Julia Liebeskrimi Band 09
Tontechniker. Und die unscheinbare junge Frau neben ihm musste das Mädchen für alles sein, ohne das keine Crew auskam, die von Reece eingeschlossen.
Aber es war die Regisseurin, die alle Blicke auf sich zog. Auch die von Reece.
Sie lachte über irgendetwas, das einer aus ihrer Crew gesagt hatte. Ihr Haar, braun wie flüssige Schokolade, glänzend und dick, war befreit von Staub, Kletten und Knötchen, die noch am Morgen darin gehangen hatten.
Sie trug immer noch ihre Stiefel und die ausgebeulten Armeehosen. Diesmal aber hatte sie die Hose mit einem ärmellosen schwarzen Top kombiniert, das eng am Körper anlag und jede Kurve ihres Oberkörpers betonte. Das erotische Bild, das Reece vorhin durch den Kopf geschossen war, trieb umgehend an die Oberfläche und ließ sich zu seiner Verärgerung nicht so leicht wieder wegschieben wie zuvor.
Er war nicht der Einzige, dessen Gedanken sich auf Sydney konzentrierten. Arlene Chavez saß mit im Schoß gefalteten Händen und blassen Lippen da und beobachtete die vor Lebendigkeit sprühende Regisseurin. Auch ihr Ehemann ließ die atemberaubende Brünette nicht aus den Augen.
„Da sieh einer an, Klein Syd ist erwachsen geworden.“
Jamies gemurmelte Worte verloren sich fast in dem ausgelassenen Spektakel, das die Gruppe beim Hereinkommen veranstaltete. Aber Reece hörte sie dennoch. Und Arlene auch. Sie riss ihren Blick von den Neuankömmlingen los, und die Qual, die sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte, schnitt Reece ins Herz.
Verdammt! Sah Chavez denn nicht, wie seine Frau litt?
Offensichtlich nicht. Die Augen des Mannes glänzten vor Bewunderung und Eroberungsdrang. Er warf seine Papierserviette auf den Teller, stand auf und schlenderte auf die Gruppe zu.
„Sydney?“
„Ja?“
Sie drehte sich um und zuckte überrascht zusammen, aber sie fasste sich rasch.
„Hallo, Jamie.“
Er nahm die Hand, die sie ihm hinhielt, in beide Hände. „Es ist lange her.“
„Ja, das ist es.“ Sie zog ihre Hand zurück und musterte ihn mit den scharfen Augen eines Menschen, der es sich seit Jahren zur Angewohnheit gemacht hat, ganz genau hinzuschauen. „Du hast dich nicht viel verändert.“
Ob dies als ein Kompliment gemeint war, blieb offen. Jamie entschied sich für ein Grinsen.
„Du schon.“
„Freut mich, dass du es registrierst.“
„Du machst ja vielleicht Sachen! Ich habe von deinem Abenteuer letzte Nacht gehört.“
Sie schüttelte halb amüsiert, halb verzweifelt den Kopf. „In dieser Stadt spricht sich alles in Windeseile herum.“
„Zum Glück ist dir nichts passiert.“ Sein Grinsen erstarb. „Ich habe auch gehört, dass dein Vater gestorben ist. Es tut mir leid, Syd. Er war ein guter Mann.“
Von Reese’ Platz aus war ihre Erwiderung unmöglich zu verstehen. Aber sie schien weicher zu werden. Ihre grünen Augen begannen zu leuchten, ihr voller Mund verzog sich zu einem warmen Lächeln.
„Ja, das war er.“
Sie schwiegen einen Moment, zwei Menschen, in Erinnerung versunken an jemand, den sie beide gekannt hatten.
Arlene störte die Gedenkminute. Sie stand so abrupt vom Tisch auf, dass die Gläser und die Bestecke klirrten, durchquerte den Raum und nahm den Arm ihres Ehemannes.
„Ist das die berühmte Sydney Scott, von der ich schon so viel gehört habe? Warum machst du uns nicht miteinander bekannt, Darling?“
„Ja, das ist sie“, gab Jamie mit unerschütterlichem Charme zurück. „Arlene, darf ich dir Sydney vorstellen? Syd, das ist meine Frau Arlene.“
Reece fragte sich, wie die Filmemacherin mit der peinlichen Situation wohl umgehen würde. Und alle anderen in dem Café taten es auch. Lula stand, die Arme auf den Tresen aufgestützt und die Augen weit aufgerissen, da. Ein paar Gäste flüsterten miteinander, stießen sich an und deuteten mit dem Kopf auf die Dreiergruppe. Selbst Sydneys lärmende Crew schien neugierig auf den Fortgang der Dinge zu warten.
Zu Sydneys Ehrenrettung musste gesagt werden, dass sie die andere Frau freundlich anlächelte. „Davon, dass ich berühmt bin, weiß ich nichts, aber ich bin Sydney. Es freut mich, Sie kennenzulernen.“
Damit schien Arlene sich nicht zufriedengeben zu können. „Soviel ich weiß, waren Sie und mein Mann, sagen wir, eng befreundet.“
In dem Café wurde es totenstill. Sydneys Auflachen füllte die Leere. „Sie meinen wohl, dass ich mich seinetwegen zum Narren gemacht habe. Ich nehme an, die meisten jungen Mädchen machen so eine hoffnungslos romantische Phase durch.
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