Julia Quinn
Bescheid
gesagt, dass James seine Tarnung aufgegeben hat?« wollte Lady Danbury mit
ungewohnt schriller Stimme wissen.
»Blake?« Caroline zupfte ihren
Mann am Ärmel. »Ich glaube, das ist für uns das Stichwort zu gehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Das
hier möchte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.«
»Nun, das wirst du wohl
müssen«, stieß James hervor. Er durchquerte das Zimmer und packte
Elizabeths Hand. »Ihr dürft alle gern bleiben und euren Tee genießen, aber
Elizabeth und ich gehen!«
»Moment mal!« protestierte sie
und versuchte erfolglos, ihm ihre Hand zu entziehen. »Das kannst du nicht
machen!«
Er starrte sie verständnislos an.
»Was kann ich nicht machen?«
»Das hier!« fauchte sie. »Du
hast kein Recht, über mich zu ...«
»O doch.« Er bedachte sie mit
einem sehr zuversichtlichen, typisch männlichen Lächeln.
»Taktisch sehr unklug von ihm«,
flüsterte Caroline Blake zu.
Jetzt gelang es ihr doch, sich aus
seinem Griff zu befreien. Angestrengt bemühte sie sich, ihren Ärger im Zaum zu
halten. »Das hier ist mein Haus«, teilte sie ihm zähneknirschend mit.
»Wenn jemand meine Gäste auffordert, sich hier wohl
zu fühlen, dann bin ich es!«
»Dann tue
es«, gab James zurück.
»Du kannst
mir nicht befehlen, mit dir mitzugehen.«
»Das habe ich auch nicht getan. Ich
habe lediglich deinen Gästen – die wahrscheinlich alle uneingeladen hier
erschienen sind – erklärt, dass wir gehen.«
»Er
vermasselt doch alles!« flüsterte Caroline.
Elizabeth verschränkte die Arme vor
der Brust. »Ich gehe nirgends hin.«
James
setzte eine ausgesprochen drohende Miene auf.
»Wenn er sie doch nur höflich bitten
würde!« sagte Caroline leise zu Blake.
»Blake,
bring deine Frau zum Schweigen!«
Blake lachte, was ihm einen
Rippenstoß von Caroline eintrug.
»Und nun zu dir«, wandte sich
James wieder an Elizabeth. »Ich habe alle Geduld der Welt aufgebracht. Wir
müssen miteinander reden. Das können wir entweder draußen tun oder hier, vor
meiner Tante, vor deinen Geschwistern und ...« Er zeigte auf Blake und
Caroline. »Und vor den beiden da.«
Elizabeth schluckte nervös, sie war
wie gelähmt vor Unentschlossenheit.
Er beugte sich näher zu ihr. »Du
hast die Wahl, Elizabeth.«
Sie blieb reglos stehen und brachte
keinen Ton über die Lippen.
»Also gut, dann entscheide ich eben
für dich.« Ohne zu zögern, legte er die Hände um ihre Taille, hob sie
hoch, legte sie sich über die Schulter und trug sie nach draußen.
Blake hatte das sich anbahnende
Drama mit einem amüsierten Lächeln verfolgt. »Ehrlich gesagt, Liebling, ich
stimme nicht mit dir überein. Bei genauerer Betrachtung muss man zugeben, dass
seine Taktik außerordentlich klug und erfolgreich war!«
21. KAPITEL
Elizabeth wand und wehrte sieh nach
Leibeskräften, aber James hatte etwas untertrieben, als er ihr von seinen
Boxfähigkeiten erzählt hatte. Er hatte große Erfahrung darin und sicherlich
mehr als nur »ein paar Unterrichtsstunden« gehabt. In London war er fast
täglich in Gentleman Jacksons Boxhalle gewesen, und zu Hause versetzte er
seine Bediensteten oft genug in Erstaunen, wenn er im Stall Beinarbeit
trainierte und auf Heuballen einschlug. Die Folge war, dass er unglaublich
stark war und Elizabeth trotz ihrer verzweifelten Gegenwehr keine Chance
gegen ihn hatte.
»Lass mich herunter!« rief sie
empört.
Er sah keinen Anlass, darauf zu
antworten.
»Mylord!«
»James!« verbesserte er wütend
und entfernte sich mit ausgreifenden Schritten immer weiter von ihrem Haus. »Du
hast mich oft genug so genannt!«
»Da habe ich auch noch gedacht, du seist
Mr. Siddons. Lass mich herunter!«
James ging weiter und hielt sie
eisern fest.
»James!«
»Das klingt schon besser«,
grollte er.
Elizabeth wand sich noch heftiger
und zwang ihn dadurch, auch noch den zweiten Arm um sie zu legen. Sofort hörte
sie auf, sich zu wehren.
»Hast du endlich eingesehen, dass du
mir nicht entkommen kannst?« fragte er sanft.
Sie sah ihn nur aufgebracht an.
»Ich deute das als eine
Zustimmung.«
Nach einer Weile setzte er sie
endlich an einem großen alten Baum ab. Sie stand mit dem Rücken an den Stamm gelehnt, ihre Füße waren
eingeschlossen von den dicken, knorrigen Wurzeln. James stand mit gespreizten
Beinen und vor der Brust verschränkten Armen vor ihr.
Elizabeth starrte ihn wütend an und
verschränkte ebenfalls die Arme.
James verlagerte sein Gewicht ganz
leicht von einem Bein auf das andere,
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