Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
aber war es eine Anordnung. Es blieb ihr nichts weiter übrig, als dem zu folgen. Sie nickte leicht mit dem Kopf und betrat die Eingangshalle des Pa lastes. Hier war der Boden mit einem riesigen Mosaik aus gelegt, das Jagdszenen darstellte. Man sah Rashids Groß vater auf einem stolzen Hengst, wie er die Lanze hob, um einen Löwen zu töten. Natürlich hatte Rashids Großvater niemals Raubtiere gejagt, doch das gehörte zur Legenden bildung um diese Familie.
Langsam schritt Jenna durch das hohe Tor, das zu den Privatgemächern des Scheichs führte. Dieser Teil des Pa lastes hatte ihr immer besonders gut gefallen, doch jetzt kam er ihr eher wie ein Gefängnis vor.
„Ich lasse Ihren Koffer auf Ihr Zimmer bringen“, erklär te Abdullah, der sie noch einige Schritte begleitet hatte. „Sie haben ja nicht viel Gepäck mitgenommen.“
Das aber lag natürlich daran, dass Jenna keinesfalls die Absicht hatte, lange in Quador zu bleiben. „Ja, sehr we nig“, erwiderte sie lächelnd, da sie schon ahnte, warum er darauf anspielte.
„Wie es Ihnen beliebt“, kommentierte Abdullah und verbeugte sich erneut. „Ich muss Sie jetzt leider allein las sen.“
„Gut. Und vielen Dank.“
Jenna machte vorsichtig die Tür auf und betrat Rashids Gemächer. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Plan ohne allzu große Probleme aufgehen würde, doch sank ihr Mut, als sie den Scheich sah, wie er ihr den Rücken zudrehte und aus dem Fenster schaute. Mit den breiten Schultern und den schmalen Hüften machte er einen fantastischen Ein druck.
Wenn ich mir eingebildet habe, dass es leicht werden wird, ihn von seinen Hochzeitsplänen abzubringen, dann habe ich mich aber gründlich getäuscht, sagte sie sich seufzend. Hatte sie denn vergessen, was für eine Ausstrah lung von diesem Mann ausging? Oder hatte sie einfach nicht daran denken wollen, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass sie sich körperlich immer noch zu ihm hin gezogen fühlte?
Jenna atmete tief durch. Die Wirkung, die er auf sie aus übte, hatte trotz der langen Trennung nicht nachgelassen. Sie schaute ihn lange an. Er trug die traditionelle Klei dung des Wüstenstaates, doch unter dem weißen, Gold be stickten Umhang zeichnete sich deutlich die kräftige Ge stalt ab. Es hatte Jenna immer schon zutiefst beeindruckt, dass er so stark war. Nichts und niemand schien ihm etwas anhaben zu können. Deshalb hatte sie ihn von Kindesbei nen an verehrt. Und sie hatte ihm vertraut.
Natürlich hatte Rashid gehört, wie sie den Raum betre ten hatte, doch drehte er sich nicht sogleich um. Es lag eine unglaubliche Spannung in der Luft. Sollte er sich nicht einfach umdrehen, Jenna in die Arme ziehen und ihr Gesicht mit heißen Küssen bedecken, um ihr zu zeigen, wie sehr er sich nach ihr gesehnt hatte? Er schüttelte den Kopf und sagte sich, dass es klüger sei, langsam vorzuge hen, da es erst einmal darauf ankam, Jennas Widerspens tigkeit zu zähmen.
Sie wusste genau, was er von ihr erwartete. Schon oft hatte sie erfahren, dass es keinen Sinn machte, sich ihm offen zu widersetzen. Immer wieder hatte sie auf der Reise darüber nachgedacht, wie sie sich verhalten sollte. Leise, aber bestimmt machte sie sich bemerkbar: „Scheich Ra shid?“
Damit drückte sie Respekt aus, doch zeigte sie gleichzeitig, dass es keinerlei Vertrautheit zwischen ihnen geben konnte. Es sah ganz so aus, als ob Rashid überrascht war, da es einen Augenblick dauerte, bis er sich betont langsam umdrehte. Um seine Lippen schien ein leichtes Lächeln zu spielen, als er Jenna aufmerksam musterte. Dabei ließ er den Blick langsam über ihre Schultern hinab zu den Hüf ten wandern.
Jenna erschauerte. Wie hatte sie nur vergessen können, welche Aura diesen Mann umgab? Ein Blick aus den dunk len Augen reichte, um jede Frau um den Verstand zu brin gen. Da schien es aber noch mehr zu geben. Einige Sekun den lang fragte sie sich, ob er sich wohl ehrlich nach ihr sehnte. Oder war das nur körperliches Verlangen? Dann aber bekam sie einen fürchterlichen Schrecken. Irgend etwas gefiel ihm überhaupt nicht. Sie hatte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er zornig reagierte.
Rashid von Quador platzte heraus: „Warum hast du dich so verstümmelt?“ Dabei lag in seiner Stimme ein beinah drohender Unterton. Rasch schaute sie sich um, doch waren sie ganz allein in den weiten Gemächern. Man hörte nur den Wind in den Blättern des Gartens rascheln und einige Vögel zwitschern. Ansonsten herrschte tiefe Stille. Beinah
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