Julia Saison Band 11
Unfall wirklich so undramatisch abgelaufen ist, aber ich bin froh, dass du nicht blutest und keine Knochen gebrochen sind. Aber wessen Pferd hast du geritten? Besitzt dein Arbeitgeber Pferde?“
Cain schien hin- und hergerissen zu sein. „Ja, eine ganze Reihe. Und meine Arbeit verlangt, dass ich auf einem Pferd sitzen bleiben kann. Ich arbeite zur Probe auf der Ranch.“
Mit allem Möglichen hätte sie gerechnet, aber damit nicht. Merritt zog die Brauen hoch. Sie fragte nicht lange, welche Ranch er meinte. „Du … auf der Paxton-Ranch. Das ist ein Ding. Was heißt ‚zur Probe‘?“ Wichtiger noch war die Frage, warum er es vor ihr geheim gehalten hatte.
„Auch, wenn es im Moment nicht so aussieht, kann ich wohl mit Pferden umgehen, habe aber keinerlei Erfahrung mit Vieh.“
Merritt überlegte kurz. „Für den Fall, dass du Andys oder Kyles Stelle übernimmst: Ich hatte nicht den Eindruck, dass die viel von ihrer Arbeit verstanden.“
„Ja, offiziell heißt es, dass ich für einen von ihnen nachrücke. Inoffiziell soll ich Josh Bevans’ Stelle übernehmen. Aber ich hielt es nicht für richtig, dass Sanford einen blutigen Anfänger, noch dazu seinen Enkel, auf die Ranch holt und ihn sofort in Joshs Befugnisse einsetzt.“
Merritt kam aus dem Staunen nicht heraus, freute sich aber auch. „Das … das ist ja toll. Wann ist das passiert?“
„Am Tag, nachdem ich den Job für Ed Quinn erledigt hatte. Ich hatte noch ein paar kleine Aufträge in Aussicht, aber die brachten nicht viel Geld ein. Das hat mich beunruhigt. Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, mich wieder in der Army zu verpflichten.“
„Cain!“ Der Gedanke erschreckte Merritt zu Tode. In erster Linie, weil er dann über lange Zeiträume hinweg fort sein würde. Monatelang. Jahrelang.
Sie spürte seine Hände an ihren Oberarmen; er drehte sie zu sich um und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich sagte, ich habe mit dem Gedanken gespielt. Ich habe es ja nicht getan.“
„Nein“, sagte sie leicht sarkastisch. „Deine zweitbeste Möglichkeit, dir selbst zu schaden, siehst du darin, zu dem Mann zu gehen, der dich schlimmer als jeder andere in deinem Leben gekränkt hat.“
„Eigentlich ist er zu mir gekommen. Ein Stück weit. Ich stand vor dem Musterungsbüro in Helena …“
„Du warst in Helena?“
„Die Fahrt dauert nur ein paar Stunden.“
Mit seinem Pick-up war es wie Russisches Roulette. Merritt biss sich auf die Zunge, um nicht noch mehr zu sagen, doch sein Geständnis verriet ihr, wie sehr ihn seine Arbeitssituation beunruhigt hatte.
„Sanford hatte geschäftlich in Helena zu tun“, fuhr Cain fort. „Er hat mich auf der Straße vor dem Büro angehalten.“
„Vermutlich war er genauso bestürzt, wie ich es bin.“
Cain wirkte skeptisch, doch er stritt es nicht rundweg ab. Er erzählte aber auch nicht weiter. Und dann? , fragte sich Merritt. „Ich bin jetzt schon bis ins Mark erschüttert“, ließ sie ihn wissen. „Hinzu kommt, dass du so etwas Wichtiges vor mir verheimlicht hast und … Bitte, lass mich nicht im Dunkeln tappen.“
Er umarmte sie, streichelte ihren Rücken, und als er sprach, hörte es sich an, als würde er einem Kind eine Gutenacht-Geschichte erzählen. „Er hat mich gefragt, was das denn wohl sollte, und ich habe ihm erklärt, dass ich versuche, den Lebensunterhalt für mich und das Mädchen, das ich heiraten will, zu sichern. Ich habe ihn wissen lassen, dass du für zwei arbeitest, um bessere Karten im Leben zu haben, und dass ich es ebenso machen wollte, aber leider nichts so lief, wie ich es mir erhofft hatte.“
„Und was hat er gesagt?“, fragte Merritt mit heftig klopfendem Herzen.
„Er sagte, meine Ehrlichkeit und meine innere Stärke würden mehr Charakter und Mut beweisen, als er in seinen neunundsiebzig Jahren gezeigt habe.“ Cain schwieg, als würde er den Moment noch einmal auskosten. „Er sagte, er hätte einen Enkel, dem er beigebracht habe, ihn zu verachten. Und er wüsste nicht, wie er das ändern könnte.“
Merritt schnappte nach Luft. „Ach, Cain. Tatsächlich! Wusste ich doch, dass etwas anders geworden ist.“
Mit einem verträumten Ausdruck in den Augen packte Cain Merritt bei den Jackenaufschlägen und zog sie sanft, aber kraftvoll hoch, bis sie auf Zehenspitzen stand. Er küsste sie auf eine Art, die seine grenzenlose Liebe verriet. Merritt krallte die Finger in seine Jacke und bewies ihm ihrerseits ihre Liebe.
Als sie endlich Atem schöpfen mussten,
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