Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
geändert. Jetzt möchte ich auch gegenseitigen Respekt. Und Liebe. Verstehst du, Brad? Als ich nach Amerika gekommen bin, habe ich das erste Mal in meinem Leben gesehen, was es bedeutet, jede Zeitung kaufen zu können, die du willst. Bei uns gibt es solch freien Zugang zu allen Informationen nicht. Und Rashids Privatleben ist natürlich tabu. Ich habe erst hier erfahren, wie viele Gespielinnen er eigentlich hat.“
„Ich fürchte, ich verstehe so langsam“, bemerkte Brad nachdenklich.
„Rashid ist zwölf Jahre älter als ich. Als ich klein war, hat er mich immer beschützt, er war so etwas wie ein Vorbild für mich.“ Sie dachte an ihre Jugend zurück. Oft hatte er sie mit auf die Jagd genommen oder ihr gezeigt, wie er Falken fliegen ließ. Dabei sah es ganz so aus, als könnte er sich mit den Vögeln unterhalten. Sie schienen genau zu verstehen, was er von ihnen wollte. Jenna hatte dem Schauspiel staunend zugesehen. Und Rashid wurde im mer mehr zu dem Mann ihrer Träume.
Auch ihm schien es gut zu gefallen, möglichst viel Zeit mit ihr zu verbringen, da es ihr immer wieder gelang, ihn zum Lachen zu bringen. Sie wusste selbst nicht recht, wo ran es lag, doch er fand ihre Bemerkungen spaßig, und mehr als einmal traten ihm vor Lachen die Tränen in die Augen. Aber da schien es noch mehr zu geben. Immer wie der kam es vor, dass er ihr einen nachdenklichen Blick zuwarf. Und dann legte sich ein merkwürdiger Ausdruck auf sein Gesicht, den sie damals noch nicht zu deuten ver stand.
Jenna seufzte auf, als sie daran zurückdachte, wie Ra shid damals ihr Ein und Alles gewesen war. Sie hatte sich ein Leben ohne ihn einfach nicht vorstellen können und hatte sich darüber gefreut, dass ihre Eltern sie als seine zukünftige Frau auserkoren hatten.
„Was ist dann geschehen?“, fragte Brad. „Es ist doch schon seltsam, dass ihr euch nicht mehr zu mögen scheint.“
Jenna schaute ihn überrascht an. Dann sagte sie ehrlich: „Offen gestanden bin ich mir gar nicht so sicher, dass ich ihn nicht immer noch genauso mag wie damals.“
„Das klingt aber gar nicht so. Jedenfalls lässt du kaum ein gutes Haar an ihm.“
„Als ich achtzehn war, hat sich unsere Beziehung von Grund auf geändert“, erzählte Jenna. „Bis dahin war alles wie im Märchen gewesen, doch auf einmal spürte ich, wie eine seltsame Spannung zwischen uns entstand. Am An fang hatte ich gar nicht recht bemerkt, wie sich Rashids Verhalten änderte, ich war damals ja noch sehr unerfah ren. Aber unsere gemeinsamen Ausflüge wurden immer seltener. Manchmal sind wir zwar noch ausgeritten, wenn die Sonne tief am Horizont stand und die ganze Wüste in ein beinah unwirkliches Licht getaucht hat. Aber was wir früher so unbeschwert genossen hatten, wurde auf einmal von dieser seltsamen Spannung getrübt.“
Jenna schwieg eine Weile, dann fuhr sie fort: „Erst später habe ich begriffen, worum es eigentlich ging. Ich war im heiratsfähigen Alter, doch Rashid machte keinerlei Anstalten, um meine Hand anzuhalten. Darauf aber hatte ich doch schon seit Jahren gewartet. Mein Stolz verbot es mir, offen zu zeigen, wie enttäuscht ich war. Andererseits wollte ich nicht in Quador bleiben und mein Leben damit verbringen, darauf zu warten, dass Scheich Rashid vielleicht doch noch einfiel, welche Abmachung unsere Eltern getroffen hatten. Deshalb habe ich erklärt, dass ich das Land meiner Mutter besser kennenlernen und meine Studien in den Vereinigten Staaten fortsetzen wollte.
Rashid schien das nicht ungelegen zu kommen. Seine Eltern waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben ge kommen, und er musste die Staatsgeschäfte viel früher als geplant übernehmen. Das kann nicht einfach gewesen sein. Schließlich gibt es auch bei uns viele einflussreiche Menschen, denen es wohl gar nicht gefallen hatte, dass die Macht auf einen so jungen Mann überging. Und Rashid war ja noch unerfahren. Jedenfalls hatte er alle Hände voll zu tun und konnte sich natürlich nicht um mich küm mern.“
Jenna seufzte auf. Wieder schaute sie sich in ihrer Woh nung um. Sie kam ihr wie das letzte Paradies auf Erden vor, doch sie spürte, dass sie es verloren hatte. Leise er zählte sie weiter: „Am Anfang gab es große Zweifel, dass Rashid sich als würdiger Herrscher erweisen würde, doch dann konnte er rasch alle Kritiker überzeugen. Ich aber bin nach New York gereist. Am Anfang hatte ich mir ein gebildet, dass er mir meine Freiheit gegeben hatte, da mit er sich besser auf die
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