Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
wohl fühlte. Er schätzte die Arbeit, die er dort für Zuran machen konnte, sie verschaffte ihm große Befriedigung. Als Junge war er unter seinen zuranesischen Verwandten aufgewachsen, die ihn mit Liebe überschüttet hatten. Aber die ganze Zeit über hatte er gewusst, dass er anders war als sie. Er war kein Europäer, aber er war auch nicht nur Zuranese.
Aus diesem Grund und durch den Verlust seiner Mutter trug er immer ein Geheimnis mit sich herum – und die Bürde seines Gefühls der Isolation.
Irgendwie war es Katrina gelungen, diese Mauer zu durchbrechen und die Dunkelheit zu berühren, die in seiner Seele verborgen lag. Nicht allein deshalb wünschte er sich aus ganzem Herzen, dass sie möglichst bald wieder aus seinem Leben verschwand.
Als Kind war ihm sein Erbe aus zwei Kulturen eher als Quelle der Verwirrung und als Bedrohung erschienen. Aber als Erwachsener hatte er das Ganze in einem viel positiveren Licht gesehen, und es war ihm gelungen, seine Talente zum Wohle anderer einzusetzen. Trotzdem war ihm bewusst, dass es einige Leute gab, die ihn wegen seiner Herkunft verachteten.
Mit Unterstützung seines Halbbruders hatte er hart dafür gearbeitet, die Beziehungen seines Landes zum Rest der Welt zu verbessern. Tatsächlich war ihm dafür auch die Ehre zuteil geworden, als Sonderbotschafter von Zuran durch die Welt reisen zu können. Zu seinen Aufgaben gehörte dabei unter anderem auch ein Programm, das er selbst entworfen hatte und in dem es um einen Studentenaustausch zwischen europäischen Studenten und solchen aus dem Nahen Osten ging. Das Ziel war, die Verständigung zwischen beiden Gruppen zu fördern, und es war so erfolgreich gewesen, dass man ihn sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hatte.
Aber im Moment war ihm nicht nach Frieden zu Mute, denn seine Gefühle befanden sich in einem heftigen Aufruhr. Daran war nur Katrina Blake schuld! Mit allem, was seine Pläne möglicherweise durchkreuzen könnte, hatte er gerechnet, aber nicht mit dem Auftauchen einer Frau wie ihr. Sie war eine Gefahr für sich selbst und auch für ihn. Außerdem erstaunte ihn ihr Verhalten. In ihrer Situation wäre es normal gewesen, mit Furcht zu reagieren. Stattdessen hatte sie ihn mit Fragen bestürmt und provoziert. Sie konnte alles ruinieren, sie stellte ein Risiko für seine geheime Mission dar, das er sich nicht leisten konnte. Hätte El Khalid nicht den ausdrücklichen Befehl gegeben, dass niemand das Lager verlassen durfte, hätte er sie sofort heimlich aus dem Camp geschafft und dafür gesorgt, dass sie so schnell wie möglich zu ihren Freunden zurückkehrte. Und dann hätte er in Ruhe seine Arbeit fortführen können.
Aber stattdessen …
Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, sich einzumischen. Er hätte sie Sulimen und ihrem Schicksal überlassen sollen. Plötzlich musste er wieder an ihren Kuss denken. Ihre Lippen hatten nach Rosen geduftet und nach Honig sowie Mandeln geschmeckt. Ihr Körper war so grazil wie der einer jungen Gazelle, und ihre Augen …
Er zwang sich, seine Gedanken im Zaum zu halten. Seine Schwägerin, die sich nichts sehnlicher wünschte, als dass er endlich heiraten würde, hatte ihm bereits ein halbes Dutzend möglicher Kandidatinnen vorgestellt. Aber keine von ihnen hatte ihn interessiert. Sie waren alle viel zu nett gewesen, zu brav, zu langweilig. Sanfte kleine Tauben, die immer tun würden, was der Mann ihnen sagte. Doch das wollte er nicht, er sehnte sich nach einer unabhängigen Frau, nach einer wilden Wüstenfalkin, die nur von einem einzigen Mann gezähmt werden konnte – und auch dann nur zu ihren eigenen Bedingungen.
Eine Frau, die in seinen Armen leidenschaftlich dahinschmelzen würde, die ihm etwas entgegensetzen konnte. Eine Frau, die sich ihm mit allem, was sie besaß, hingeben würde und die dasselbe auch von ihm erwartete. Eine Frau, mit der er durch die Wüste reiten konnte, für die er Musik spielen und der er Gedichte vortragen konnte. Eine Frau, wie seine Mutter es gewesen war und die doch ganz einzigartig sie selbst war.
Vor langer Zeit hatte er entschieden, dass es eine solche Frau nicht gab. Das glaubte er eigentlich immer noch. Bestimmt war Katrina Blake keine solche Frau. Wie auch?
Warum verschwendete er überhaupt Gedanken an sie, wenn er sich besser auf seine Mission konzentrieren sollte? Er war sich inzwischen sicher, dass die wichtige Persönlichkeit, mit der El Khalid in Kontakt stand, Nazir war.
Obwohl er alles versucht hatte, ihren
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