Julia Quinn
eine wegwerfende
Handbewegung. »Wie willst du denn bitte meine Ehre verteidigen, wenn ich verheiratet bin?«
»Dunford wirst du jedenfalls nicht
heiraten«, stieß er hervor.
»Wenn du meinst«, sagte sie so
ernsthaft und bedächtig, dass er genau wusste, sie war kurz davor, wieder
loszulachen. »Dann erzähl mir doch bitte, warum Captain Andrien nicht
infrage kommt!«
James antwortete lange Zeit nicht.
Dann: »Er lässt die Schultern hängen.«
Stille. »Du sonderst ihn aus, weil
er die Schultern hängen lässt?« vergewisserte sie sich ungläubig.
»Es ist ein Zeichen innerer
Schwäche.«
»Ich verstehe.«
James begriff, dass Andrien noch ein
weiteres Manko haben musste. »Ganz zu schweigen davon, dass ich einmal
mitbekam, wie er seine Mutter in aller Öffentlichkeit anbrüllte«, erklärte
er, nachdem er fieberhaft nachgedacht hatte.
Elizabeth brachte kein Wort heraus.
Ob das an unterdrücktem Gelächter oder äußerster Verblüffung lag, vermochte
er nicht zu sagen. Und er wollte es auch eigentlich gar nicht herausfinden.
»Das war außerordentlich
respektlos«, fügte er hinzu.
Ohne Vorwarnung streckte sie die
Hand aus und berührte seine Stirn. »Hast du Fieber? Ich habe fast den
Eindruck.«
»Ich habe kein Fieber.«
»Du benimmst dich aber, als hättest
du welches.«
»Wirst du mich ins Bett bringen und
liebevoll pflegen, wenn ich Fieber habe?«
»Nein.«
»Dann habe ich auch kein
Fieber.«
Sie trat einen Schritt zurück. »In
diesem Fall gehe ich jetzt lieber.«
James lehnte sich an die Wand und
fühlte sich grenzenlos erschöpft. Es liegt an ihr, wurde ihm plötzlich klar.
Wenn er nicht gerade wie ein Narr
grinste, war er wütend. Wenn er nicht wütend war, überkam ihn die Lust. Und
wenn ihn nicht gerade die Lust überkam ... Doch Letzteres war ohnehin kaum der
Fall, wenn es um sie ging. Er beobachtete, wie sie die Tür öffnete, und war
fasziniert, wie zart ihre Hände waren.
»James?
James!«
Er schrak
zusammen.
»Bist du sicher, dass Captain
Andrien die Schultern hängen lässt?«
Er nickte, obwohl er wusste, dass er
sich schon am nächsten Tag als Lügner herausstellen würde. Aber vielleicht
fiel ihm bis dahin eine noch cleverere Lüge ein, mit der er sich aus der anderen
herausreden konnte.
Sie spitzte
nachdenklich die Lippen.
Sein Herz
schlug schneller.
»Kommt dir das nicht merkwürdig vor?
Ein Offizier, der die Schultern hängen lässt?«
Er zuckte hilflos die Achseln. »Ich
habe dir gesagt, dass du ihn nicht heiraten sollst.«
Sie stieß einen seltsamen kleinen
Laut aus. »Ich kann seine Haltung sicher korrigieren.«
Er konnte nur noch den Kopf
schütteln. »Du bist eine bemerkenswerte Frau, Elizabeth.«
Sie nickte ihm leicht zu und ging
hinaus. Ehe sie die Tür hinter sich schloss, steckte sie jedoch noch einmal den
Kopf herein. »Ach, James?«
»Ja?«
»Steh
gerade.«
14. KAPITEL
Am folgenden Nachmittag drückte sich Elizabeth in der Nähe
des Haupttors von Danbury House herum und verfluchte sich wegen ihrer
Dummheit und wegen ihrer Feigheit.
Sie hatte Susans Rat befolgt und am
Vortag ihr Notizbuch, in das sie ihre Haushaltskosten eintrug, in Danbury
House liegen gelassen. Da dieses Notizbuch in ihrem Alltag unentbehrlich war,
sah sie sich gezwungen, es während der Gartenparty zu holen.
»An meiner Gegenwart hier ist
absolut nichts Verdächtiges«, sagte sie zu sich selbst. »Ich habe mein
Notizbuch hier vergessen. Ich brauche es unbedingt und kann unmöglich bis
Montag darauf warten.«
Obwohl das natürlich nicht erklärte,
warum sie dieses Notizbuch, das ihr Häuschen noch nie verlassen hatte,
überhaupt hierhin mitgenommen hatte.
Sie wartete bis kurz vor vier, denn
dann würden die Gäste wahrscheinlich draußen sein und die herrliche Sonne
genießen. Lady Danbury hatte etwas von Tennis und Tee auf dem südlichen Rasen
erwähnt. Das war zwar nicht genau die Richtung, in die Elizabeth gehen musste,
wenn sie ihr Buch holen wollte, aber schließlich konnte sie ja den Umweg machen
und Lady Danbury fragen, ob sie das Notizbuch vielleicht gesehen hätte. Wenn da
nur nicht ihr Stolz gewesen wäre ... Gott, ihr war das alles so zuwider. Sie
kam sich so – habgierig vor. Sie stellte sich vor, wie sich ihre Eltern im
Himmel vor Scham wanden, weil ihre Tochter sich so erniedrigte. Wie entsetzt
sie wohl wären, wenn sie sehen könnten, wie ihre Elizabeth erbärmliche Ausreden erfand, nur um auf eine Party gehen zu können, zu der sie nicht eingeladen
war. Und das
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