JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
Lexi fragte sich, ob sie jemals den Mut aufbringen würde, Sam davon zu erzählen. Andererseits, wozu? Wie sollte er verstehen, wie sie sich damals gefühlt hatte – jung, schwanger, niemand da, an den sie sich hätte wenden können. Sie war noch nicht bereit gewesen, Mutter zu werden. Eine Abtreibung erschien ihr als das einzig Richtige, und dennoch …
„Ich muss gehen“, sagte Sam in ihre Gedanken hinein. „Der Direktor erwartet mich.“
„Du fängst hier an zu arbeiten?“
„Ja.“
„Am Sydney Harbour?“
„Ja.“
„Du machst keine Praxis auf?“
„Nein.“
„Antwortest du auf Fragen auch mal mit mehr als einem Wort?“
„Gelegentlich.“
Lexi verdrehte die Augen. „Warum hat mir keiner etwas gesagt?“
„Keine Ahnung.“
„Wow, das waren zwei.“
„Zwei was?“ Er runzelte die Stirn.
„Wörter. Vielleicht können wir daran noch feilen. Dein Repertoire aufpeppen. Was machst du hier?“
„Arbeiten.“
Sie hätte schreien und mit den Füßen aufstampfen können. „Ich meine, warum hier? Warum nicht als niedergelassener Arzt, womit du ohne Ende Geld scheffeln könntest?“ Und vor allem woanders, damit ich dir nicht ständig über den Weg laufe und daran denken muss, wie naiv ich war …
„Man hat mich gefragt.“
„Wahnsinn, schon vier.“ Lexi schnitt eine Grimasse. „Wir werden langsam besser. Wetten, dass ich dich in einem oder zwei Monaten so weit habe, dass du einen ganzen Satz von dir gibst?“
„Ich muss jetzt wirklich los“, sagte er. „Und ja, das sind fünf Wörter, falls du immer noch mitzählst.“
Sie hob das Kinn. „Auf jeden Fall.“
Sam blickte in ihre leuchtend blauen Augen, und ihm war, als tauche er in einen tiefen, erfrischenden Ozean, nachdem er jahrelang durch heißen Wüstensand gewandert war. Lexis kleiner und doch üppiger Mund bettelte förmlich darum, geküsst zu werden. Sam wusste noch genau, wie sich ihre rosigen Lippen unter seinen angefühlt hatten. Ihr platinblondes Haar strahlte diesen teuren Chic aus, den nur ein Starfriseur zaubern konnte, und war gleichzeitig auf erotische Weise leicht zerzaust, als hätte sie gerade eine heiße Liebesnacht hinter sich.
Verlangen durchzuckte ihn, als er sich daran erinnerte, wie sie es in seinem Bett getan hatten, im Stehen an der Wand, auf seinem Schreibtisch, auf der Picknickdecke unter einem funkelnden Sternenhimmel …
Vergiss es.
Sie war damals zu jung für ihn gewesen, und daran änderte sich nichts, nur weil sie älter geworden war und er an Erfahrung gewonnen hatte. Lexi war immer noch das verwöhnte reiche Mädchen, das Feiern und Party machen für eine Vollzeitbeschäftigung hielt – eine Welt, die sich von seiner unterschied wie der Mars von der Erde. Sam hatte es sich zum Ziel gemacht, so viele Menschenleben wie möglich zu retten, die von einer Organtransplantation abhingen.
Das bedeutete, dass Menschen sterben mussten, damit er anderen zum Leben verhelfen konnte. Dessen war er sich immer bewusst, und er nahm es nicht auf die leichte Schulter. Sam hatte alles aufgegeben und hart gearbeitet, um dort anzukommen, wo er heute stand. Sich jetzt von einem Partygirl ablenken zu lassen, dessen schwierigste Entscheidung darin gipfelte, ob es Schwimmkerzen oder Heliumballons für ein Event nehmen sollte, konnte er sich nicht leisten.
Er musste auf Abstand gehen, wie schon einmal. Nur, dass es diesmal freiwillig geschah.
„Du hast meinen Wagen eingedellt.“ Es war vielleicht nicht der beste Einstieg, aber verdammt, er hatte das Auto gerade erst gekauft. Und Lexi hatte nicht einmal hingesehen, bevor sie die Tür aufstieß. Was nur wieder bewies, wie unverantwortlich sie war. So typisch für Leute wie sie, die eine reiche Familie im Rücken hatten.
Hatte sie überhaupt eine Ahnung, dass andere sich richtig krumm machen mussten, um sich Dinge leisten zu können, die sie als selbstverständlich hinnahm? Ein Leben lang von Luxus umgeben, war sie nur in Nobelkarossen durch die Gegend kutschiert worden. Sie konnte sich bestimmt nicht vorstellen, wie es einem ging, wenn man bitterarm war und das Geld nicht einmal für das Nötigste reichte.
Seiner Mutter zum Beispiel, die im tiefsten Outback gelebt und weit unten auf einer ellenlangen Warteliste gestanden hatte. Sie war gestorben, während sie auf eine Spenderniere wartete. Sams Eltern waren Arbeiter gewesen und hatten für eine private Zusatzversicherung kein Geld gehabt. Sie hatten sich auch nur ein Kind leisten können. Sam wusste, wie es
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