Julia Quinn
alle.«
Blake lachte leise. »Ich hatte mal
eine heftige Neigung zu einem Mädchen namens Sarah Wigglesworth gefasst. Aber
mein Bruder konnte mich davon überzeugen, dass ich stark sein und sie gehen
lassen müsste.«
»Ja«, bemerkte Caroline sinnend, »ich
kann mir ausmalen, dass es für ein Kind Schwierigkeiten bedeuten würde,
Wigglesworth Ravenscroft zu heißen.«
»Ich glaube eher, David wollte sie
für sich selbst. Keine sechs Monate später waren sie verlobt.«
»Oh, wie wundervoll!« rief Caroline
aus und brach in haltloses Gelächter aus. »Aber muss sein Kind jetzt nicht
Wigglesworth heißen?«
»Nein, nur wir zweitgeborenen Söhne
sind verpflichtet, diesem Brauch zu folgen.«
»Aber ist Ihr Vater denn nicht der
Viscount? Warum musste er dem Brauch folgen?«
»Mein Vater war ursprünglich selbst
der Zweitgeborene. Sein Bruder starb, als er fünf war. Zu diesem Zeitpunkt war
mein Vater bereits geboren und getauft.«
Caroline lächelte. »Und wie lautet
sein Name?«
»Ich fürchte, Vater hatte nicht so
viel Glück wie ich. Der Mädchenname meiner Großmutter war Petty.«
Sie schlug sich die Hand vor den
Mund. »Liebe Güte. Ich sollte nicht lachen, aber ...«
»Doch, das sollten Sie sehr wohl.
Wir alle tun das.«
»Wie nennen Sie ihn?«
»Für mich ist er Vater, für alle
anderen Darnsby, was ja sein Titel ist.«
»Was tat er, bevor er den Titel
erbte?«
»Ich vermute, er hat alle
angewiesen, ihn Richard zu rufen.«
»Ist das einer seiner Vornamen?«
»Nein«, sagte Blake mit einem
Schulterzucken, »aber er zog ihn Petty bei weitem vor.«
»Wie komisch«, sagte sie und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. »Was
geschieht, wenn ein Ravenscroft keinen zweitgeborenen Sohn hat?«
Er beugte sich mit einem teuflischen
Funkeln in den Augen vor und flüsterte verschwörerisch: »Wir versuchen es
immer wieder, bis es klappt.«
Carolines Wangen wurden feuerrot. »Oh.
Wissen Sie«, erwiderte sie rasch, »plötzlich bin ich doch sehr müde. Ich
glaube, ich sollte hineingehen und mich kurz ausruhen. Sie sind natürlich
herzlich eingeladen, mich ins Haus zu begleiten.«
Sie wartete seine Antwort aber gar
nicht ab, sondern drehte sich auf dem Absatz herum und hinkte fort – und das
ziemlich schnell für jemanden, der beim Gehen auf die Hilfe eines Stockes
angewiesen war.
Blake beobachtete, wie sie im Haus
verschwand, und das Lächeln, das praktisch während der ganzen Unterhaltung auf
seinem Gesicht gewesen war, wollte einfach nicht weichen. Es war eine ganze
Weile her, seit er das letzte Mal an den Familienbrauch der Namensgebung für
den zweitgeborenen Sohn gedacht hatte. Marabelles Nachname war George
gewesen, und sie hatten immer wieder gescherzt, dass sie allein aus diesem
Grund heiraten sollten.
George Rauenstroft. Er war in Blakes Vorstellung beinahe
wirklich gewesen, ein Junge mit seinen schwarzen Locken und Marabelles
hellblauen Augen.
Aber es würde keinen George
Ravenscroft geben. »Es tut mir so Leid, Marabelle«, flüsterte er
selbstvergessen. Er hatte sie auf so viele Arten im Stich gelassen. Er war
nicht in der Lage gewesen, sie zu beschützen, und auch wenn er versucht hatte,
ihrem Andenken treu zu bleiben, war ihm selbst das nicht immer gelungen.
Und heute – heute war sein
Vertrauensbruch über die bloßen Bedürfnisse seines Körpers hinausgegangen. Er
hatte Carolines Gesellschaft ehrlich genossen und seit langem wieder echte
Freude empfunden. Schuldgefühl durchbohrte seine Brust wie ein Pfeil.
»Es tut mir Leid, Marabelle«,
wisperte er noch einmal.
Doch als er zum Haus zurückging,
ertappte er sich tatsächlich dabei, wie er »Trent Ravenscroft« sagte.
Er schüttelte den Kopf, aber er
konnte einfach nicht aufhören, daran zu denken.
10. KAPITEL
Um/laut (Substantiv). Begriff aus der
Sprachwissenschaft (auch Metaphon). Die Angleichung des Vokals einer betonten
Silbe an den der folgenden (unbetonten) Silbe; kommt vor allem in Sprachen
germanischen Ursprungs häufig vor. Das diakritische Zeichen (siehe
vorvorletzter Eintrag im Wörterbuch) für eine solche Angleichung ist zum
Beispiel im Deutschen der doppelte Punkt über einem Vokal (ä, ö, ü).
Von dem, was ich kürzlich von Mr.
Ravenscroft über die Tradition der Namensgebung in seiner Familie erfahren
habe, muss ich meinem Schöpfer dankbar sein, dass ich nicht in Deutschland
geboren bin, da in diesem Fall vielleicht in meinem Nachnamen ein Umlaut vorkäme.
Aus dem persönlichen Wörterbuch von
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