Julia Quinn
sagte aber kein Wort.
Elizabeth
hob trotzig das Kinn an.
James zog
eine Braue hoch.
»Ach, um Himmels willen!« platzte
sie schließlich heraus. »Nun sag endlich, was du zu sagen hast!«
»Gestern habe ich dich gebeten,
meine Frau zu werden.«
Sie schluckte. »Und ich habe gestern
abgelehnt.«
»Wie denkst du heute darüber?«
Ihr lag auf der Zunge zu sagen:
»Heute hast du mich noch nicht darum gebeten«, aber die Worte wollten ihr
nicht über die Lippen kommen. Eine solche Bemerkung hätte sie vielleicht James
Siddons gegenüber gemacht. Aber dieser Mann hier war jemand ganz anderes, und
sie hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte. Es war nicht so, dass
sie den Umgang mit dem Hochadel nicht gewohnt war, immerhin hatte sie viele
Jahre in Lady Danburys Gesellschaft verbracht. Dennoch war ihr, als sei sie
in irgendeiner seltsamen kleinen Farce gefangen, deren Regeln sie nicht
kannte. Ihr Leben lang hatte man ihr beigebracht, wie man sich benahm; jedes
anständige junge Mädchen in England wurde darin unterrichtet. Aber niemand
hatte ihr je erklärt, was sie tun sollte, wenn sie sich in einen Mann
verliebte, der die Identität wechselte wie andere Leute ihre Kleidung.
»Du hättest uns diese Schenkung
nicht machen dürfen«, meinte sie schließlich leise.
Er zuckte unbehaglich zusammen. »Ist
das Schreiben angekommen?«
»Gestern Abend.«
Er stieß einen halblauten Fluch aus.
»Im denkbar schlechtesten Augenblick.«
Elizabeth kämpfte gegen ihre
aufsteigenden Tränen an. »Warum hast du das getan? Dachtest du, ich wollte
Almosen? Hieltest du mich für ein törichtes, hilfloses ...«
Er fiel ihr energisch ins Wort. »Ich
fand es geradezu ein Verbrechen, dass du gezwungen sein
solltest, irgendeinen alten Lüstling zu heiraten, nur damit du weiter deine
Familie unterstützen könntest. Abgesehen davon tat es mir in der Seele weh mit
anzusehen, wie du versucht hast, dich völlig zu verbiegen, nur um Mrs. Seetons
Ansprüchen gerecht zu werden.«
»Ich will dein Mitleid nicht«,
teilte sie ihm leise mit.
»Das ist kein Mitleid, Elizabeth! Du
brauchst diese verdammten Edikte nicht. Sie haben nur deinen Esprit
gedämpft.« Er fuhr sich müde mit der Hand durch das Haar. »Ich wollte
einfach nicht, dass du diese lebensfrohe Art verlierst, die dich so
auszeichnet. Dieses stille Feuer in deinen Augen, das geheimnisvolle Lächeln,
wenn dich etwas belustigt – sie hätte dir das alles ausgetrieben, und dabei
konnte ich nicht tatenlos zusehen.«
Sie schluckte, unangenehm berührt
von der Freundlichkeit seiner Worte.
Er trat einen Schritt nach vorn.
»Ich habe es aus Freundschaft getan.«
»Warum dann diese
Geheimniskrämerei?« flüsterte sie.
Er sah sie zweifelnd an. »Hättest du
mich anderenfalls denn akzeptiert?« Er wartete ihre Antwort gar nicht erst
ab. »Ich glaubte es nicht. Außerdem musste ich damals noch James Siddons sein.
Woher hätte ein Verwalter denn all das Geld haben sollen?«
»James, hast du eine Ahnung, wie erniedrigt
ich mich letzte Nacht fühlte? Als ich nach Hause kam, nach allem, was geschehen
war – und diese anonyme Schenkung vorfand?«
»Und wie hättest du dich gefühlt,
wenn diese Nachricht zwei Tage früher eingetroffen wäre? Ehe du wusstest, wer
ich war? Ehe du einen Grund hättest haben können, mich zu verdächtigen,
dahinter zu stecken?«
Sie nagte an ihrer Lippe.
Wahrscheinlich wäre sie zwar misstrauisch, aber trotzdem überglücklich gewesen.
Ganz sicher hätte sie das Geld angenommen. Ihr Stolz war zwar eine Sache, aber
ihre Geschwister brauchten etwas zu essen. Und Lucas musste zur Schule gehen.
Wenn sie James' Antrag annehmen würde ...
»Weißt du überhaupt, wie
selbstsüchtig du bist?« fragte er und beendete damit zum Glück ihren nicht
gerade ungefährlichen Gedankengang.
»Wage es nicht, mich so zu
nennen!« brauste sie auf, und ihre Stimme zitterte vor Zorn. »Andere
Beleidigungen kann ich hinnehmen, aber nicht diese!«
»Warum nicht? Weil du dich die
letzten fünf Jahre wie eine Sklavin für das Wohlergehen deiner Familie
aufgerieben hast? Weil du jedes unerwartete Geschenk gleich an sie
weitergegeben hast, ohne je etwas für dich selbst zu behalten?« Er klang
spöttisch, und sie war zu wütend zum Antworten. »Ja, sicher, das alles hast
du getan«, fuhr er grausam fort. »Aber die eine Chance, eure Situation
wirklich zu verbessern, die einzige Gelegenheit, ihnen endlich das Leben zu
bieten, das sie verdient haben – die hast du einfach
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