Julia Liebeskrimi Band 09
Anne scheu ihr Gesicht an Marys Hals presste. In diesem Augenblick fielen Mary die vier Erwachsenen ein, die mit den Mädchen gekommen waren.
Sie stand schnell auf und sagte verlegen: „Bitte entschuldigen Sie, ich weiß gar nicht, wo ich meine Manieren gelassen habe! Bitte, setzen Sie sich doch.“
„Erst müssen Sie wieder ins Bett“, gab eine der Frauen zurück.
Justine ergriff Marys Hand. „Wir helfen dir, wenn du es nicht allein schaffst, oder, Amy Anne?“
Amy Anne nickte, dann schaute sie zu ihren Eltern.
„Die Mädchen können bei mir sitzen“, sagte Mary, während sie sich wieder auf der Bettkante niederließ und die beiden auf ihren Schoß zog.
Justine schmiegte sich kichernd an sie. „So haben wir nachts geschlafen, stimmt doch, Mary, oder?“
Bei der Erinnerung schossen Mary prompt die Tränen in die Augen. „Ja, das stimmt.“
Die vier Erwachsenen umstanden ihr Bett und redeten alle durcheinander. Schließlich ergriff Michael Fountain, Amy Annes Vater, das Wort und sagte: „Wir wissen gar nicht, wie wir Ihnen danken sollen. Justine hat uns erzählt, was Sie für die Mädchen getan haben. Sie haben ihnen das Leben gerettet, und wir werden bis an unser Lebensende in Ihrer Schuld stehen.“
„Aber ich bitte Sie“, widersprach Mary. „Sie schulden mir gar nichts.“ Sie dachte an den Tag, an dem sie diesen Antiquitätenladen betreten hatte. „Früher habe ich anders gedacht, aber heute glaube ich, dass es für alles, was geschieht, einen ganz bestimmten Grund gibt. Sogar für das Schlimmste. Wir verstehen zwar nicht immer sofort, warum es geschieht, aber eines Tages werden wir es vielleicht begreifen. Ich war an demselben Ort wie Ihre Töchter, weil es mir vorbestimmt war, dort zu sein. Ich musste ihretwegen dort sein, deshalb sollten Sie besser Gott danken und nicht mir. Er ist es, der mir die Gelegenheit gegeben hat zu helfen.“
Dann umarmte sie die beiden Mädchen ein weiteres Mal und fragte: „Wisst ihr noch, was ich euch versprochen habe, wenn wir alle wieder zu Hause sind?“
Zu Marys großer Überraschung war es Amy Anne, die mit fester Stimme antwortete: „Dass wir mit Hope spielen dürfen.“
Mary nickte und erklärte dann den Eltern: „Hope ist meine kleine Tochter. Sie ist gestern sieben geworden, aber wir mussten die Feier ein bisschen verschieben. Ich habe den Mädchen gesagt, dass sie bald wieder zu Hause sein werden und dass sie dann mit Hope spielen dürfen, wenn Sie es ihnen erlauben.“
„Wir wüssten nicht, was wir lieber täten“, sagte Amy Annes Vater und fügte dann noch hinzu: „Aber jetzt sollten wir uns wohl besser verabschieden. Sie brauchen noch Ruhe, aber die Mädchen haben uns so in den Ohren gelegen, dass wir nicht anders konnten, als kurz vorbeizuschauen. Ich glaube, sie mussten einfach mit eigenen Augen sehen, dass es Ihnen wirklich gut geht.“
Mary drückte die beiden noch einmal ganz fest. „Mir geht es sogar mehr als gut.“
Anschließend tauschten sie ihre Adressen und Telefonnummern aus, und Mary versprach, sich bald zu melden. Dann verließen die Besucher das Zimmer so leise, wie sie gekommen waren.
Mary setzte sich wieder ins Bett, lehnte sich in die Kissen zurück und schloss die Augen, während sie spürte, wie sich ein Gefühl tiefer Ruhe in ihr ausbreitete und die letzten Reste von Unsicherheit vertrieb. Als sie unter ihrem Herzen eine winzige Bewegung verspürte, entschlüpfte ihr ein Seufzer des Glücks.
Ja, Baby, ich weiß, dass du da bist. Wie könnte ich das je vergessen?
Sie fuhr sich zärtlich über den Bauch, dann schloss sie die Augen und ließ sich von der Stille einhüllen. Als sie ein paar Minuten später draußen auf dem Flur Daniels vertraute Schritte vernahm, setzte sie sich auf die Bettkante und begrüßte ihn beim Eintreten mit einem Lächeln.
EPILOG
Das Treppengeländer im Haus der O’Rourkes war mit frischen Fichten- und Stechpalmenzweigen umwunden, und im Wohnzimmer glitzerten auf der fast drei Meter hohen Norfolktanne, die Daniel, Mary und Hope am Vortag geschmückt hatten, die Lichter. Der frische Tannennadelduft vermischte sich mit dem Duft der getrockneten Blüten, die Mary in einer Schale auf die Anrichte gestellt hatte. Mary saß im Schneidersitz vor dem Weihnachtsbaum auf dem Fußboden und schaute auf die Lichter. Dann wanderte ihr Blick zu einem ganz offensichtlich selbst gebastelten Weihnachtsengel, der an einem Zweig hing.
Sie hatte beobachtet, wie Hope ihn gestern Abend aus der Kiste mit dem
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