Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
er.
„Wie lange wird es dauern, bis wir zum Palast zurückkehren können?“
„Vielleicht ein paar Stunden.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht so schlimm.“
„Oder länger“, fügte er hinzu.
„Wir könnten über Nacht hier bleiben müssen?“
„Vielleicht mehr als eine. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden in Sicherheit sein. Ich verspreche, dass Ihnen nichts geschehen wird.“
Der furchtsame Ausdruck in ihren Augen war gepaart mit Unschuld und hatte ihn dazu bewogen, dieses Versprechen abzulegen, worauf urplötzlich der Drang folgte, sie in seine Arme zu nehmen. Was er nicht tun würde. Also schwor er bei der Ehre seiner Ahnen, dass er sie vor allen Naturelementen beschützen würde.
Denn von ihm hatte sie natürlich nichts zu befürchten.
6. KAPITEL
Crystal schlug die Bettdecke zurück und fragte sich, welchen Gott sie wohl erzürnt haben mochte, und wie sie es wieder gutmachen konnte.
Innerlich bebend hörte sie dem heulenden Wind zu und zuckte zusammen, als erneut Sandmassen gegen die Zeltwände geschleudert wurden. Vor dem Sturm hatte das teure Mobiliar sie davon abgelenkt, dass sie sich nicht im Palast befand, mit seinen soliden Mauern. Jetzt nicht mehr.
Sie knipste die Nachttischlampe an und griff nach ihrem Morgenmantel. Nachdem sie zur Oase zurückgekehrt waren und dort Unterschlupf gesucht hatten, war der Sturm stärker geworden. Fariq hatte zunächst die Familie informiert, dass sie die Nacht im Zelt verbringen mussten und sich dann den ganzen Tag in sein Arbeitszimmer vergraben.
Die Diener hatten darauf bestanden, das Abendessen vorzubereiten, doch dann hatte Fariq sie davon überzeugt, zu ihren Familien zurückzukehren. Für den Fall, dass der Sturm zunehmen sollte. Nach dem Essen hatte er sich dann wieder seiner Arbeit gewidmet, und Crystal war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, Zeit mit ihm zu verbringen, bis genau dies eben nicht geschehen war.
Um sich von ihrer Enttäuschung und Einsamkeit abzulenken, hatte sie sich mit einem Buch aus der Bibliothek des Zelts in dasselbe Schlafzimmer zurückgezogen, in dem sie auch schon die Nacht zuvor untergebracht gewesen war. Das Heulen des Windes und das Zittern der Zeltwände sorgten allerdings besser als jede Dosis Koffein dafür, dass sie beim besten Willen nicht einschlafen konnte.
„Ich habe das Licht gesehen.“
Crystal zuckte zusammen und sah Fariq im Türrahmen stehen. „Ich wusste nicht, dass Sie noch wach sind.“
Glücklicherweise hatte sie lesen wollen, und daher trug sie die Brille. Aber das Haar war nicht länger zurückgebunden und fiel weich auf ihre zarten Schultern. Sie zog den Kragen ihres Morgenmantels über ihren Brüsten enger zusammen. Als wenn das dazu geeignet gewesen wäre, ihre Verkleidung wirkungsvoller zu machen.
„Geht es Ihnen gut?“
„Ich konnte nicht schlafen“, gab sie zu. „Ich musste die ganze Zeit an diese Geschichte denken, in der den drei Schweinchen angedroht wird, das Haus über ihren Köpfen einstürzen zu lassen.“
„Eine Anspielung auf den großen, bösen Wolf?“ Sein dunkler Blick begegnete dem ihren. „Ich habe davon gehört. Es ist eins von Hana und Nuris Lieblingsmärchen.“
Der selbstbewusste Ausdruck seines Gesichts war so eindeutig männlich, dass sich ihr Inneres erwärmte und sie den Eindruck hatte, Hitze pulsiere durch ihre Adern. Fariq hatte definitiv das Zeug zum großen, bösen Wolf. Und mit jeder Faser ihres Seins wünschte sie sich, er würde sie packen und besinnungslos küssen. Weshalb sie es wirklich schaffen musste, dass er sie allein ließ und sie sich ihrem Buch widmen konnte.
Er starrte sie mehrere Augenblicke lang an, bis sie ihn fragte: „Warum sind Sie hier?“
„Da dies Ihr erster Sandsturm ist, wollte ich mich davon überzeugen, dass Sie keine Angst haben.“
Die Nervosität, die seine Nähe in ihr auslöste, war wesentlich schlimmer als alles, was Mutter Natur aufbieten konnte. „Mir geht es gut“, log sie.
Genau in diesem Moment brachte jedoch eine besonders heftige Sturmböe die Zeltwände zum Wackeln, und ließ Crystal panisch vom Sofa hochschrecken und weiter ins Innere des Raumes gehen.
„Ich sehe, dass Sie keine Angst haben“, meinte Fariq trocken, während er sich hinter sie stellte und ihr die Hände auf die Schultern legte.
Die Berührung beruhigte und verunsicherte sie gleichermaßen. Sie spürte die Wärme seiner Finger selbst durch den Stoff ihres Morgenmantels, und Hitze
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