Julia Liebeskrimi Band 09
hatte er nicht gewusst, wie er das anstellen sollte. Er war sogar einer Kirchengemeinschaft beigetreten, aber dann hatte er sich einfach nicht getraut, eine der alleinstehenden Frauen anzusprechen. Danach hatte er es sich angewöhnt, auf Bowlingbahnen und in Cafés herumzuhängen, wo er es regelrecht studiert hatte, wie andere Paare Bekanntschaft schlossen – doch wirklich genutzt hatte ihm das auch nichts. Nicht zum ersten Mal überlegte er, dass seine Mutter zu viel von seiner Zeit beansprucht hatte. Er hatte nie Gelegenheit gehabt, mit dem anderen Geschlecht näher Bekanntschaft zu schließen. Er kam nur über seine Arbeit mit Frauen in Kontakt, und da war er zu schüchtern, um mehr als die eine oder andere oberflächliche Bemerkung zu machen.
In letzter Zeit hatte sich seine Schüchternheit in Frustration verwandelt, an deren Stelle bald Wut getreten war. Es war nicht gerecht. Alle außer ihm hatten mindestens einen Menschen, der zu ihnen gehörte. Das war der Punkt gewesen, an dem er beschlossen hatte, allein eine Familie zu gründen. Viele Alleinstehende adoptierten Kinder. Er las ständig davon. Aber dann war es leider doch nicht so einfach gewesen, wie er es sich vorstellt hatte. Er verdiente nicht genug Geld. Seine Bildung war nicht ausreichend. Die Ausreden waren endlos, aber sie liefen letzten Endes nur auf eins hinaus: Die Behörden würden ihm nicht erlauben, ein Kind zu adoptieren. Deshalb war ihm nichts anderes übrig geblieben, als die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Vor ihm raste eine Katze über die Straße, die von einem kleinen schwarzen Hund gejagt wurde. Howard lachte laut auf und wünschte sich, die Mädchen bei sich zu haben. Sie hätten an dem Anblick bestimmt ihren Spaß gehabt. Es war wichtig für Kinder, etwas mit ihren Eltern zu unternehmen, und er freute sich schon darauf, wenn der Übergang von ihrem alten zu ihrem neuen Leben vollendet war. Im Moment waren die Mädchen noch ein bisschen schüchtern, aber er musste daran glauben, dass der Tag kommen würde, an dem sie ihn mit offenen Armen empfangen würden.
Er schaute auf seine Uhr, und als er sah, wie spät es war, beschleunigte er seine Schritte. Bis Schulschluss hatte er noch viel zu tun, und er wollte nicht zu spät kommen. Es war wichtig, bereits vor der Adoption Kontakt aufzunehmen. Kindern wurde eingeschärft, nicht mit Fremden zu sprechen, doch wenn er sich mit seinem Engel erst ein paarmal ganz unschuldig unterhalten hatte, würde er kein Fremder mehr sein.
Mary kramte gerade in ihrem Kleiderschrank herum, als das Telefon läutete. Sie stellte eilig die Schuhe ab, die sie in der Hand hatte, und verließ den Schrank, um ans Telefon zu gehen.
„Mary … geht’s dir gut? Du klingst ein bisschen außer Atem.“
„Oh, hallo, Daniel! Ja, mir geht es gut … ich bin nur ans Telefon gerannt.“
„Schön, dass es dir gut geht. Was hältst du dann davon, wenn wir uns zum Mittagessen treffen?“
„Wirklich? Ich dachte, du hast einen Gerichtstermin.“
„Hatte ich auch … oder habe ich noch, genauer gesagt, aber jetzt sind zwei Stunden Pause.“
„Woran hast du gedacht?“, fragte Mary.
„Dafür reicht uns die Zeit nicht, aber schlimmstenfalls würde ich mich damit zufriedengeben, dein hübsches kleines Gesicht über einem Teller mit Scampi zu sehen.“
Mary lachte. „Dann sag mir einfach nur, wo wir uns treffen. Die andere Sache nehmen wir dann heute Abend in Angriff.“
„Einverstanden“, gab er zurück. „Du kennst doch diesen kleinen Italiener zwei Häuserblocks hinter dem Gericht?“
Sie kannte ihn zwar nicht, aber das brauchte sie ihm ja nicht unbedingt auf die Nase zu binden „Schön, lass mir nur noch Zeit, ein Taxi zu rufen.“
„Ein Taxi? Was ist mit deinem Auto?“
Mary runzelte die Stirn. Noch ein Hindernis, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Sie hatte seit dem Tag, an dem ihr und Daniels Auto in Flammen aufgegangen war, keines mehr besessen.
„Äh … ich …“
„Sag jetzt bitte nicht, dass du wieder mal deine Schlüssel nicht finden kannst“, neckte er sie. „In der obersten Schublade der Ankleidekommode sind Ersatzschlüssel, falls du sie brauchst. Aber fahr vorsichtig, okay?“
„Äh … ja … okay.“
„Ich werde versuchen, einen Tisch zu bekommen. Ich warte also drin.“
„In Ordnung.“
Nachdem sie aufgelegt hatte, schnappte Mary sich ihre Handtasche und starrte sie einen Moment an, bevor sie damit zum Bett ging. Dort drehte sie die Tasche um und kippte den gesamten
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