Julia Saison Band 11
zu auffällig für ein Mauerblümchen wie mich. Und sie werfen viele Fragen auf.“
„Es ist höchste Zeit, dass auch die anderen sehen, was ich sehe.“ Er küsste sie noch einmal, dann ging er duschen.
Alvie und Leroy trafen wenig später ein. Dieses Mal waren sie statt mit einem Baum mit Geschenken beladen. Wein brachten sie auch wieder mit. Sie schwärmten von den köstlichen Düften, die das Haus durchdrangen, besonders aber vom Aroma der Hochrippe. Und dann fielen ihnen Merritts Ohrringe auf.
Leroy pfiff durch die Zähne. „Cain, alter Junge, das hast du gut gemacht.“
„Diese Art nennt man Liebesknoten“, flüsterte Merritt Alvie zu.
„Ich wüsste gern, wieso die harte Arbeit dich mit jedem Tag schöner macht.“ Mit gespielter Empörung strich Alvie über ihren Hausanzug aus lavendelblauem, samtigen Nickistoff. „Jahrelang habe ich mich nun am Grill abgeplagt, und alles, was ich davon habe, sind mehr graue Haare und mehr Hüftgold.“
Lachend griff Merritt nach Alvies rechter Hand und zog die Freundin mit sich in die Küche. Als etwas an der Hand der älteren Frau sie pikste, sah sie nach, was es war, und stieß einen Schrei aus. „Alvie! Cain, sieh dir das an!“
Voller Stolz streckte Alvie ihre frisch manikürten Finger aus und zeigte einen Ring mit einem Opal und kleinen Diamanten vor. „Und damit ihr es wisst: Der Ring ist aus Platin.“
„Na, hast du es endlich geschafft“, sagte Cain zu Leroy und schüttelte ihm die Hand.
Der ältere Mann bedankte sich, sagte jedoch leicht resigniert: „Die Sache ist nur, sie will mich nicht heiraten. Aber sie ist einverstanden, meinen Ring zu tragen und der Welt zu zeigen, dass sie zu mir gehört.“
„Das ist doch eine ganze Menge.“ Alvie wedelte sich mit der Hand Luft zu, als litte sie unter einer Hitzewallung. „Was wäre, wenn wir heiraten würden, und dann machst du einer anderen Frau schöne Augen? Eine Scheidung in meinem Alter … wie peinlich! Das käme für mich nicht infrage.“
Leroy warf Cain einen theatralischen Blick zu und hob beide Hände himmelwärts. „Seit neun Jahren bin ich verrückt nach dieser Frau. Wenn sie mir immer noch nicht vertraut, habe ich keine Chance.“
„Es ist trotzdem ein Grund zum Feiern.“ Cain klopfte ihm auf die Schulter und schenkte den Wein ein.
Als die Männer außer Hörweite waren, sagte Alvie zu Merritt: „Diese Ohrringe finde ich zwar wunderschön, aber ich hatte gehofft, du hättest heute auch einen Ring am Finger.“
Merritt beobachtete Cain. Er sah so gut aus in seinem neuen weißen Westernhemd mit Perlmutt-Druckknöpfen und in seinen besten Jeans. Merritt hätte Alvie gern versichert, dass sie glücklich war, dass sie beide glücklich waren, zögerte jedoch. „Wir haben wirklich viel zusammen erlebt, und doch kennen wir uns erst seit knapp zwei Monaten. Komm mit, sehen wir nach dem Braten.“
Nachdem sie einander zugeprostet hatten, übergab Merritt Alvie und Leroy ihre Geschenke. Alvie packte eine azurblaue, strassbesetzte Tunika aus und freute sich riesig.
„Die Farbe betont deine Augen, Mäuschen“, sagte Leroy.
Er selbst bekam eine Armbanduhr. „Ach, Merritt“, sagte er gedehnt. „Du kannst mein mit Klebeband geflicktes Uhrarmband wohl nicht mehr sehen?“
Sie nickte gespielt ernst. „Und ich weiß, dass du die Zahlen nicht mehr erkennst. Diese Uhr hat ein größeres Zifferblatt und ist besser lesbar.“
„Du bist ein Schatz. Pack dein Geschenk aus.“ Leroy deutete auf ein Paket auf dem Kaffeetisch. „Wir haben im Laden alle Marken durchgetestet.“
Es war das größte Päckchen von allen. Merritt entfernte das Geschenkpapier und hielt die Luft an, als sie das tragbare Radio mit CD-Player sah. Dann schimpfte sie mit Leroy: „Ich wollte dich schon nach Hause schicken, weil du dein Radio vergessen hast. Du bist ja ein Schlawiner! Du glaubst gar nicht, wie oft ich dieses Radio einschalten werde. Nach Thanksgiving habe ich die Musik schmerzlich vermisst.“
Alvie gab Cain einen Wink. „Hier, Schätzchen. Das ist von uns.“
„Merritt sollte beschenkt werden, nicht ich.“
„Es ist nur eine Kleinigkeit, Cain. Du bist beinahe so etwas wie ein Neffe für mich“, sagte Alvie. „Und jetzt tu nicht so, als wärst du der erste Mensch auf Erden, der keine Geschenke mag.“
Cain riss das Geschenkpapier ab und fand Jeanshemden in seiner Größe. „Ihr hättet es nicht besser treffen können“, sagte er. Er brachte die Hemden ins Schlafzimmer und kam mit zwei kleinen
Weitere Kostenlose Bücher