Julia Quinn
Zimmer war. »Hast du etwas dagegen, wenn ich mir
eine Abschrift davon mache?«
»Warum
willst du das tun?«
»Nur für meine Unterlagen«,
improvisierte er. »Es ist wichtig, in solchen Dingen ganz genau zu sein.«
In Wirklichkeit war James der Ansicht, dass man so wenig wie möglich
schriftlich niederlegen sollte. Es gab unter Umständen nichts Belastenderes für
einen Menschen als handschriftliche Dokumente.
Agatha zuckte die Achseln und hielt
ihm einen leeren Bogen Papier hin. »Eine Feder und Tinte findest du auf dem
Sekretär dort beim Fenster.«
Wenig später hatte James die
Gästeliste säuberlich abgeschrieben und wartete darauf, dass die Tinte
trocknete. »Es besteht immer die Möglichkeit, dass sich der Erpresser unter
deinen Gästen befindet.«
»Das bezweifle ich zwar, aber du
bist schließlich der Experte.«
Er zog erstaunt die Brauen hoch. »Du
erkennst tatsächlich mal mein Urteilsvermögen in einer Angelegenheit an? Es
geschehen noch Zeichen und Wunder!«
»Sarkasmus passt nicht zu dir, mein
Junge.« Agatha reckte den Hals, um einen Blick auf das Papier werfen zu können. »Warum hast du die Namen der
Frauen nicht aufgeschrieben?«
Improvisieren.
»Sie sind weniger verdächtig.«
»Unsinn. Du selbst hast dich in den
ersten Tagen an Miss Hotchkiss' Fersen gehängt, weil du dachtest ...«
»Ich habe
mich nicht an ihre Fersen gehängt!«
»Das war natürlich nur bildlich
gesprochen. Ich wollte dich nur darauf hinweisen, dass du ursprünglich Miss
Hotchkiss verdächtigt hast, deshalb verstehe ich jetzt nicht, warum du alle
anderen Frauen als Verdächtige ausschließt!«
»Mit ihnen werde ich mich befassen,
wenn ich die Männer überprüft habe«, gab er gereizt zurück. Niemand
schaffte es so, ihn in die Enge zu treiben, wie seine Tante. »Und nun muss ich
wirklich wieder an die Arbeit gehen.«
»Geh nur.« Agatha machte eine
entlassende Geste mit der Hand. »Obwohl es schockierend ist mit anzusehen, mit
welcher Hingabe sich der Marquis of Riverdale solch niedrigen Aufgaben
widmet.«
James
konnte nur den Kopf schütteln.
»Außerdem müsste Elizabeth jeden
Moment zurückkommen. Sie ist bestimmt eine angenehmere Gesellschaft, als du
es eben warst.«
»Zweifellos.«
»Dann
geh.«
Er ging. Ehrlich gesagt hatte er
keine große Lust, Elizabeth gerade jetzt über den Weg zu laufen. Erst wollte
er noch einmal die Liste durchgehen und sich Argumente zurechtlegen, warum die
meisten – nein, alle – eingeladenen Männer für sie nicht infrage kamen.
Und das würde etwas schwierig werden, denn zwei von ihnen waren tatsächlich
gute Freunde von ihm.
Elizabeth wollte sich am Nachmittag gerade
auf den Heimweg machen, als sie auf James traf, der soeben sein Verwalterhaus verließ. Sie hatte erst überlegt, den anderen Weg über die
Hauptzufahrt zu nehmen, diese Möglichkeit dann aber als feige wieder verworfen.
Sie ging auf dem Heimweg schließlich immer am Verwalterhaus vorbei, und von
dieser Gewohnheit wollte sie nicht ablassen, nur wegen des höchst
unwahrscheinlichen Falls, dass James doch zu Hause sein könnte und nicht unterwegs
war, um einer seiner vielen Verpflichtungen nachzugehen.
Aber dann war er doch da und öffnete
gerade die Haustür, als sie vorbeiging. Elizabeth nahm sich insgeheim vor,
sich nie wieder auf ihr Glück zu verlassen.
»Elizabeth«,
donnerte er. »Ich habe dich gesucht.«
Ein Blick auf sein grimmiges Gesicht
ließ sie zu dem Schluss kommen, dass es angeraten war. einen dringenden Notfall
zu Hause zu erfinden. »Ich würde gern mit dir plaudern«, behauptete sie
leichthin. »Aber Lucas ist krank, und Jane ...«
»Gestern
sah er aber überhaupt nicht krank aus.«
Sie versuchte zu lächeln, was ihr
nicht leicht fiel. »Kinder werden meist ganz plötzlich krank. Wenn du mich
jetzt bitte entschuldigen willst?«
Er packte ihren Arm. »Wäre er
ernsthaft krank, wärst du heute nicht zur Arbeit gekommen.«
Verdammt, das war ein Argument. »Ich
habe ja auch nicht gesagt, dass er ernsthaft krank ist«, stieß sie gereizt
hervor. »Trotzdem möchte ich mich gern um ihn kümmern.«
»Wenn er also nicht ernsthaft krank
ist, wirst du sicher zwei Minuten für mich erübrigen können.« Ehe sie noch
protestieren konnte, zerrte er sie am Arm in sein Haus.
»Mr.
Siddons!«
Er stieß die Tür mit dem Fuß zu.
»Ich dachte, wir wären inzwischen per Du.«
»Das habe ich soeben rückgängig
gemacht«, fuhr sie ihn an. »Lassen Sie mich hinaus.«
»Hör auf, dich so aufzuführen,
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