Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
aus Dankbarkeit an den Hals werfen würde, weil er sie aus ihrer Einsamkeit befreite!
„Es ist so schade, dass meine eigene Familie, meine Schwestern und deren Kinder, im Moment verreist sind, sodass sich keiner richtig um dich kümmern kann“, fuhr ihre Tante fort. „Aber sobald Rashid zurück ist …“
„Mach dir meinetwegen keine Sorgen“, unterbrach Xenia sie rasch. „Ich kann mich gut selber beschäftigen. Und außerdem …“ Sie zögerte, weil sie sich nicht sicher war, wie viel sie ihrer Tante schon andeuten sollte.
Doch Soraya war sowieso zu sehr mit ihren eigenen Überlegungen beschäftigt, um richtig zuzuhören. „Von der Hotelanlage aus werden einige begleitete Ausflüge angeboten, an denen du Spaß haben könntest, solange du auf Rashids Rückkehr wartest. Zum Beispiel ein Ausflug zum Gold- Souk . Oh … dein Großvater ruft nach mir. Ich muss leider Schluss machen.“
Als Xenia sich wieder dem Spiegel zuwandte, um den Lippenstift aufzutragen, bemerkte sie, dass ihre Hand leicht zitterte. Vor Wut, sagte sie sich sofort, und keineswegs weil sie die Vorstellung nervös machte, den Abend mit Blaize zu verbringen. Sie war wütend, weil sie spürte, dass ihre Tante nicht ganz ehrlich mit ihr war.
Wie mochte ihr Großvater aussehen? Aus den Beschreibungen ihrer Mutter und ihrem eigenen Eindruck von den stolzen Beduinen mit ihren langen, wallenden Roben, die sie im Hotel-Foyer gesehen hatte, versuchte Xenia, sich ein Bild von ihm zu machen. Typisch für diese Einheimischen waren der Bart und das scharfe Profil … und sie stellte sich zusätzlich vor, dass Abu Assad sie mit einem unnachgiebigen, ablehnenden Ausdruck betrachten würde, weil sie das Kind jener Ehe seiner Tochter war, die er vergeblich versucht hatte zu verhindern.
Es wollte Xenia einfach nicht in den Kopf, was einen liebenden Vater dazu bringen konnte, sich derart drastisch von seiner Tochter abzuwenden, dass nicht einmal mehr ihr Name in seiner Gegenwart ausgesprochen werden durfte, nur weil sie den Mann geheiratet hatte, den sie liebte. Nachdenklich betrachtete sie sich im Spiegel. Zu Hause in England kam sie sich des Öfteren exotisch und fremd vor – aber hier im Land ihrer Mutter fühlte sie sich merkwürdigerweise sehr keltisch. Ihre Mutter! Was würde sie vom Plan ihrer Tochter halten? Was würde sie von Blaize halten?
Xenia nahm ihre Abendtasche und hielt es für klüger, derart beunruhigende Gedanken erst gar nicht aufkommen zu lassen.
In der Hotellobby herrschte reger Betrieb. Vor dem Eingang zur Pianobar stand eine größere Gruppe exklusiv gekleideter Damen mit ihren männlichen Begleitern, und Xenia machte große Augen, als sie die funkelnden Juwelen der Frauen bemerkte. Sie selbst erntete einige abschätzende Blicke von den Damen und unverhohlen bewundernde von den Herren, während sie sich nach Blaize umsah.
„Da bist du ja! Ich wollte gerade nach oben kommen und dich abholen.“
Xenia drehte sich um und erstarrte überrascht. Blaize war unbemerkt hinter ihr aufgetaucht und trug einen maßgeschneiderten Abendanzug, der zweifellos ein kleines Vermögen gekostet haben musste. Kein Wunder, dass die mit Diamanten behangenen Damen vor der Pianobar ihn so lüstern begutachteten! Von dem Lohn eines Surflehrers konnte er sich eine derartige Kleidung unmöglich leisten, was bedeutete … Xenia beschlich ein unangenehmes Gefühl bei der Erkenntnis, dass sie vermutlich nicht die erste Frau war, die Blaize für seine „Dienste“ bezahlte. Wobei sie natürlich etwas ganz anderes von ihm erwartete, als die Frauen es üblicherweise taten.
„Was ist los? Du siehst aus, als wäre dir eine Laus über die Leber gelaufen.“
Sein Scharfblick warnte sie, sich in Zukunft mehr im Griff zu haben. „Nein, nein, ich habe nur überlegt, was heute Abend wohl auf der Speisekarte steht“, antwortete sie betont gleichmütig. Heute Abend würde sie auf der Hut sein und keinen Zweifel daran lassen, dass sie beabsichtigte, die Zügel in der Hand zu halten!
„Du wirst feststellen, dass die Restaurants in Zuran heutzutage den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen“, antwortete Blaize und nahm sie beim Arm, um sie durch das Foyer zu geleiten. Xenia unterdrückte den Wunsch, sich seinem Griff zu entziehen, denn schließlich war es ja Sinn und Zweck der ganzen Übung, sich mit ihm in aller Öffentlichkeit sehen zu lassen.
Anstatt sie jedoch wie erwartet zum Ausgang zu führen, geleitete Blaize sie zu den großen Glastüren, die
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