Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
selbst verdiente hier das Dreifache dessen, was sie in den USA als Krankenschwester bekommen hätte. Das Allerbeste war jedoch, dass die Stelle die Chance auf echte Abenteuer bot, denn es hatte sie schließlich in das magische, mysteriöse, märchenhafte El Zafir verschlagen.
Während sie eine Liste an Arzneimitteln und anderen medizinischen Produkten durchging, die auf der Geburtsstation vorhanden sein mussten, hörte sie, wie sich die Türen des Aufzugs im dritten Stock öffneten. Sheik Kamal Hassan, Kronprinz des Landes, trat heraus. In seinem eleganten Designeranzug sah er einfach umwerfend aus. Ohne ihn vermutlich auch.
Nicht, dass sie das jemals würde beurteilen können. Obwohl er sie vor fünf Monaten in dem in Mondlicht getauchten Palastgarten geküsst hatte. Die Vergangenheit hatte sie jedoch gelehrt, vorsichtig zu sein, wenn es um Männer ging – und ganz besonders bei einem Scheich, der eine Frau küsste, die so gut wie verlobt war.
Er unterhielt sich kurz mit einem Handwerker, der die letzten Abschlussarbeiten an dem erst kürzlich fertig gestellten Krankenhaus verrichtete, und gab Ali somit die Möglichkeit, ihn zu mustern. Jedes einzelne schwarz gelockte Haar lag perfekt, ebenso schwarze Augen funkelten in einem atemberaubend attraktiven Gesicht mit aristokratischer Nase, hohen Wangenknochen, sinnlichem Mund und olivfarbener Haut. Der Prinz war mindestens ein Meter neunzig groß.
Ali hatte im Januar seine Tante, Prinzessin Farrah Hassan, kennen gelernt, als diese Sam Prescott, einen reichen texanischen Geschäftsmann und Freund der Familie, besucht hatte. Während ihres Aufenthalts hatte Farrah Atembeschwerden bekommen. In der Notaufnahme des Krankenhauses, in dem Ali arbeitete, waren sich die beiden Frauen zum ersten Mal begegnet. Die Schmerzen hatten sich als harmlos erwiesen, dennoch hatte Farrah als Dank darauf bestanden, dass Ali im März eine Einladung nach El Zafir akzeptierte, um über eine mögliche Stelle in dem Krankenhaus, das ihr Neffe baute, zu sprechen.
Obwohl sie damals sowohl von dem Jobangebot als auch von El Zafir begeistert gewesen war, hatte sie abgelehnt. Denn zu diesem Zeitpunkt war Ali verliebt gewesen. Vergangenheit. Abgeschlossen. Vorbei. Jetzt interessierte sie sich ausschließlich für ihre Karriere. Und bei Gott, wenn sie keine Liebe haben konnte, dann würde sie zumindest Abenteuer erleben. War es nicht praktisch, dass sie in El Zafir beides kombinieren konnte? Karriere und Abenteuer natürlich.
Allerdings konnte sie das beunruhigende Gefühl nicht loswerden, dass die Schlüsselfigur ihrer Abenteuer nur wenige Schritte entfernt von ihr stand. Wegen dieses Kusses? Sie hatte Schmetterlinge im Bauch, wenn sie daran dachte, wie sich seine Lippen auf ihren angefühlt hatten. Doch sie würde jede Wette eingehen, dass der Scheich seitdem nicht einen Gedanken an sie verschwendet hatte. Dennoch blieb die Frage – warum hatte er sie überhaupt geküsst?
Jetzt beendete er sein Gespräch und sah zu ihr herüber. „Hallo.“
„Euer Hoheit“, grüßte sie, während sie den Kugelschreiber in ihren Händen so fest umklammerte, dass ihre Knöchel weiß wurden.
Er schlenderte zu ihr hinüber und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Der Duft seines After Shaves drang über den kleinen Medikamentenwagen hinweg, der sie von ihm und der Hitze seines Körpers trennte. Alis Hände wurden feucht.
„Es ist schön, Sie wiederzusehen, Alexandrite.“
Sie zuckte innerlich zusammen. „Vielen Dank. Erinnern Sie mich bitte daran, niemals zu vergessen, dass Sie sich auch unbedeutende Details merken, wie zum Beispiel einen Namen, mit dem wirklich niemand gestraft sein sollte.“
„Ganz im Gegenteil. Ihr Name ist sehr hübsch. Ein Edelstein, richtig?“
Sie nickte. „Ali ist aber viel einfacher.“
„Ich finde Ali wiederum sehr kompliziert.“ Er sah ihr einen Moment lang tief in die Augen und ließ seinen Blick dann über die Gänge der Geburtsstation schweifen. „Was halten Sie hiervon?“
„Von dem Krankenhaus? In einem Wort? Fantastisch.“
An ihrem ersten Arbeitstag hatte sie Zeit gehabt, das gesamte Gebäude mit all seinen Stationen zu besichtigen. Sie rief sich das Eingangsfoyer mit seinen Marmorsäulen und – treppen vor Augen, den Empfang und die Information mit ihren Kirschholzmöbeln. Im Erdgeschoss befanden sich die Notaufnahme, Labors und die Röntgenräume. Darüber waren Verwaltungsbüros untergebracht und ein weiteres Stockwerk höher Patientenzimmer und eine
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