JULIA PRÄSENTIERT TRAUMZIELE DER LIEBE Band 01
Strähnchen ließ sie lose herabhängen.
Endlich war sie startbereit. Ihre Kehle war ganz trocken vor Nervosität. Bin ich völlig verrückt, mich mit diesem Mann noch einmal zu treffen?, fragte sie sich. Doch mit einem Male wusste sie, dass sie es nicht ertragen hätte, ihn nicht mehr wiederzusehen.
Vom Hotel bis zum Markusplatz war es nicht weit. Sie bahnte sich ihren Weg durch die Touristentrauben bis zum Café Florian. Kleine Tische waren hier auch im Freien gedeckt. Und ein Orchester machte mit seiner Musik dem Lärm der Touristen und der Kapelle, die im Café Quadro auf der anderen Seite des Platzes spielte, Konkurrenz.
Francine entdeckte Alessandro sofort. Er saß etwas abseits und war in seinem dunklen Anzug mit schneeweißem Hemd weitaus nobler gekleidet als die meisten Leute. Sein pechschwarzes Haar und die Narbe quer über seinem Gesicht verliehen ihm eine verwegene Note. Während Francine auf zittrigen Beinen auf ihn zuging, fiel ihr auf, wie etliche andere Frauen interessiert zu ihm herüberschauten. Sehr interessiert sogar – manche von ihnen machten kein Hehl daraus, seine Aufmerksamkeit gewinnen zu wollen.
Alessandro hatte jedoch nur Augen für Francine. Aufmerksam betrachtete er sie von oben bis unten. Francine stockte der Atem. Während sie näher kam, erhob er sich mit einer geschmeidigen Bewegung von seinem Stuhl. Als sie ihm gegenüber Platz nehmen wollte, beugte er sich vor und hielt sie beim Arm fest. „Ich habe drinnen einen Tisch bestellt. Dort ist es ruhiger, besser für eine ungestörte Unterhaltung.“
Die Berührung seiner Finger auf ihrem unbedeckten Arm löste ein Kribbeln in ihr aus, das sie als köstlich empfand. Francine ließ sich von Alessandro hineingeleiten. Sie war beeindruckt von der stilvollen Einrichtung, den kostbaren Intarsienarbeiten und dem morbiden Charme dieses altehrwürdigen Cafés, das bereits seit dem Jahre 1720 bestand und das schon dereinst Napoleon als den ‚schönsten Salon Europas‘ bezeichnete hatte.
In einem der Räume des Cafés nahmen sie auf dunkelrot gepolsterten Sitzen Platz. Sofort war ein Kellner zur Stelle. Alessandro gab für sich und auch für Francine die Bestellung auf.
Hinterher konnte sie sich jedoch kaum mehr auf das erlesene Geschirr besinnen oder darauf, was sie verzehrt hatte. Deutlich erinnern konnte sie sich dagegen an den Klang seiner Stimme – so verführerisch dunkel und samten. Alessandro hatte über die Geschichte Venedigs gesprochen, über die Blütezeit des Seehandels, als Schiffe mit Gewürzen, Parfümen und Seide in die Lagune gesegelt kamen und die reiche Stadt, die damals über weite Landstriche regierte, belieferten. Dann hatte er dem die Probleme des heutigen Venedigs gegenübergestellt – den ständig und mittlerweile bedrohlich steigenden Wasserpegel und die Umweltprobleme, die der Massentourismus auch in Venedig in erschreckendem Maße verursachte.
Als sie Florian’s verließen, war es draußen bereits dunkel. Alessandro begleitete sie noch bis zum Hotel. Dort angekommen, verspürte Francine ein schlechtes Gewissen. „Wir – wir haben den gesamten Abend über kein einziges geschäftliches Wort gesprochen.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Obschon das der eigentliche Grund unserer Verabredung war – nicht wahr?“
Alessandro lächelte. „Richtig. Daher fürchte ich, müssen wir uns noch einmal zusammensetzen. Morgen um eins, zum Mittagessen? In Harry’s Bar?“
Am liebsten hätte sie sofort ein begeistertes Ja ausgestoßen. Aber sie zwang sich, Haltung zu bewahren und eher gleichmütig zu klingen. „Von mir aus gerne – doch erst muss ich Pete, meinen Chef, fragen.“
„Oh, ich glaube schon, dass Pete einverstanden sein wird.“ Seine Augen funkelten amüsiert. „Schon deshalb, weil er daran interessiert ist, mit meinem Unternehmen einen Vertrag abzuschließen.“
„Werden Sie ihm den Fotoauftrag für Ihren Katalog geben?“, hakte Francine ganz unverblümt nach.
Er sah sie nachdenklich an. „Würden Sie mir dazu raten?“
„Ja – auf alle Fälle. Pete ist wirklich ein Spitzenfotograf.“
„Ich denke, darüber muss ausführlich diskutiert werden.“ Er sah sie verführerisch an. „Aber wie es aussieht, wird das mehrere Gesprächsrunden erfordern. Ich hoffe, Sie haben noch keine anderen Pläne für Ihre freien Stunden in dieser Woche?“
„Nein, habe ich nicht“, erwiderte Francine umgehend. Doch schon im nächsten Moment war sie über ihren offenkundigen Übereifer selbst verärgert.
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