. „Schon vor unserer Reise nach Venedig“, widersprach er heiser, „lange vorher.“
Wieder drehte Dayle an ihrem Ring, bevor sie die Hand zu einer Faust ballte. Der Diamant schnitt ihr in die Haut. „Aber … aber ich bin doch verlobt.“
„Ich weiß.“ Max fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Glaub mir, Dayle, das ist mir nicht entgangen.“ Er zog zwar die Mundwinkel hoch, aber seine Augen lächelten nicht. „Du sollst aber auch wissen, dass du die einzige Frau bist, die jemals den Wunsch in mir geweckt hat, ein besserer Mann zu sein.“
Dayle runzelte die Stirn. „Ich … ich weiß nicht, was das heißen soll.“
„Ich wünschte, ich wäre gut genug für dich.“ Max schüttelte den Kopf. „Bitte entschuldige.“ Noch bevor sie ihm antworten konnte, machte er kehrt und ging über das Kopfsteinpflaster davon.
Wieder wollte Dayles Herz sich beinahe überschlagen, als sie ihm nachschaute. Plötzlich wusste sie, wie sie das Gefühl nennen sollte, das die wilden Kapriolen verursacht hatte. Es waren keine Schuldgefühle. Nein. Auch kein schlechtes Gewissen.
Die Frage war nun: Was sollte sie damit anfangen?
Max schimpfte auf sich ein, dass er ein Feigling sei und sich noch dazu ziemlich unritterlich verhielt. Er ließ Dayle allein im Hotel zurück und hatte ihr nichts als ein paar entschuldigende Worte auf einen Zettel geschrieben. Außerdem hatte er das Geld dazugelegt, das sie für ihre Rückreise nach New York brauchen würde. Er musste fort, bevor er noch einmal mit ihr sprechen konnte. Hatte er nicht sowieso schon viel zu viel gesagt?
Der Schmerz saß ihm tief in der Brust. Er verzichtete auf Tabletten, verzichtete auch darauf, sich ständig vor sich selbst zu rechtfertigen. Denn jetzt wusste er, woran es lag.
Max war immer entschlossen gewesen, sich emotional nicht auf Frauen einzulassen, und hatte sich immer eingeredet, dass es das Beste für sie sei. Er hielt sich für einen überzeugten Junggesellen und für einen waschechten Kinnick. Er war wie sein Vater. Oder etwa nicht?
Außerdem hatte er es sich zur festen Regel gemacht, niemals eine Frau zu betrügen. In jeder Beziehung war er treu gewesen, ganz egal, wie zufällig und kurzlebig sie auch gewesen war. Aber was, wenn es doch nur sein eigenes Herz war, das er in all den Jahren davor hatte schützen wollen, gebrochen zu werden? Nun, wenn das wirklich der Fall war, schien das Schicksal im Moment seinen Spott mit ihm zu treiben. Denn in diesem Moment brach ihm das Herz.
Kaum war Max wieder im Hotel angekommen, griff er zum Telefon, um noch irgendeinen Flug vom Marco-Polo-Flughafen aus zu erwischen. Das Ziel spielte keine Rolle. Während er auf den Rückruf wartete, begann er, seine Taschen zu packen. Abrupt hielt er inne, als er es an der Tür klopfen hörte. Dayle.
Natürlich wusste er, dass es sich um sie handeln musste. Aber er öffnete nicht. Ein paar Sekunden später entdeckte er ein Blatt Papier auf dem Teppich, das sie unter der Tür hindurchgeschoben haben musste.
Max,
wir müssen reden. Bitte komm in meine Suite, wenn du wieder im Hotel bist. Ich warte auf
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