Julia Saison Band 01
über die Gefahr erzählen, mit dem Feuer zu spielen. Das Komitee wird Ihnen zusätzlich gesundheitsbezogene Themen zur Abhandlung übertragen. Sie werden …“
Der Lieutenant hustete laut. Alle drehten sich zu ihm um und starrten ihn an.
„… sicherlich genügend Zeit finden“, fuhr der Richter fort, „um sich auf Ihre Abschlussprüfung vorzubereiten und …“
„Ich habe nicht wirklich mit dem Feuer gespielt, Euer Ehr…“
„Und ich war noch nicht fertig, Mrs. Lewis. Ich bin überzeugt, dass Sie Ihren Kindern beigebracht haben, Sie nicht zu unterbrechen. Dieselbe Regel gilt auch für meinen Gerichtssaal. Also, wie gesagt, Sie werden an diesem Sicherheitsprogramm teilnehmen. Gehen Sie in die Schulen, reden Sie mit den Kindern. Die Teilnahme an diesem Projekt ist eine Bedingung dafür, dass die Vorstrafe aus Ihrem Führungszeugnis gelöscht wird.“
„Aber, Sir …“
„Mrs. Lewis, das Urteil ist gefallen. Sie können weder darüber diskutieren noch Widerspruch einlegen. Leisten Sie die Sozialstunden ab, und lassen Sie sich nichts mehr zuschulden kommen. Ihnen bleibt nur noch zu sagen: Vielen Dank, Euer Ehren .“
Carly schwieg.
Henry stieß sie mit dem Ellbogen an.
„Vielen Dank, Euer Ehren“, murrte sie ungnädig.
„Ich denke, Sie werden die Erfahrung als sehr aufschlussreich empfinden.“
Leise murmelte sie vor sich hin: „Aufschlussreich auf eine …“
„Wie bitte?“
„Ich habe gesagt: Vielen Dank, Euer Ehren.“
„Der nächste Fall!“, rief der Richter.
Henry führte sie eiligst aus dem Saal.
„Es tut mir leid, Mrs. Lewis“, sagte Mrs. Kelly. „Richter Bradley kann unvorhersehbar sein. Vor allem in letzter Zeit.“
„Schon gut.“
Mrs. Kelly wünschte Carly viel Glück und verabschiedete sich.
„Mir tut es auch leid“, murmelte Henry betroffen. „Aber vielleicht werden die Sozialstunden ja gar nicht so schlimm.“
„Bestimmt nicht“, beruhigte sie ihn, obwohl sie ganz anders darüber dachte.
Die Mitarbeit im Festtagskomitee des Elternrates, die Heidi ihr aufgebrummt hatte, sah Carly mittlerweile als erfreuliche Fügung an, denn zwischen ihr und den beiden anderen Mitgliedern, Samantha und Michelle, war eine innige Freundschaft entstanden. Aber es war ernsthaft zu bezweifeln, dass sich erneut eine erzwungene ehrenamtliche Tätigkeit als Glücksgriff entpuppte.
Im Geist versuchte sie, die ihr bevorstehenden Aktivitäten im Januar zu planen. Sie musste ihren Dienst im Krankenhaus versehen, für die Abschlussprüfung lernen, die Valentinstanzveranstaltung für den Elternrat planen und nun zu allem Überfluss auch noch in verschiedenen Schulen über Brandschutz und Sicherheit referieren.
Und vor allem musst du für deine eigenen Kinder da sein.
Dieser Gedanke erinnerte sie an den Weihnachtsmarkt, den das Festtagskomitee ausrichtete, und der bereits begonnen hatte. Sie sah auf die Uhr. Sicherlich wurde sie schon sehnsüchtig von Michelle und Samantha erwartet. Die beiden waren bestimmt sehr gespannt, wie die Verhandlung verlaufen war.
Carly musste sich beeilen. Ihre Stimmung hob sich allein dadurch, dass sie sich all die Anteilnahme vorstellte, die sie bekommen würde.
Apropos: Der Lieutenant bedachte sie mit einem teilnahmsvollen Blick.
Sie wollte weder von ihm noch von irgendeinem anderen Mann bedauert werden. Daher reckte sie bewusst das Kinn vor und eilte an ihm vorbei aus dem Gerichtsgebäude.
Lieutenant Chuck Jefferson beobachtete, wie Carly Lewis an ihm vorbeiging. Sie war klein und zierlich. Ihr dunkles Haar war schulterlang und wippte hin und her, während sie durch die Halle stürmte. Die kalte Schulter, die sie ihm präsentierte, passte zur Jahreszeit. Denn es war Winter in Erie.
Irgendwie tat sie ihm leid, obwohl er ahnte, dass es ihr gar nicht gefallen hätte. Er war seit zwölf Jahren Polizist und glaubte, längst immun gegen rührselige Geschichten von Angeklagten zu sein. Es war auch gar nicht ihre Story, die ihm naheging. Nein, es war ihr Verhalten. Sie weigerte sich, Opfer zu sein. Und sie zeigte Eigeninitiative.
Sie hatte nicht beabsichtigt, ihre Nachbarschaft abzufackeln. An der Brandstätte hatte sie sich selbst als unglücklichen Feuerteufel bezeichnet.
Er lächelte über den Ausdruck, während er zum Richterzimmer eilte.
Im Vorraum sprach Anderson Bradley gerade mit seiner Sekretärin Joyce. Er drehte den Kopf zur Tür, als Chuck eintrat, und verkündete: „Ich wusste gar nicht, dass du den Fall bearbeitet hast. Tut mir leid, dass du
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