Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
gewesen war.
„Sie ist fort, Tante Farrah.“
„Fort?“
„Ein Wagen hat sie heute Morgen zum Flughafen gebracht.“ Er schaute auf seine Uhr. „Sie ist schon in der Luft.“
Genau in diesem Augenblick klingelte das Telefon, und seine Tante nahm ab. Sie richtete sich auf und runzelte die Stirn. „Was soll das heißen, keiner hat sie gesehen?“ Sie hörte noch eine Weile zu, dann fauchte sie: „Alarmieren Sie das Personal und die Sicherheitsleute. Die Kinder müssen sofort gefunden werden.“
„Hana und Nuri?“, fragte er, während Furcht sein Herz packte.
Sie nickte. „Sie sind unauffindbar.“
Das Schicksal hatte eine Art immer dann zuzuschlagen, wenn man sowieso schon am Boden lag. Fariq kämpfte gegen die Panik an, die ihn zu überwältigen drohte. Er würde nicht alles verlieren. Er würde seine Kinder wiederbekommen. Und wenn sie in Sicherheit waren, würde er einen Weg finden, um die Frau zurückzugewinnen, die er liebte.
12. KAPITEL
Nuri richtete seine großen dunklen Augen auf Crystal, während er seine Schwester an der Hand hielt. „Sei nicht böse, Nanny …“
Crystal war nicht länger ihre Nanny, und diese Erkenntnis trieb ihr Tränen in die Augen. „Ich bin nicht …“, sie schluckte schwer, „… ich bin nicht böse.“
Sie öffnete die Tür zu Fariqs Suite und schob die beiden hinein. Die königliche Limousine, die sie zum Flughafen bringen sollte, war schon unterwegs gewesen, als sie die beiden blinden Passagiere entdeckt hatte. Wenn sie nicht vorne neben dem Fahrer gesessen hätte, hätte sie die beiden Strolche, die sich im Fond des Wagens versteckt hatten, sicher schon vorher gesehen.
Als sie die Kinder zurückgebracht hatte, hatten alle – von den Sicherheitsleuten bis zum Dienstpersonal – erleichtert reagiert und sie herzlich willkommen geheißen. Ganz offensichtlich waren Hana und Nuri bereits vermisst worden, und das war der einzige Grund, weshalb man sie nicht sofort abgewiesen hatte.
Sie blickte auf die beiden herab. „So etwas dürft ihr nie wieder tun!“
„Aber, Nanny, wir wollen nicht, dass du gehst“, sagte Hana, während sich erneut eine verdächtige Feuchtigkeit in ihren rot geränderten Augen sammelte.
„Hana hat recht, Nanny. Wir haben dich lieb. Wir wollen, dass du für immer bei uns bleibst.“ Nuri war krampfhaft darum bemüht, die Tränen zurückzuhalten.
Ein Kloß breitete sich in ihrem Hals aus, als sie sah, wie sehr er darum kämpfte, keine Emotionen zu zeigen. Irgendjemand musste ihm beibringen, dass auch Männer Gefühle hatten und das kein Grund zur Schande war.
Hinter ihnen öffnete sich die Tür, und Fariq stürzte in den Raum. Sein Blick fiel erst auf sie, dann auf die Kinder. „Hana, Nuri …“
Er ließ sich auf ein Knie sinken und breitete dann die Arme aus. Die Zwillinge rannten auf ihn zu, und er presste sie an sich und küsste die beiden. Als er dann zu ihr aufschaute, spielten Emotionen auf seinem Gesicht, die sie nicht deuten konnte. Vielleicht war er ja gar nicht so böse auf sie. Doch das war wahrscheinlich nur ein Wunschtraum ihres gebrochenen Herzens.
Schließlich schob er die Kinder von sich und bemühte sich um eine strenge Miene. „So etwas dürft ihr mir nie wieder antun, hört ihr?“
„Es tut uns leid, Papa“, sagte Hana und tätschelte mit ihrer kleinen Hand Fariqs breite Schultern. „Aber wir haben gehört, wie du Nanny gesagt hast, dass sie gehen soll.“
„Ihr habt gelauscht?“
„Ja“, gab Nuri zu. „Und Hana hat angefangen zu weinen, weil sie Nanny vermissen würde.“
„Du hast auch geweint“, meinte seine Schwester.
„Männer weinen nicht.“
„Manche Männer tun es“, widersprach Crystal. „Und sie sind deshalb nicht weniger Mann.“
Es war die letzte Botschaft, die sie ihnen mitgeben konnte, doch sie hoffte, dass sie Wurzeln schlagen würde. Sie machte sich Sorgen um Nuri. Wenn niemand ihm zeigte, wie man sein Herz öffnete, dann würde er so aufwachsen wie sein Vater – mit Angst vor der Liebe.
„Warum seid ihr weggelaufen?“, wollte Fariq wissen.
„Wir wollten mit Nanny gehen“, antwortete Hana.
„Aber was wolltet ihr dann tun?“
Sie schauten ihn verständnislos an, und Crystal seufzte. „Fariq, sie sind erst fünf Jahre alt. Sie haben es nicht durchdacht. Es ist ein ganz normales Verhalten für ihr Alter.“
„Im Gegensatz zu den Erwachsenen um sie herum“, murmelte er.
„Wie bitte?“
„Nichts.“ Er schüttelte den Kopf, während er seiner Tochter über das
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