JULIA PRÄSENTIERT TRAUMZIELE DER LIEBE Band 03
Eingang stehen.
Es war ungewöhnlich, dass er ohne Einladung auftauchte, doch sie begriff sofort, dass etwas nicht in Ordnung mit ihm war.
„Carl! Komm herein … ist etwas passiert?“, fragte sie.
„Das kann man wohl sagen! Ich bin gefeuert. Ich und fünf andere. Seit der Firmenübernahme vor einem Monat hat es eine so genannte ‚Rationalisierungsmaßnahme‘ gegeben. Im Klartext: sechs Stellen sind gestrichen worden. Rationalisierung, dass ich nicht lache. Ich würde es ein Blutbad nennen. Ich brauche einen starken Drink, Rosie … und eine Schulter, um mich auszuheulen.“
Inzwischen war deutlich, dass er schon mehrere harte Drinks zu sich genommen hatte.
„Wie steht’s mit einer Tasse Tee und etwas zu essen?“ Rosie merkte, dass sie im Pelham Hotel anrufen musste, um Madame Clermont mitteilen zu lassen, dass sie später kommen würde.
Sie kannte andere Leute, die durch Firmenzusammenschlüsse arbeitslos geworden waren. Sie wusste, was für ein Schock es war, plötzlich auf der Straße zu stehen und womöglich hohe finanzielle Verpflichtungen zu haben. Da er keine Frau und keine Kinder hatte, war Carls Situation noch nicht einmal so hoffnungslos. Doch der Schlag, den sein Stolz und sein Selbstvertrauen erlitten hatten, war dennoch enorm.
Er war ein guter Freund, den sie in letzter Zeit etwas vernachlässigt hatte. Doch das bedeutete nicht, dass sie ihn einfach abweisen konnte, wenn er dringend jemanden brauchte, dem er sein Herz ausschütten konnte.
„Wodurch wurdest du denn aufgehalten?“, fragte Nicholas recht schroff, als man sie in die Suite von Madame Clermont führte.
„Ein Freund kam unerwartet vorbei, und dann hatte ich Schwierigkeiten, ein Taxi zu bekommen.“
„Nicholas wollte schon losfahren und Sie abholen, aber ich hielt ihn zurück“, sagte Marie-Laure. „Es ist wirklich ganz unwichtig, um welche Zeit wir zu Abend essen“, fügte sie besänftigend hinzu. „Setzen Sie sich, meine Liebe, und entspannen Sie sich. Es ist immer unangenehm, wenn Leute unangemeldet kommen. Nicholas bringt Ihnen einen Aperitif.“
Gott sei Dank, dass sie ihn zurückgehalten hatte, dachte Rosie. Nicht auszudenken, wenn er Carl angetroffen hätte, der schließlich auf dem Sofa zusammengeklappt war, während Rosie ihm in der Küche Tee und etwas zu essen bereitete.
Zuerst hatte er in der Küche gesessen und sich seinen ganzen Ärger von der Seele geredet. Dann hatte er sich entschuldigt, um zur Toilette zu gehen, war ins Wohnzimmer gegangen und hatte sich den kräftigen Schluck eingeschenkt, der ihn schließlich kollabieren ließ.
Im Grunde war Rosie erleichtert gewesen, weil er wahrscheinlich schlafen würde, bis sie wieder nach Hause kam. Sie hatte ihm die Krawatte abgenommen, die Schuhe ausgezogen und ihn mit einer Decke zugedeckt.
Für den Fall, dass er aufwachte, hinterließ sie ihm eine Nachricht; und schrieb Clare und Angie einen Zettel, die Carl gar nicht kannten und sich furchtbar erschrecken würden, wenn sie einen fremden Mann im Haus vorfänden.
Marie-Laure, die anscheinend spürte, dass Rosie unruhiger war, als sie durchblicken ließ, lockerte die Stimmung mit ein paar amüsanten Anekdoten auf.
Der Abend verging wie im Fluge, und Nicholas schien wieder mehr er selbst zu sein, so wie Rosie ihn in Font Vella erlebt hatte.
„Warum beendet ihr beiden Jungen nicht diesen glücklichen Tag auf die Weise, wie wir es in den Zwanzigern taten, als ich jung war?“, schlug Marie-Laure vor, als sie das köstliche Abendessen mit Kaffee und Pralinen abgerundet hatten.
„Und wie war das?“, fragte Nicholas.
„Wir wären in einem Nachtclub tanzen gegangen. Oh, und wie wir tanzten! Tango, Charleston, Foxtrott … wundervolle Tänze zu wundervoller Musik. Es wird doch bestimmt ein Lokal in London geben, in das der engste Freund des Bräutigams die engste Freundin der Braut ausführen könnte.“
„Da bin ich ganz sicher. Hättest du Lust dazu, Rosie?“, fragte er. In seinen Augen lag der gleiche warme Glanz, den sie an jenem Nachmittag im Garten des Klosters hatten, als er sie auf seine Arme genommen hatte.
Einen Moment lang war sie versucht zu sagen, dass sie nichts lieber täte, doch dann erinnerte sie sich an Carl. „An jedem anderen Tag wäre ich gern tanzen gegangen, aber nicht heute.“
„Warum nicht heute Abend?“
„Ich – ich habe eine wichtige Besprechung morgen Früh, und die letzten Tage waren so turbulent, dass ich kaum etwas vorbereiten konnte.“
„Nun, ich möchte
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