Julia Liebeskrimi Band 09
zuzugeben, dass Molly dafür verantwortlich war. Als sie ihn gefragt hatte, ob er mit zur Talentshow komme, hatte er, ohne zu überlegen, zugesagt. „Außerdem habe ich neue Hinweise. Es ist dringend.“
Stankle salutierte förmlich. „Ja, Sir!“
Er stützte die Hände an der Wand ab und beugte sich vor, um ihr die neuesten Neuigkeiten zuzuraunen: Etta Sues Ehe mit – und Scheidung von – Rip Lawless. Ihr zweiter Frühling. Rip war von Anfang an die mögliche Kontaktperson zwischen Wyatt und Leonardo gewesen. Durch Etta Sues Beteiligung verstärkte sich dieser Verdacht noch.
Stankle fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Da häng’ ich mich gleich dran, Sir.“
Einige Frauen passierten die Nische auf dem Weg zur Damentoilette. Kichernd gaben sie ihre Kommentare zu Raleighs kompromittierender Pose ab. Dieser drehte den Kopf zur Seite, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden.
Sein Blick fiel auf Stankles polierte Stiefel, die indigoblauen Jeans und die Bluse im Western-Look. „Auch schon im Western-Fieber, Stankle?“
„Undercover, Sir. Ich versuche, mich anzupassen.“
Raleigh berührte ihren mit Silberplättchen und Türkisen besetzten Gürtel. „Spesen?“
„Aber Sie haben sich doch auch mit dem nötigen Outfit ausgestattet!“, ereiferte sie sich. Sie lief rot an vor Aufregung. „Da dachte ich, …“
Er drückte ihr den Hut auf den Kopf. „Schon gut, Stankle, beruhigen Sie sich. Hab nur Spaß gemacht.“
Erleichtert richtete sie auf. „Ja, Sir, natürlich. Ich verschwinde jetzt, um den neuen Hinweisen nachzugehen. Sobald ich … Oh!“ Plötzlich zuckte sie zusammen und starrte über Raleighs Schulter hinweg.
Wie in Zeitlupe drehte er sich um. Zum Ausweichen blieb ihm keine Zeit mehr. Der eiskalte Inhalt eines Longdrinkglases traf ihn mitten im Gesicht. Er sog scharf die Luft ein und wischte sich mit dem Handrücken das Gesicht ab. „Molly?“, fragte er ungläubig.
„Für Sie, Miss Broome.“ Die sonst so ruhige Molly schleuderte unbeherrscht das Glas zu Boden, sodass es in tausend Scherben zerbrach. „Was glotzen Sie so?“, fuhr sie Stankle an, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Menge.
Grace Farrow tätschelte Raleigh gönnerhaft die Schulter. „Keine Sorge, Cowboy. Wenn Sie Molly Broome dazu gebracht haben, sich wie eine Furie aufzuführen, muss es Liebe sein.“
Molly starrte aus dem Küchenfenster hinaus in die Nacht, die genauso düster war wie ihre Stimmung. Sie hob drohend das Brotmesser, wobei sie ihr Spiegelbild im Fensterglas betrachtete. Molly Broome, Mörderin.
Energisch spießte sie das Messer in einen Laib selbst gebackenen Brotes und begann zu schneiden. Irgendetwas stimmte mit ihrer Motorik nicht. Sie brachte keine gleichmäßig dicken Scheiben zustande.
Na gut. Sie tauchte die Spitze des Messers in ein Riesenglas Erdnussbutter und bestrich eine der Brotscheiben großzügig mit dieser Kalorienbombe. Das Brot zerbröselte. Sie versuchte es mit einer weiteren Scheibe, die in der Mitte auseinanderbrach. Seufzend pappte sie beide Hälften zusammen und setzte sich.
Ein einziger Bissen war alles, was sie herunterbrachte. Normalerweise reagierte sie auf emotionalen Stress mit einer regelrechten Fressorgie, aber diesmal hatte sie keinen Appetit. Heftige Gewissensbisse füllten die Leere in ihrem Bauch.
Gewissensbisse und … Eifersucht.
Die Gewissensbisse hatte sie erwartet. Sie war nicht der Typ, der sich von ihrer Wut mitreißen ließ. Mal ehrlich – einem Mann den Drink ins Gesicht schütten? Wie aus einer Seifenoper.
Ein Lächeln stahl sich um ihre Lippen.
Vielleicht fielen die Gewissensbisse nicht ganz so heftig aus, wie man es von einem so netten und vernünftigen Mädchen wie Molly erwarten konnte.
Und dann war da noch die Eifersucht. Ein weiterer Aspekt. Molly konnte sie immer noch spüren, sie durchfuhr ihren ganzen Körper wie ein elektrischer Schlag. Jedes Mal, wenn sie an Raleigh dachte, wie er da über seine kleine Freundin gebeugt stand und in zärtliches Liebesgeflüster ausbrach …
Eifersucht, so verheerend wie Starkstrom!
Er hat die Hand der Frau berührt, er hat ihr lächelnd in die Augen gesehen.
Er hat mit mir getanzt, an meinem Ohrläppchen geknabbert.
Die andere war hübsch. Jung und schlank, herausgeputzt wie ein Cowgirl. Glänzende Augen, die zu Raleigh aufgeschaut hatten, als sei er der Ritter in der goldenen Rüstung.
Genauso hatte Molly ihn angesehen.
Er musste ein Ego so groß wie ganz Texas haben,
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