Julia Quinn
Ihrem
Knöchel?«
»Ausgezeichnet.«
»Sind Sie sicher?«
»Großes Ehrenwort. Ich hätte mich
bloß nicht auf die Zehenspitzen stellen sollen. Morgen wird er wieder völlig
gesund sein.«
Blake ging neben ihr in die Hocke
und nahm zu ihrem Entsetzen und ihrer Überraschung ihren Knöchel behutsam in
seine Hände. Er untersuchte ihn vorsichtig, dann richtete er sich wieder auf. »Morgen
ist vielleicht ein wenig zu optimistisch, aber die Schwellung ist doch schon
beträchtlich zurückgegangen.«
»Ja.« Sie schloss den Mund, da ihr
plötzlich die Worte fehlten. Das war für sie ein seltenes Ereignis. Was wurde
von einem in dieser Situation erwartet? Vielen Dank für den wunderschönen
Kuss. Könnte ich vielleicht noch einen haben?
Irgendwie konnte sich Caroline des
Gefühls nicht erwehren, dass eine solche Äußerung nicht allgemein gebilligt
würde, auch wenn sie von Herzen kam. Geduld, Geduld, Geduld, ermahnte sie sich.
Blake blickte sie mit einem
seltsamen Ausdruck in den Augen an. »Sie sehen irgendwie beunruhigt aus.«
»Ach ja?«
»Verzeihen Sie«, erwiderte er
augenblicklich. »Das geht mich nichts an. Sie wirkten nur mit einem Mal so
ernsthaft.«
»Ich musste bloß an meine Cousine
denken«, platzte sie heraus und ärgerte sich im selben Moment. Wie närrisch sie
sich anhören musste!
»Ihre Cousine?«
Sie nickte unbestimmt. »Sie heißt
Patience.«
»Ich verstehe.«
Caroline fürchtete fast, dass er das
tatsächlich tat. Seine Mundwinkel zuckten. »Sie muss ein Vorbild für Sie sein.«
»Nicht im Mindesten. Patience ist
eine alte Hexe«, log sie. In Wirklichkeit war Patience Merriwether eine
aufreizende Mischung aus Zurückhaltung, Frömmigkeit und Anstand. Caroline hatte
sie nie persönlich getroffen, aber die Briefe ihrer Cousine waren immer voller
unvorstellbar frommer Belehrungen – oder, Carolines Ansicht nach, voller Unhöflichkeiten. Aber sie hatte in all den Jahren nicht aufgehört, ihr zu schreiben,
da selbst so langweilige Briefe noch eine willkommene Abwechslung im Leben mit
ihren grässlichen Vormündern waren.
»Hm«, erwiderte er unverbindlich. »Ziemlich grausam, meiner Meinung nach, ein Kind mit
einem solchen Namen zu belasten.«
Caroline dachte einen Augenblick
darüber nach. »Ja. Es ist schwer genug, den Erwartungen seiner Eltern gerecht
zu werden. Können Sie sich vorstellen, sich selbst gerecht zu werden? Ich
vermute allerdings, es müsste noch schlimmer sein, wenn man nach anderen
Tugenden benannt würde, wie Faith, Hope oder Charity. Wer möchte schon Glaube,
Hoffnung oder Barmherzigkeit heißen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Für
Sie, glaube ich, wäre Patience am schwierigsten gewesen.«
Sie versetzte ihm einen
spielerischen Stoß gegen die Schulter. »Wo wir gerade von merkwürdigen Namen
sprechen – wie sind Sie zu Ihrem gekommen?«
»Sie meinen
Blake?«
Sie nickte.
»Das ist der Mädchenname meiner
Mutter. In der Familie meines Vaters ist es Brauch, dem zweitgeborenen Sohn als
Vornamen den Mädchennamen seiner Mutter zu geben.«
»Dem
zweitgeborenen Sohn?«
Blake zuckte die Schultern. »Der
erstgeborene bekommt gewöhnlich einen bedeutenden aus der Familie seines Vaters.«
Trent Ravenscroft, musste Caroline plötzlich denken.
Das klang nur halb so schlimm. Sie lächelte unwillkürlich.
»Weshalb
lächeln Sie so?« fragte er.
»Ich?« Sie schluckte. »Nichts
Besonderes. Nur, dass ... nun ja ...«
»Heraus
damit, Caroline.«
Sie schluckte erneut, während ihr
Verstand mit dreifacher Geschwindigkeit arbeitete. Es stand außer Frage zuzugeben, dass sie sich Fantasien über ihrer beider gemeinsamen Nachwuchs hingab. »Was
ich gedacht habe«, erwiderte sie bedächtig.
»Ja?«
Natürlich! Das war die Lösung. »Ich
musste daran denken«, fuhr sie mit neuer Zuversicht fort, »dass Sie großes
Glück hatten, dass Ihre Mutter keinen dieser neumodischen Doppelnamen mit
Bindestrich hatte. Können Sie sich vorstellen, mit einem Namen wie Hamilton-Fortescue
Ravenscroft zu leben?«
Blake musste grinsen. »Was glauben
Sie – würde man mich Fort oder Ham rufen?«
»Oder«, spann Caroline mit einem
Lachen in der Stimme den Faden weiter, »was, wenn sie aus Wales stammen würde?
Sie müssten völlig ohne Selbstlaute auskommen.«
»Aberystwyth Ravenscroft«, sagte er,
den Namen einer berühmten Burg nehmend. »Das hat doch eindeutig etwas
Besonderes.«
»Ah, aber dann müsste alle Welt Sie
Stwyth nennen, und es würde sich so anhören, als lispelten wir
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