JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
ihm war im Gegensatz zu ihr ein Ausschlag ausgebrochen, wie die hochgeschobenen Ärmel seines Sweatshirts erkennen ließen. Dazu trug er hautenge abgewetzte Jeans, und seine Füße waren nackt.
Sie zwang sich, die Aufmerksamkeit von ihm abzuwenden. Durch die hohen Fenster war der Grand River zu sehen, der im Sonnenschein glitzerte. Die Aussicht der Wohnung war atemberaubend und die Lage gleich um die Ecke vom Krankenhaus hervorragend. Kein Wunder, dass er eigentlich bleiben wollte. „Josh hat mir gar nicht erzählt, dass du nach Cloverville ziehst.“
„Ja und? Sag mir lieber endlich, warum du denn nun sauer auf mich bist.“
Es fiel ihr schwer, sich zu erinnern. Diese hellgrünen Augen blickten sie so gefühlsgeladen an, dass sie den Faden und jedes Zeitgefühl verlor. Schließlich fiel ihr der Stein des Anstoßes wieder ein. „Du hast den Colonel repariert.“
„Das war Dad, nicht ich“, entgegnete er lapidar. Er beugte sich über den Umzugskarton und ignorierte sie – wie all die letzten Jahre im Krankenhaus.
Mit einem wütenden Fußtritt stieß Colleen den Karton fort.
Um Nicks Mundwinkel zuckte es. „So sauer bist du, weil ich den Colonel habe reparieren lassen?“
„Nein!“
„Dann verstehe ich gar nichts mehr.“
„Ich erst recht nicht! Warum hast du mir nicht von deiner Mom erzählt? Und von deiner Kindheit?“ Tränen brannten in ihren Augen. Sie blinzelte heftig. „Du brauchst nicht zu antworten. Ich weiß es schon. Du wolltest mich nicht in dein Leben lassen. Ich sollte dir nicht näherkommen.“
„Stimmt.“
Dass er sie nicht belog, hätte sie besänftigen sollen. Doch es lenkte nur ihren Zorn von ihm gegen sich selbst. Weil sie so dumm war und sich trotz aller Warnungen in ihn verliebt hatte.
„Immerhin habe ich dir von meinem Bruder erzählt. Und das ist das Härteste, was ich je verkraften musste. Meine Mom kannte ich nicht mal. Es war nicht so wie bei dir, als du deinen Dad verloren hast. Ich war noch ein Baby.“
„Wie ist sie denn gestorben?“
„Bei einem Autounfall.“
Colleen nickte bedächtig. Nun verstand sie immer mehr, warum er Arzt geworden war.
„Wie gesagt, ich erinnere mich nicht. Aber mein Dad hat es mir erzählt, sobald ich alt genug war.“ Er schluckte schwer. „Bruce und ich waren mit ihr im Auto. Es überschlug sich und blieb auf dem Dach liegen, aber der Motor lief noch und Benzin lief aus. Bruce hatte ein gebrochenes Bein, aber er konnte sich aus dem Wrack befreien und mich rausholen, obwohl es lebensgefährlich war. Zu Mom hat er es dann nicht mehr geschafft. Er hätte ihr wohl auch nicht helfen können. Er war selbst noch ein Kid – gerade erst zehn.“
Tränen rannen Colleen über die Wangen. Kein Wunder, dass Nick seinen großen Bruder wie einen Helden verehrte und zutiefst bereute, dass es ihm nicht gelungen war, sich für die Lebensrettung zu revanchieren. „Es tut mir leid. Ich weiß, wie weh es tut, ein Elternteil zu verlieren.“
„Ich nicht“, entgegnete er schroff, wie um ihr Mitgefühl abzutun. „Man kann nicht vermissen, was man nicht kennt.“ Obwohl ein wehmütiger Unterton in seiner Stimme mitschwang, grinste er. „Und mein Dad ist ja noch da. Er ist was ganz Besonderes. Na ja, du hast ihn ja kennengelernt.“
Sie lächelte. Auf dem Weg aus der Stadt hatte sie ihn bei Mrs. Hild im Blumengarten gesehen. Die Wangen der alten Dame hatten geglüht – vermutlich nicht von körperlicher Arbeit im Beet. „Er ist sehr charmant.“
Nick grinste. „Jetzt weißt du, woher ich das habe.“
„Was denn?“, neckte sie.
Er legte ihr die Hände auf die Taille, doch anstatt sie an sich zu ziehen, kitzelte er sie, bis sie sich ihm kichernd entwand. „Also, ist deine Wut auf mich verraucht?“
„Nein. Ich bin noch lange nicht fertig mit dir.“
„Das hoffe ich doch“, murmelte er ernst.
Sie holte tief Luft. „Ich lasse mich von dir nicht länger davon abhalten, im Krankenhaus zu arbeiten.“
„Das hatte ich nie vor.“
„Du weißt genau, dass du mir keine Wahl gelassen hast“, widersprach Colleen. „Wenn ich aufgetaucht wäre, hättest du gedacht, dass ich es auf dich abgesehen habe, dass ich mir einen Doktor angeln will.“
„Tut mir leid, dass ich dir das unterstellt habe. Ich weiß, dass es nicht so ist.“
„Dann irrst du dich wieder mal. Ich will nämlich einen Doktor.“
Überrascht zog er die Augenbrauen hoch.„Und das soll heißen?“
„Ich will dich.“
Mit angehaltenem Atem wartete Colleen auf eine
Weitere Kostenlose Bücher