Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
größten Raum, der überall sonst als Ballsaal hätte dienen können. In diesem Raum gab es keine Möbel bis auf einen großen Holzstuhl an einem Ende, vor dem eine lange Reihe von Leuten stand.
In diesem Moment trat Fariq neben sie. „Es ist Zeit anzufangen.“
„Womit anzufangen?“, fragte sie, während beide Kinder nach ihrer Hand griffen.
„Lassen Sie sich überraschen.“ Er zeigte auf einen Kissenberg neben dem Stuhl. „Bringen Sie die Kinder dorthin und setzen Sie sich.“
„Okay.“
Sie tat wie geheißen und war genauso gespannt wie die Zwillinge. Vertrauensvoll kuschelten sich die zwei an ihre Seite, und Crystal hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Es erstaunte sie, wie schnell auch sie die beiden in ihr Herz geschlossen hatte. Als sie die neugierigen Blicke um sich herum spürte, fühlte sie einen Beschützerinstinkt in sich erwachen.
Jemand trat hinter sie und sprach sie an. „Ich bin Khalid, ein Bediensteter von Prinz Fariq. Er hat mich gebeten, für Sie zu übersetzen.“
Crystal wollte ihn fragen, worum es hier überhaupt ging, doch er legte einen Finger auf seinen Mund und bedeutete ihr zu schweigen. Nun trat ein Mann vor Fariq, verbeugte sich tief und begann, eine lange und offensichtlich ernste Rede in seiner Landessprache zu halten. Fariq hörte ihm aufmerksam zu und antwortete dann in derselben Sprache. Daraufhin erschien ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Mannes, der sich erneut verbeugte und dann zurücktrat.
„Was ist passiert?“, wollte sie von Khalid wissen.
„Die Frau des Mannes bekommt ein Kind. Sie hatte bereits zuvor zwei Fehlgeburten, und nun gibt es erneut Probleme. Er muss sie in die Hauptstadt bringen, damit sie dort medizinische Behandlung erhält. Wenn es soweit ist, will der Mann, dass das Baby in dem neuen Krankenhaus geboren wird, das Prinz Kamal bauen lässt.“
„Wird es denn rechtzeitig fertig werden?“, erkundigte sie sich besorgt.
Er nickte. „Es wird bald eröffnet werden. Dieser Mann hat kein geeignetes Fahrzeug, um diese Reise zu machen.“
„Was wird er dann tun?“
„Der Prinz hat ihm gerade eins gegeben“, antwortete Khalid schlicht.
Crystal bekam große Augen. „Einfach so? Fariq hat ihm ein Auto geschenkt?“
„Ja.“
Khalid bedeutete ihr wieder, ruhig zu sein, da eine andere Person vor Fariq trat. Crystal beobachtete das Gesicht eines Mannes, der ungefähr Mitte dreißig zu sein schien. Da sie die Worte nicht verstehen konnte, konzentrierte sie sich auf Fariq. Ihr Herz schlug unwillkürlich schneller, als sie erneut erkannte, wie gut er in der traditionellen arabischen Kleidung aussah.
Sie bemerkte die Emotionen, die ihn bewegen mussten, das Funkeln in den dunklen Augen. Sie hätte schwören können, dass er ein Grinsen unterdrückte. Dennoch folgte er der Rede aufmerksam. Schließlich teilte er seine Entscheidung mit, und augenblicklich verschwand der ernste Gesichtsausdruck des Mannes, ersetzt durch ein breites Lächeln, während er sich verbeugte und verabschiedete.
„Khalid was …“
„Er hat um einen Kredit gebeten. Er möchte ein Möbelgeschäft eröffnen.“
„Und das allein reicht dem Prinzen, um zu entscheiden, dass der Mann das Risiko wert ist?“
„Seine Sorge gilt nicht dem Erfolg oder dem Scheitern des Geschäfts. Prinz Fariq hat sogar mehr Geld gewährt, als erbeten wurde. Seine einzige Bedingung war, dass der Mann so viele Menschen einstellt wie möglich. Sein Ziel ist es, dass die Bürger von El Zafir in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien zu verdienen.“
„Wow.“
Sie wollte den Kindern gerade sagen, dass ihr Vater der Weihnachtsmann und die gute Fee in einer Person war, als sie bemerkte, dass die beiden eingeschlafen waren. Lächelnd strich sie ihnen über die dunklen Haare und konzentrierte sich wieder auf den Prinzen.
Fariq billigte Ersuchen um Geld, die von Kosten für ärztliche Leistungen bis hin zu Studiengebühren und weiteren Geschäftsvorhaben reichten. Khalid erklärte ihr, dass es dabei um mehr als pure Großzügigkeit ging. Der Prinz wollte eine vielfältige Wirtschaft, und es war sinnvoll, möglichst vielen Menschen Arbeit zu verschaffen. Crystal war von dem ganzen Vorgang fasziniert. Und was den Ausdruck in Fariqs Gesicht anging, so schien er jede Minute dieses Jobs zu genießen.
Zum zweiten Mal an diesem Tag musste sie ihrer Emotionen Herr werden. Sie verstand, was sie für die Kinder empfand, doch diese Gefühle für ihren Vater waren wesentlich
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