JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
wie heißer Espresso, und spürte den gleichen Schlag tief in ihrem Bauch. Ihr Herz hämmerte wie wild, ihr wurde flau im Magen.
Es war so unerwartet.
Ohne Vorwarnung.
Warum hatte ihr niemand gesagt, dass er wieder in Australien war? Warum hatte ihr niemand erzählt, dass er ausgerechnet hier arbeitete?
Okay, schön locker bleiben, das kannst du. Es war ihre Spezialität. Mit ihrem Charme konnte sie immer punkten, dafür war sie in der High Society von Sydney bekannt.
Sie zwängte sich aus dem Wagen und lächelte strahlend. „Hi, Sam! Wie geht’s?“
Sam Bailey stieg aus, richtete sich zu seiner beachtlichen Größe auf und drückte die Fahrertür ins Schloss. Nicht zu laut, nicht zu leise. So ist er, dachte Lexi: entschlossen, präzise, immer auf das konzentriert, was er gerade tut.
„Alexis.“
Das war alles. Kein „Wie geht es dir?“ oder „Schön, dich zu sehen.“ Nicht einmal ein schlichtes Hallo. Außerdem nannte niemand sie bei ihrem vollen Namen, nicht einmal ihr Vater, wenn er einen seiner Tobsuchtsanfälle bekam, und auch ihre Mutter nicht, wenn sie, vom Gin beflügelt, ihre weitschweifigen Reden hielt.
Lexi spürte, wie ihr gewinnendes Lächeln wankte. Verunsichert spielte sie mit dem Lederriemen ihrer Designertasche. „Was führt dich hierher?“, fragte sie. „Ein Patient?“
„So ungefähr“, erwiderte er kühl. „Und dich?“
„Oh, ich treibe mich öfter hier herum.“ Sie verlagerte das Gewicht von einem High Heel auf den anderen. „Meine Schwester Bella ist ständig zur Behandlung hier. Die letzten beiden Wochen stationär, wegen der Brustinfektion. Bella steht auf der Transplantationsliste, aber erst muss die Entzündung abgeklungen sein.“ Lexi wusste, dass sie plapperte, aber Schweigen hätte sie nicht ausgehalten.
Vor fünf Jahren hatte sie noch geglaubt, mit Sam eine Zukunft zu haben. Es hatte schnell, aber heftig gefunkt zwischen ihnen, und schon bald träumte Lexi von einem Leben an seiner Seite. Doch Sam hatte sie kalt und gnadenlos fallen lassen. Nicht einmal ein Wort des Abschieds, geschweige denn eine Erklärung.
Ihm hier so plötzlich und unerwartet zu begegnen, holte die tief vergrabenen Gefühle wieder hoch. Gefühle, die ihr zusetzten, die immer noch wehtaten …
„Tut mir leid, das zu hören.“ Sam sah auf seine silberne Uhr.
Lexi hatte das Gefühl, in einem tiefen Loch von Traurigkeit zu versinken. Deutlicher konnte er ihr nicht zeigen, dass er nichts mit ihr zu tun haben wollte. Wie konnte er nur so … distanziert sein, nachdem sie einmal so vertraut miteinander gewesen waren? Hatte sie ihm denn gar nichts bedeutet? Bestimmt war sie ihm doch fünf Minuten seiner kostbaren Zeit wert, auch wenn sie getrennter Wege gegangen waren? „Ich wusste nicht, dass du wieder da bist“, sagte sie. „Ich habe nur gehört, dass du ein Stipendium in Übersee bekommen hast. Wo denn?“
„USA.“
„Hey, das ist ja toll“, versuchte sie, sein abweisendes Verhalten mit entwaffnendem Charme zu entschärfen. „Amerika muss aufregend sein. Viel zu sehen, viel zu unternehmen. Die anderen aus dem Jahrgang haben dich bestimmt glühend beneidet.“
„Ja.“ Wieder der Blick zur Armbanduhr.
Ihr Blick glitt zu seinem kräftigen sonnengebräunten Handgelenk, das sich von der hellblauen Manschette seines schicken Oberhemds abhob. Lexis Magen vollführte einen kleinen Salto, als sie sich daran erinnerte, wie sich seine Hände auf ihrer Haut angefühlt hatten. Zwei Wochen nur hatte ihre leidenschaftliche Affäre mit Sam Bailey gedauert, aber Lexi hatte keinen einzigen Augenblick davon vergessen.
Fünf Jahre war es her, doch sie spürte das gleiche Prickeln wie damals, wenn er sie nur anblickte, die heiße Lust, wenn er sie berührte. Unwillkürlich sah sie auf seinen Mund, erinnerte sich daran, wie sich diese warmen, festen Lippen auf ihren angefühlt hatten. Lexi schmeckte ihn noch immer, den Duft nach Minze, nach Frische und unwiderstehlich nach Mann. Sie wusste noch, wie Sam sie geküsst hatte, forschend und langsam erst, dann leidenschaftlich und fordernd. Und sie hatte sich willig erobern lassen, ihm alles gegeben.
Trotzdem hatte er sie ohne ein Abschiedswort verlassen.
Lexi sah wieder auf. Ihr Herz flatterte wie ein Kolibri, als sie Sam in die dunklen Augen blickte. Hatte er überhaupt eine Ahnung, wie sehr er sie verletzt hatte? Wusste er, was sie seinetwegen durchgemacht hatte?
Sie musste ein Zittern unterdrücken, während sie an ihre Entscheidung dachte.
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