Julia Liebeskrimi Band 09
hier nicht langweilen. Außerdem war es ja nicht für ewig. In spätestens einem halben Jahr wäre Mrs. Peet sicher wieder auf dem Posten.
Warum nicht einmal etwas riskieren? Schließlich konnte sie ihre Entscheidung immer noch widerrufen.
„Es würde mich sehr freuen, hier zu arbeiten“, hörte sie sich sagen und ignorierte Raleighs Stirnrunzeln. Wieso küsste er ihr erst die Seele aus dem Leib und versuchte im nächsten Moment, ihren Job zu boykottieren? „Ich kann Ihnen versichern, dass ich gute Arbeit leisten werde.“
„Einen Moment mal.“ Raleigh trat vor. „Wyatt, Sie haben mir Einstellungsbefugnis erteilt.“
„Nur solange ich in der Stadt bin“, erwiderte der Rancher. „Und jetzt bin ich ja wieder da. Sie haben den Job, Molly.“ Sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Brüsten hinab und verweilte dort so ungeniert, dass es ihr kalt den Rücken hinunterlief.
Raleigh, plötzlich nicht mehr Verräter, sondern Verratener, war Gentleman genug, um ihr anerkennend zuzunicken. Im Gegenzug bedachte sie ihn mit einem vernichtenden Blick.
„Wird’s nicht allmählich Zeit für Ihre nette kleine Rede?“, fragte er augenzwinkernd. Sie hielt seinem spöttischen Blick tapfer stand. „Der Vortrag über Ihre beruflichen Qualifikationen“, drängte er. „Das ermahnende Wort.“
„Keine Sorge, das halte ich für den Notfall auf Lager“, erwiderte sie mit einem zuckersüßen Lächeln.
„Also dann, Miss Molly“, meinte Raleigh gedehnt, „willkommen auf der Triple Eight Dude Ranch.“ Der Blick aus seinen hellblauen Augen bohrte sich in die ihren. „Ich hoffe, Ihre Zeit hier wird Ihren Vorstellungen entsprechen.“
„Und das hat er so gesagt, als wünschte er mich zur Hölle“, erklärte Molly später ihrer Freundin Grace, als sie auf der Goldstream-Ranch zurück war.
„Zur Hölle?“ Grace Farrow kräuselte die Nase. „Das Gegenteil kommt mir eher wahrscheinlich vor.“
„Das ist es ja gerade.“ Molly nahm einen Arm voll Kleidung aus ihrem Schrank. „Ich weiß einfach nicht, woran ich bei ihm bin. In einem Moment ist er der perfekte Film-Cowboy, und dann wiederum …“
„… küsst er dich!“, rief Grace aufgeregt aus und ließ sich mit dem Rücken auf das weiche Bett fallen. Molly tat es ihr gleich. Wenn sie an Raleighs Kuss zurückdachte, empfand sie tief im Innern dieselbe Aufregung wie ihre Freundin. Doch nach außen hin wagte sie das nicht zu zeigen, aus einer Art abergläubischer Furcht heraus. „O Grace, ich bin so …“ Ein glückliches Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, und sie legte rasch die Hand auf den Mund.
Grace umarmte sie. „Du hast deinen Cowboy gefunden, Mol! Und zwar einen mordsmäßig tollen Typen!“
Molly lachte. „Nur nicht gleich voll auf die Tube drücken. Ein Kuss macht noch keine Liebesaffäre.“
„Zumindest ist es ein Anfang.“
„Bleibt nur die sonderbare Kleinigkeit, dass er mich als Bewerberin für den Job abgelehnt hat.“
Grace nickte. „Ich gebe zu, das ist tatsächlich etwas merkwürdig. Aber erzähl mir noch mal alles über den Kuss. Zuerst hat Mr. Wonderful was gesagt?“
„Oh, du!“ Molly stand auf und drückte ihrer Freundin einen Berg Pullover in die Hand, damit sie diese zusammenlegte. „Hier, beschäftige dich lieber, und schlag dir mal für fünf Minuten die Cowboys aus dem Kopf.“
Sie fuhr mit dem Packen fort. Sie verstaute ihre Kleider in einem Kleidersack. Wenn die Saison erst mal eröffnet war, würde sie die bestimmt brauchen. Doch bis dahin lag noch ein gutes Stück Arbeit vor ihr, um die Lodge auf Vordermann zu bringen. Aber Arbeit war genau das, wonach sie sich sehnte, das wurde ihr mit einem Mal bewusst. Vorarbeiter Raleigh Tate war nicht der einzige Grund, warum sie den Job angenommen hatte.
Er war nur der Bonus.
Und was für einer!
„Meine Eltern glauben bestimmt, bei mir ist eine Schraube locker. Von Connecticut nach New York umzuziehen, das konnten sie ja noch verstehen, aber Wyoming? Wie kann ich ihnen je Wyoming erklären?“
„Lade sie einfach nächstes Frühjahr hierher ein. Shane sagt, die Landschaft ist wunderschön, sobald es erst mal warm wird. Aber egal, es ist dein Leben, Mol. Wenn du Superman haben willst, dann zögere nicht, und angle ihn dir.“
„Ich konnte nichts tun. Der Pick-up vor mir hat abrupt die Spur gewechselt. Dazu noch die glatte Straße … Es war nicht meine Schuld, Agent Tate, Sir!“
„Nein“, musste Raleigh zähneknirschend eingestehen. Er konnte Jammerlappen zwar
Weitere Kostenlose Bücher