JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
Mit seinen dunklen Augen blinzelte er Lara zu.
Abbys Herz klopfte. Doch das lag sicher nur daran, dass sie hier war – weniger als eine Stunde Autofahrt von Cloverville entfernt.
„Aber wir sollten jetzt wirklich versuchen, noch rechtzeitig zur Probe zu kommen, damit wir morgen wissen, was wir tun müssen. Und nach der Probe werden wir alle zusammen bei Mr. und Mrs. Kelly zu Abend essen. Den beiden gehört die Bäckerei, und sie haben immer eine Menge wunderbarer Leckereien da. Bei ihnen gibt es zum Beispiel die köstlichsten Kekse der Welt.“
Lara zog an Abbys Hand. „Kann ich einen von diesen Keksen haben, Mommy?“
Abby nickte. Die Probe und das Abendessen würden zwar erst nach Laras gewöhnlicher Schlafenszeit zu Ende sein, doch zum Glück hatte Zucker auf Lara nicht die gleiche Wirkung wie auf ihre Mutter.
„Ich hole dann mal eure Koffer“, erklärte Clayton und machte sich auf den Weg zum Gepäckband.
Abby eilte ihm nach. Es widerstrebte ihr, seine Hilfe anzunehmen. Warum nur hatte sie nicht darauf bestanden, sich einen Mietwagen zu nehmen? Doch Brenna Kelly, die Erste Brautjungfer, war dagegen gewesen. Sie hatte darauf beharrt, dass es schneller und unkomplizierter sein würde, wenn irgendjemand Abby vom Flughafen abholte. „Ich kann unsere Koffer selber holen, Clayton. Du weißt doch gar nicht, wie sie aussehen!“
„Nun ja, vermutlich sind es die beiden letzten, die noch übrig sind“, entgegnete er grinsend und ging weiter zum Gepäckband.
Wütend ballte Abby ihre Faust und wünschte sich sehnlichst, etwas in der Hand zu haben, das sie ihm an den Hinterkopf werfen könnte. Clayton McClintock war ihr schon immer unglaublich auf die Nerven gegangen mit seinem überheblichen „Ich habe alles unter Kontrolle“-Benehmen. Warum hatten ihre Freundinnen nur gerade ihn geschickt, um sie und Lara abzuholen? Diese Hochzeit musste allen Beteiligten den Verstand geraubt haben.
„Er ist nett, Mommy.“
Clayton McClintock besaß viele Eigenschaften. Er war voreingenommen, humorlos und verklemmt. Doch eines war er ganz bestimmt nicht: nett . Während alle anderen McClintocks ihr immer das Gefühl gegeben hatten, sie würde zur Familie gehören, hatte Clayton nie einen Zweifel daran gelassen, dass er sie für einen Eindringling hielt.
Und er hatte ja recht. Doch damals hatte Abby keine Wahl gehabt. Sie hatte kein anderes Zuhause besessen als das der McClintocks.
„Mommy?“
Sie blinzelte und sah dann zu Lara hinunter. „Was ist denn, Liebling?“
„Magst du Clayton nicht?“
Nachdenklich wandte sie sich zu ihm um und beobachtete, wie er ihre Koffer vom Gepäckband hob. Deutlich zeichneten sich seine kräftigen Muskeln unter dem T-Shirt ab. Und dann belog sie ihre Tochter zum ersten Mal.
„Natürlich mag ich ihn.“
Clayton stand nur wenige Meter von ihr entfernt, und obwohl das Gepäckband summte, konnte er jedes Wort verstehen. Er unterdrückte ein Lachen. Abby hatte ihn noch nie gemocht, und er konnte sehr gut damit leben. Sie war immer eine unerträgliche Göre gewesen.
„Ich würde die beiden nicht noch einmal wegfahren lassen“, bemerkte eine männliche Stimme hinter ihm.
Clayton blickte über seine Schulter und sah einen grauhaarigen Mann, der direkt hinter ihm stand. „Wie bitte?“
„Na, ihre Frau und ihre Tochter“, erklärte der ältere Mann und zeigte auf Abby und Lara. „Ich war mit ihnen im Flugzeug von Chicago.“
Claytons Mund war plötzlich so trocken, dass es ihm nicht gelang, dem älteren Herrn eine Antwort zu geben und das Missverständnis aufzuklären. Seine Frau und seine Tochter? Er würde niemals heiraten und erst recht keine Kinder bekommen. Diesen Plan hatte er schon vor langer Zeit gefasst, und er hatte nicht vor, ihn zu ändern.
„Trotz der Computerprobleme am Flughafen, die unseren Abflug verzögert haben, waren die beiden so nett und so geduldig. Sie sind wundervoll“, fuhr der Fremde fort. „Sie müssen ein sehr glücklicher Mann sein.“
Clayton nickte nur wortlos. Es lohnte sich nicht, Zeit mit Erklärungen zu verschwenden. Sie hatten es ohnehin schon sehr eilig. Nach dem Abendessen würde er Abby, ihre Tochter und ihre Koffer beim Haus seiner Mutter absetzen, und damit wäre er nicht länger für sie zuständig.
„Fahr langsamer, Clayton!“, zischte Abby. In beängstigender Geschwindigkeit flogen Felder, Wiesen und Bäume am Fenster des großen Geländewagens vorbei. Besorgt drehte Abby sich zu Lara um, die auf dem Rücksitz eingeschlafen
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