Julia Saison Band 11
Gerät meist für die ersten zwei Wochen nach einer Kreuzbandoperation verschrieben.
„Hast du sie heute schon benutzt?“, fragte sie.
„Ich war beschäftigt“, verteidigte er sich. „Ich musste alles für dich und Charlie vorbereiten.“
„Wie viel Grad sollst du erreichen?“
„95“, antwortete er zögerlich.
„Ich hole sie für dich.“
„Das habe ich schon fast erreicht“, rief er ihr hinterher.
Margaret ging weiter. Sein unsicherer Gang zeigte deutlich, dass er noch einen weiten Weg vor sich hatte. Aber als sie sein Schlafzimmer erreichte, wurde sie unsicher. Sie hätte ihn um Erlaubnis fragen sollen, bevor sie sein Zimmer betrat. Aber da er nichts weiter sagte, war es für ihn offensichtlich in Ordnung, dass sie das Gerät holte, oder?
Sie öffnete die Tür, und ihr stockte der Atem. Schlafzimmer? Wohl eher eine Suite. Es gab eine große Sitzecke in dunkelrot und grau mit einem kleinen Sofa, einem Sessel und einem kleinen Tisch. Ein Flachbildfernseher hing an der Wand. Die Stufe, die zum Bett hinaufführte, war sehr ästhetisch, aber wahrscheinlich bereitete sie Cole in seiner jetzigen Verfassung einige Mühe. Sie entdeckte die CPM-Maschine neben dem Bett, ignorierte sie aber vorerst. Neugierig sah sie sich weiter um.
Rechts befand sich ein Bad. Sie sah eine verglaste Dusche sowie eine Nische mit einer Badewanne, so groß wie ein Whirlpool.
Coles Rasierapparat und – schaum standen auf der kleinen Ablagefläche zwischen den beiden Waschbecken. Ein dunkelrotes Handtuch hing zum Trocknen über einem silbernen Handtuchhalter.
Ein maskuliner Mix aus Aftershave, Seife und Rasierschaum lag noch in der Luft. Sie konnte Cole direkt vor sich sehen, wie er vor dem Spiegel stand, nur mit einem Handtuch bekleidet, während ihm Wassertropfen über die muskulöse Brust rannen.
Für einen Moment saß sie wieder in seinem alten Chevy und streichelte vorsichtig diese Brust unter seinem Hemd, erforschte seine Muskeln mit ihren Fingerspitzen.
Eine unerwartet schmerzhafte Sehnsucht überkam sie. Die Intimität, die sie auf dem Rücksitz seines Autos geteilt hatten, war neu für sie gewesen, und wenn sie daran dachte, wie unbeholfen er gewesen war, auch für ihn.
Auch wenn Margaret danach nicht viele Liebhaber gehabt hatte, konnte keiner von ihnen mit einer einzigen Berührung so ein Feuer in ihr entfachen. Oder sie so zum Höhepunkt bringen, dass sie atemlos nach mehr verlangte.
Sie holte tief Luft und schob die Erinnerung wieder in die Vergangenheit, wo sie hingehörte. Dann nahm sie das Gerät, das neben dem Bett stand.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, knisterte im Kamin ein behagliches Feuer. Zusammen mit dem Schnee, der vor den Panoramafenstern in dichten Flocken fiel, entstand ein unerwartetes Gefühl von Nähe.
Charlie deutete auf das Gerät in ihren Armen. „Was ist das?“
Vorsichtig kam er näher und berührte zaghaft das Metall. Dann zuckte er zurück, als wäre es glühend heiß, und kicherte.
Margaret musste über seine Albernheiten schmunzeln. Sie stellte das Gerät neben dem Sofa auf den Boden. „Damit machen wir Onkel Cole wieder stark.“
„Das sieht schwer aus.“ Charlie runzelte die Stirn.
„Das ist es auch“, stimmte Cole ihm zu. „Kann ich darauf zählen, dass du mir hilfst?“
„Ja.“ Der Junge nickte nachdrücklich. „Du kannst auf uns beide zählen.“
„Stimmt das, Meg?“ Süffisant zog Cole eine Augenbraue hoch. „Kann ich diesmal auf dich zählen?“
Die Worte taten weh, aber Charlie zuliebe schaffte sie es, weiterzulächeln.
So eine Frechheit. Er führte sich auf, als hätte sie ihn damals im Stich gelassen, obwohl es doch genau andersherum gewesen war.
Sie ließ das letzte Teil des Gerätes einrasten, stand auf und reichte ihm eine Hand. „Natürlich kannst du mir vertrauen, Cole. Genauso wie ich dir.“
Cole sah die Wut in ihren Augen, hörte ihre scharfen Worte. Zu subtil, als dass Charlie es bemerken würde, aber trotzdem herrschte jetzt eine Kälte im Raum, die kein Feuer vertreiben konnte.
Am liebsten hätte er ihr gesagt, dass sie doch beide ganz genau wussten, wer hier diejenige war, der man nicht vertrauen konnte, aber er hielt den Mund. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie schwer es für ihn als Kind gewesen war, zu hören, wie sich seine Mutter mit ihrem neuen Ehemann stritt.
Zumindest solange sie unter einem Dach wohnten und sich das Sorgerecht teilten, sollten sie Charlie zuliebe die Vergangenheit hinter sich lassen und friedlich
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