Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
widerstehen können.
„Lassen Sie uns aufbrechen.“
Sie stiegen auf ihre Pferde, und er gab die Richtung vor, während sie die Oase umrundeten. Er erzählte ihr von der natürlichen unterirdischen Quelle, die die reiche Vegetation versorgte. Seit Tausenden von Jahren bereits verließ sich sein Volk auf diese Wohltätigkeit der Natur. Es war ein Zeichen seines Überlebenswillens. Und während er all das erklärte, fühlte er den Stolz in seiner Brust, den Stolz auf sein Land und sein Erbe.
„Als dann Öl entdeckt wurde, änderten sich natürlich die wirtschaftlichen Anstrengungen und Gegebenheiten.“
„Das kann ich mir vorstellen“, kommentierte sie trocken. „Und da wir gerade dabei sind. Um was ging es da eigentlich gestern?“
„Ich habe davon gesprochen, als Sie Ihre erste Reitstunde hatten. Es ist eins unserer Programme, das unserem Volk zugute kommt.“
„Sie hätten das weiter ausführen sollen. Ich komme mir wie eine Närrin vor, weil ich angedeutet habe, dass hier für die Pferde besser gesorgt wird als für die Menschen. Ich schätze, ich muss mich entschuldigen.“
„Dazu besteht kein Grund. Diese Wüstentradition wurde von meinem Großvater begonnen, dann von meinem Vater und nun von mir weitergeführt. Eines Tages werde ich dieses Privileg an Nuri übergeben.“
„Aber er ist doch erst fünf, noch viel zu jung!“
„Das ist normalerweise das Alter, in dem Kindern der Königsfamilie beigebracht wird, was es mit ihrer Kultur, ihren Bräuchen und dem, was von ihnen erwartet wird, auf sich hat.“
„Also deshalb wollten Sie die Zwillinge dabei haben. Und mich dazu.“
Er nickte. Allerdings erklärte es nicht, warum er jetzt ohne die Kinder mit ihr hier sein wollte. Er hätte es mittlerweile wirklich wissen müssen. Die Gefahren der Wüste waren nichts im Vergleich zu dem Risiko, das eine Frau für einen Mann bedeuten konnte. Aber diese Frau stellte sicherlich keine Bedrohung dar. Nach gründlicher Prüfung hatte seine Tante behauptet, sie sei perfekt.
Doch wenn dem so war, warum war er dann so begeistert gewesen, als sie seine Einladung zum Ausritt sofort angenommen hatte? Seine Frau hätte dem nie zugestimmt. In ihren Augen war es ein lästiger Zeitvertreib gewesen, zu schmutzig und windig. Ihre Frisur und ihr Make-up hätten gelitten.
Crystal blickte ihn neugierig an. „Erzählen Sie mir von dieser Tradition, mit der Sie Wünsche erfüllen.“
Gut. Ein neutrales Thema. „Mein Großvater war davon überzeugt, dass die Bevölkerung Anteil am Reichtum haben sollte. Zweimal im Jahr hat er dieses Treffen veranstaltet und sich Bittgesuche angehört und gewährt.“
„Dann bin ich überrascht, dass nicht mehr Menschen da waren. Die Schlange hätte so riesig sein müssen, dass Sie mehrere Tage beschäftigt wären.“
Er lächelte. „Das Ganze ist tatsächlich ein wenig aus dem Ruder gelaufen und hat uns damit gezwungen, das Prozedere zu verändern. Alle Gesuche müssen jetzt vorher schriftlich eingereicht werden, und nur die, die es wirklich wert sind, werden zur Oase eingeladen.“
„Also wissen die Leute im Voraus, dass ihr Gesuch gewährt wird?“
„Nein.“
„Aber jeder, der auftaucht, bekommt das, worum er bittet?“
„Ja.“
„Sie sind ein Schwindler.“
„Wie das?“
Sie musterte ihn und schaute dann wieder geradeaus. „Sie sind sehr kühl, so als wenn Sie das alles gar nicht berühren würde. Dabei spielen Sie gute Fee.“
„Es ist mein Job.“
„Und Sie lieben ihn.“
Er hatte sich verdammt viel Mühe gegeben, seine Gefühle zu verbergen, und diese Frau las in ihm offenbar wie in einem offenen Buch. Ein mehr als beunruhigender Gedanke.
„Es ist mein Job“, wiederholte er.
„Warum verstecken Sie die Tatsache, dass Sie ein Softie sind?“
Bevor er antworten konnte, blies ein starker Windstoß den Sand um sie herum auf. Das und der flatternde Stoff ihrer Roben ließ die Pferde erschreckt zur Seite tänzeln. Die Tiere waren an das Reiten in der Wüste gewöhnt. Fariq hatte es gelernt, ihren Instinkt und ihr Verhalten niemals zu ignorieren, denn häufig warnte es vor etwas, was er noch nicht sehen konnte.
Er blickte zu Crystal hinüber. „Wir müssen sofort zur Oase zurückkehren. Sandstürme können in der Wüste ganz plötzlich auftreten.“
„Sollten wir nicht zum Palast reiten? Wären wir da nicht sicherer?“
„Doch. Aber bis dahin schaffen wir es nicht mehr. Wir müssen uns beeilen und einen Unterschlupf finden. Nur für den Fall“, meinte
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