Julia Saison Band 11
legte Cain das Kinn auf ihr Haar und wiegte sie sanft hin und her. „Ich habe ihm allerdings gesagt, dass ich keinen Großvater brauche.“
„Nein“, seufzte sie und löste sich von ihm. „Der Mann entblößt seine Seele vor dir …“
Cain tippte mit einem Finger auf ihre Lippen. „Ich habe gesagt, dass es mir nicht wichtig sei, und dass ich nichts für mich will, wohl aber für dich. Merritt, verzeih, aber ich habe ihm erzählt, woher deine Verletzung stammt. Ich habe ihm von dem Abschaum erzählt, der dir das angetan hat, und ich habe ihm versprochen, für den Rest meines Lebens auf seinem Land Zäune zu ziehen, wenn er herausfinden würde, ob es für dich einen Grund gibt, Angst vor der Vergangenheit zu haben.“
Merritts aufflackernde Hoffnung erstarb. Niedergeschlagen ließ sie sich gegen die Hintertür sinken. Was Cain getan, was er riskiert hatte, erinnerte sie zu sehr an die Geschichte seiner Eltern. „Das hättest du nicht tun sollen. Du hast ihm die Begründung an die Hand geliefert, die er braucht, um seine Annäherung an dich noch einmal zu überdenken. Jetzt wird er dir niemals seine Hilfe oder seinen Segen geben.“
Cain hob mit einem Finger ihr Kinn an und zwang sie, ihn anzusehen. „Du irrst dich, meine Liebe. Er hat ein paar Telefongespräche geführt und einen Privatdetektiv angeheuert. Am Wochenende ist sein Bericht eingetroffen. Ich wollte ihn als Weihnachtsgeschenk für dich aufsparen. Dennis ist nicht tot, aber er sitzt im Gefängnis. Er wurde erwischt, als er eine Minderjährige bedrängte. Als in dem Fall ermittelt wurde, hat man genug Mist auf seinem Computer gefunden, um ihn für lange, lange Zeit hinter Schloss und Riegel zu bringen.“
Merritt schloss die Augen; ihr wurde schwindlig vor Erleichterung. Es war vorbei, und sie war frei. Mehr noch, Dennis konnte keine Unschuldigen mehr belästigen. „Hat der Detektiv zufällig auch herausgefunden, was aus Stanley geworden ist?“
„Ja. Stanley lebt mit einer anderen Frau zusammen. Unter erbärmlichen Umständen.“
Frei, dachte sie und lächelte Cain an. „Ich bin dir so dankbar. Ich sollte Mr Paxton anrufen, oder? Ich muss …“
„Du musst mir sagen, dass du mich liebst.“
Überzeugt, dass ihr Herz stehen bleiben würde, kostete Merritt den Augenblick aus. „Ja“, flüsterte sie und warf sich ihm in die Arme. „Ich liebe dich so sehr.“
Merritt hatte das Gefühl, auf Wolken zu schweben, und wünschte sich, nicht zurück an die Arbeit gehen zu müssen. Doch allzu bald folgten sie und Cain ihrem Gewissen und trennten sich. Eines war sicher: Sie konnte es kaum erwarten, an diesem Abend nach Hause zu kommen.
Doch als sie nach Geschäftsschluss endlich heimkam, fand sie Cain nicht im, sondern auf dem Bett in tiefem Schlaf. Zweifellos hatte er bis zu ihrer Rückkehr ein wenig ruhen wollen, doch dann hatte der harte Tag seinen Tribut gefordert.
Merritt setzte sich auf die Bettkante, beugte sich über Cain und liebkoste sein Ohrläppchen mit den Lippen. Mehr war nicht nötig, um ihn zu wecken.
„Verzeih, Süße. Bin eingeschlafen.“ Er blickte auf den Wecker auf dem Nachttisch. „Herrgott, so lange habe ich geschlafen?“
„Wie fühlst du dich?“
„Meinem Alter entsprechend“, brummte er mit einem kläglichen Lächeln. „Wenn dieser Job mich weiterhin so fordert, will ich nicht wissen, wie ich mich mit vierunddreißig fühle.“
Sie strich ihm übers Haar und musterte seine fast völlig verheilte Stirnverletzung. „Und wann wirst du vierunddreißig?“, fragte sie munter.
„Im Februar.“ Er zog Merritt an sich und küsste sie zärtlich. „Was hast du vor? Versuchst du zu ergründen, ob unsere Sternzeichen zueinanderpassen? Zu spät. Du hast mich am Hals.“
Sie lächelte. „Du bist wohl schon länger wieder zu Hause?“
„Seit zwei Stunden. Ich hätte früher hier sein können, aber Sanford hat mich ins Haus eingeladen. Er wollte mir alles zeigen.“ Vorsichtig richtete er sich zum Sitzen auf und schob sich die Kissen in den Rücken.
Merritt konnte sich Cains Widerstreben nur zu gut vorstellen, verstand aber auch Sanfords Wunsch, die gegenseitige Annäherung zu beschleunigen. Sie hatten ohnehin schon mehr als dreiunddreißig Jahre verloren. „Hat er dir auch Fotos von deinem Vater gezeigt?“
Cain nickte mit versonnenem Blick. „Ich habe sein Zimmer gesehen. Sanford hat es seit dem Tod seines Sohnes nicht verändert.“
„Das ist verständlich … Aber auch traurig. Siehst du ihm
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