JULIA PRÄSENTIERT TRAUMZIELE DER LIEBE Band 01
Allmählich wurde Bryony die höfliche Konversation zu viel. „Dann würden Sie Etta aus der Villa werfen können. Das ist doch Ihr Wunsch, oder?“
Raphael schüttelte traurig den Kopf. „Sie sind so direkt. In Italien lassen wir uns mit solchen Dingen Zeit.“
„So? Nun, wir beide haben nichts gemeinsam. Also warum sollten wir Zeit vergeuden?“
Er hob theatralisch die Hände. „Wer weiß? Vielleicht finden wir heraus, dass wir sehr viel gemein haben.“
Bryony lachte. „Das bezweifle ich stark.“ Er bedachte sie mit einem so intensiven Blick, dass sie irritiert hinzusetzte: „Habe ich wieder Staub auf meiner Wange?“
Raphael grinste jungenhaft. „ Mi scusi. Ich habe mich nur gerade gefragt, warum manche Frauen erst dann schön sind, wenn ihr Gesicht entspannt ist, andere wiederum nur, wenn sie lachen …“ Er brauchte dieses Kompliment nicht zu beenden. Sein Schweigen war deutlich genug.
Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrem Glas, um ihre widersprüchlichen Emotionen zu überspielen. Glaubt er wirklich, ich falle darauf herein?, überlegte sie.
Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, grinste Raphael erneut. „Warum sind Engländerinnen immer so misstrauisch, wenn man ihnen etwas Nettes sagt? Liegt es daran, dass englische Männer nur selten Komplimente machen?“
„Zumindest meinen sie es dann auch ernst“, verteidigte Bryony ihre Landsleute.
„Und wieso trauen Sie mir das nicht zu?“ Noch ehe sie etwas darauf erwidern konnte, stand er auf. „Wollen wir essen gehen?“ Er legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und hielt ihr die Tür zum Kreuzgang auf.
Bryony hatte damit gerechnet, sie würden in diesem Hotel das Dinner einnehmen, und daher schaute sie ihn verwundert an, als er sie hinaus auf die Straße führte.
„Wir werden dort ein andermal essen“, erklärte er. „Heute sind wir nicht passend gekleidet.“
Auf Bryony traf dies gewiss zu, doch Raphael in seinem gut sitzenden dunklen Anzug hätte überall erscheinen können. Im Stillen war sie ihm für sein Taktgefühl dankbar. Sie schlenderten die Hauptstraße hinunter zu einem Restaurant, das direkt auf einem Felsen über dem Meer lag. Der Kellner geleitete sie zu einem Tisch an einer der Panoramascheiben, ganz so, als wäre diese Ecke allein für sie reserviert. Als Bryony hinausschaute, erblickte sie Tausende von Lichtern, die sich wie eine Kette die Küste entlangzogen. Die Aussicht erinnerte sie unwillkürlich an einen Ort, den sie einmal mit Jeff besucht hatte.
„Ist dieser Tisch immer für Sie bereit, falls Sie unterwegs eine herumstreunende Frau auflesen?“ Diesen kleinen Seitenhieb konnte sie sich nicht verkneifen.
Raphael hatte sie erwartungsvoll gemustert, doch nun huschte ein Schatten über sein Gesicht. „Natürlich – wenn Sie sich so bezeichnen wollen.“
Das saß. Sie seufzte. „Es tut mir leid. Ich … ich habe an etwas anderes gedacht.“
„Oder vielleicht an jemand anderen?“
Bryony senkte die Lider. „Vielleicht.“
Der Kellner brachte die Karten und empfahl das Schwertfischsteak. Er hatte sie in Italienisch angesprochen und automatisch antwortete Bryony in der Landessprache.
Nachdem die Menüfolge geklärt war, fragte Raphael: „Mailand?“
„Wie bitte?“
„Ich glaube, Sie haben unsere Sprache in Mailand erlernt. Das merkt man am Akzent.“
„Genau genommen habe ich sie auf dem College studiert, dann ging ich allerdings wirklich für sechs Monate nach Mailand, um meine Sprachkenntnisse zu vertiefen.“ Sie verzog betrübt das Gesicht. „Ich hatte keine Ahnung, dass es so auffallend ist.“
„Nur ein Italiener würde es merken“, beruhigte er sie. „Warum haben Sie unsere Sprache studiert?“
„Ich hatte die vage Vorstellung, sie einmal beruflich verwenden zu können, aber … nun, es kam eben anders.“
„Was haben Sie stattdessen gemacht?“
„Nicht sehr viel.“ Sie mied seinen Blick und wechselte das Thema. „Ist das die Weinkarte? Ich würde gern einen einheimischen Wein probieren. Etta hat leider nicht viel davon im Keller.“
„Nein. Mein Onkel bevorzugte französische und deutsche Sorten. Seinen Bedarf an sizilianischem Wein hat er beim örtlichen Händler gedeckt.“
Wieder einmal wies er darauf hin, dass die Villa seinem Onkel gehört hatte, und leugnete Ettas Eigentumsrecht. „Warum verabscheuen Sie Etta dermaßen?“, fragte Bryony unverblümt.
Raphael nahm das Champagnerglas auf und betrachtete versonnen den geschliffenen Kristallkelch. Einen Moment lang
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