Julia Saison Band 11
entlasten“, erklärte Merritt der neuen Kellnerin, Sally Evans.
Schon in der Woche nach Thanksgiving war Mimi Vinton eingestellt worden, und Nikkis Motto „Jeder ist sich selbst der Nächste“ wurde nicht mehr geduldet. Jetzt, am Tag vor Heiligabend, zeigte sich, dass Sally sich genauso gut ins Geschäft einfügte wie Mimi.
Sally bediente ihre Gäste, und Merritt ging zurück in die Küche, wo Alvie am Grill stand, Speck, Schinken und Frikadellen briet und sich mit dem Spatel Luft zufächelte. Das Geschäft florierte, und Alvie spürte die Auswirkungen der Mehrarbeit.
„Soll ich dich ablösen, damit du für ein paar Minuten die Füße hochlegen kannst?“, fragte Merritt.
„Nein, aber ich hätte gern etwas zu trinken.“
Merritt holte ihr eine Limonade. „Erfolg hat seinen Preis“, bemerkte sie mit einem Blick in den Gastraum.
„Wenn wir am Wochenende geschlossen haben, müssen wir mehr tun, als nur die Wände streichen.“ Alvie schüttelte besorgt den Kopf. „Wir müssen über die Einstellung eines Beikochs und mindestens einer weiteren Tresenkraft reden.“
„Leroy sieht wirklich ein bisschen überfordert aus. Ein Glück, dass die beiden neuen Mädchen genauso gut sind wie Dara und Lorie in der Mittagsschicht. Woher kommen all die neuen Kunden?“
„Ich habe gehört, dass der Dairy Barn in Whitfield geschlossen wurde“, erklärte Alvie. „Und unsere Konkurrenz an der Interstate hat schon wieder den Besitzer gewechselt. Das Essen dort soll ungenießbar sein. Und vergiss nicht deine göttlichen Backwaren.“
Ja, es ergaben sich immer mehr Möglichkeiten für Alvies Café, doch dafür wurden auch mehr Hilfskräfte benötigt. Und jedes Mal beim Einparken betrachtete Merritt das leer stehende Geschäft nebenan. Sie hoffte auf eine Gelegenheit, an Weihnachten mit Alvie über eine Erweiterung des Cafés zu sprechen.
Als Merritt zwei Stunden später im Pick-up der Paxton-Ranch nach Hause fuhr, summte sie Weihnachtslieder vor sich hin. Sie verstand selbst nicht, warum sie trotz der Hetze in den letzten Tagen so guter Laune und so energiegeladen war. Zugegeben, ihre Hüfte machte ihr mit jeder Kaltfront mehr zu schaffen, doch das Glücksgefühl in ihrem Herzen entschädigte sie dafür.
Das Leben mit Cain war die Erfüllung eines Traums. Sie wohnten jetzt wirklich zusammen, arbeiteten jedoch beide so lange, dass sie einander oft nur im Bett sahen. Doch es war himmlisch, in den Armen eines Mannes einzuschlafen, der versicherte, dass er Tag und Nacht nur an sie dachte.
Als Merritt auf die Zufahrt abbog, sah sie dort zu ihrer Freude einen vertrauten schwarzen Pick-up stehen. Sie wusste nicht, woran Cain zurzeit arbeitete, war jedoch dankbar, dass er sich nicht mehr um den nächsten Monatslohn sorgen oder sich fragen musste, ob er überhaupt gut genug für sie war. Natürlich hatte er nie wörtlich gesagt, dass er sie liebte, doch er zeigte es ihr – sie zeigten es einander unzählige Male am Tag.
Während sie neben Cains altem Pick-up eingeparkt hatte, die Treppe hinaufstieg und die Hintertür öffnete, konnte sie nicht anders, als die ganze Zeit zu lächeln. „Hi! Ich … Hallo“, sagte sie, als sie Cain gegenüberstand, der offenbar auf dem Weg nach draußen war. „Welch eine freudige Überraschung. Musst du … gehen?“
„Ja. Du bist früh zu Hause.“
„Ich freue mich auch, dich zu sehen.“ Merritt erhob sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. „Wir haben viel zu tun, und ich habe versprochen, über Mittag zu arbeiten, aber ich muss den Rest meiner Bestellungen und mehr Teig aus dem Gefrierschrank abholen.“ Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte Cain eingehend. Irgendwie erschien er ihr verändert. Ja, das war’s, seine Haltung war merkwürdig. „Ist alles in Ordnung?“
Er verzog missmutig das Gesicht. „Ich hatte einen Unfall.“
„Bist du verletzt? Der Pick-up sieht nicht …“
„Es war kein Autounfall. Ich bin geritten.“
Merritt wusste, dass er seit Jahren nicht mehr auf einem Pferd gesessen hatte. „Du bist … was? Setz dich. Du wirkst so verändert.“
„Sitzen ist mein größtes Problem.“ Er legte die Hand ins Kreuz und verzog wieder das Gesicht. „Das Pferd hat gebockt, und ich bin auf einen Stapel Feuerholz gestürzt. Ich bin nur nach Hause gekommen, um eine Jeans ohne Lüftung anzuziehen.“
Froh, dass nichts Schlimmeres passiert war, stellte Merritt ihre Tasche auf dem nächsten Stuhl ab und umarmte Cain. „Ich weiß nicht, ob dein
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